Kommentar

Oligarchen und Autoritäre bedrohen die unabhängige Information

Robert Reich ©

Robert Reich /  Die Folgen: Bürgerinnen und Bürger werden zynisch. Das spielt den Eliten wiederum in die Hände. Es ist ein Teufelskreis.

Red. Robert Reich war von 1993 bis 1997 US-Arbeitsminister unter Präsident Bill Clinton. Er setzte er sich ein für die Erhöhung des Mindestlohns und Arbeitnehmerrechte. Heute publiziert er auf Substack und arbeitet für die von ihm mitgegründete Inequality Media Civic Action. Seine Sicht bezieht sich auf die USA, ist jedoch auch für Europa relevant.


Wo finden wir vertrauenswürdige Informationsquellen, wenn wir in das Dunkel des Trump-Regimes eintreten? Auf was und wen können wir zählen, um vertrauenswürdige Informationsquellen zu erhalten?

Lassen Sie mich zunächst erklären, warum zuverlässige und unabhängige Nachrichtenquellen durch eine wachsende Allianz von Oligarchen und Autoritären bedroht sind. Die Mainstream-Medien verwenden den Begriff «Oligarchie» nicht, um die Milliardäre zu beschreiben, die ihr Vermögen nutzen, um Informationen zu monopolisieren und in Propaganda umzuwandeln. Aber es ist der treffendste Begriff. Die Oligarchen reichen von Elon Musks «X» über Jeff Bezos’ «The Washington Post» bis hin zu Rupert Murdochs «Fox News», Wladimir Putins weltweiter Desinformationskampagne und Donald Trumps anhaltendem Lügenstrom auf «Truth Social» und «X».

Selbst die etablierten Mainstream-Medien – sie gehören grösstenteils Konzernen oder Milliardären – sprachen während des Wahlkampfs 2024 keinen Klartext, wie inkohärent und bizarr Trump wurde. Sie normalisierten und «säuberten» seine zunehmend wilden Äusserungen, während sie über jeden noch so kleinen Ausrutscher von Joe Biden berichteten.

Die «New York Times» versah ihren Bericht zur Präsidentschaftsdebatte zwischen Trump und Kamala Harris im September 2024 – in der Trump Verschwörungsphantasien über gestohlene Wahlen und das Essen von Katzen und Hunden durch haitische Einwanderer von sich gab – mit dem Titel: «Harris und Trump setzen auf ihre eigenen, stark kontrastierenden Ansichten über Amerika.»

Trump bezeichnete die freie Presse als «Abschaum» und als «inneren Feind». Er drohte damit, Fernsehsendern die Lizenzen zu entziehen und Journalisten ins Gefängnis zu bringen, wenn sie ihre anonymen Quellen nicht preisgeben. Im vergangenen Monat verklagte Trump CBS, weil «60 Minutes» bei der Endfassung des Interviews mit Harris angeblich «Harris-freundliche Videoschnitte» vorgenommen hatte.

Ab dem 20. Januar werden Trump und seine milliardenschweren Speichellecker – darunter Elon Musk, Vivek Ramaswamy, Howard Lutnick, Scott Bessent, Doug Burgum und Linda McMahon – die Exekutive der Regierung der USA kontrollieren. In beiden Kammern des Kongresses werden Trumps MAGA-Republikaner das Sagen haben. 

Mitglieder des Obersten Gerichtshofs (von denen einige, wie Clarence Thomas, von Milliardären finanziell unterstützt wurden) signalisierten bereits ihre Bereitschaft, noch mehr Macht in Trumps Händen zu bündeln, ihn vor strafrechtlicher Verfolgung für seine Handlungen zu schützen und die Schleusen für das grosse Geld in der amerikanischen Politik weiter zu öffnen.

All dies sendet eine Botschaft aus den USA, dass die Grundprinzipien des Liberalismus, einschliesslich der Rechtsstaatlichkeit und der Pressefreiheit, zur Disposition stehen.

Auch anderswo auf der Welt bedrohen Allianzen aus Wirtschaftseliten und Autoritären den Zugang der Öffentlichkeit zur Wahrheit, ohne die Demokratie nicht gedeihen kann.

Es ist ein Teufelskreis: Die Bürgerinnen und Bürger sind zynisch geworden, was die Demokratie angeht, weil wirtschaftlichen Eliten die Entscheidungsfindung dominieren. Dieser Zynismus wiederum führte zu autoritären Regierungen, welche diesen Eliten noch mehr zudienen.

Trump und seine Schosshündchen vergöttern Viktor Orbán und die ungarische Fidesz-Partei, die eine einst lebendige Demokratie in einen Einparteienstaat verwandelt, die Medien mundtot macht und die Reichen belohnt. 

Trumps Erfolg ermutigt bereits Marine Le Pen und ihre Partei «Rassemblement National» in Frankreich, die Alternative für Deutschland (AfD), die rechtsextreme italienische Politikerin Giorgia Meloni und rechtsradikale Parteien in den Niederlanden und Österreich.

Trumps Triumph wird Russlands Wladimir Putin – den gefährlichsten autoritären Oligarchen der Welt – nicht nur in der Ukraine und möglicherweise in Osteuropa stärker machen, sondern auch hilfreich sein für seinen weltweiten Feldzug der Desinformation zur Untergrabung von Demokratien.

Laut einem Bericht des Center for Countering Digital Hate postete Musk mindestens 50 falsche Wahlbehauptungen auf «X», die insgesamt mindestens 1,2 Milliarden Mal angesehen wurden. Keine davon hatte eine «Community-Notiz» aus dem angeblichen Faktenprüfungssystem von «X».

Murdoch, ein weiterer oligarchischer Verfechter des Autoritarismus, hat seine Medien «Fox News», «Wall Street Journal» und «New York Post» zu immer lauteren Sprachrohren der rechten Propaganda gemacht und damit Trumps Lügen weiter verstärkt.

Künstliche Intelligenz könnte es Oligarchen und Demagogen noch einfacher machen, die Öffentlichkeit zu manipulieren. 

Bezos hatte der «Washington Post» verboten, Kamala Harris zu unterstützen. Offensichtlich wollte er Trumps Zorn nicht auf sich ziehen, da Bezos’ andere Unternehmen von Regierungsaufträgen abhängig sind. Allein die Möglichkeit einer Präsidentschaft Trumps zwang eine der mutigsten Zeitungen der USA, sich selbst zu zensieren. Marty Baron, ehemaliger Herausgeber der Post, bezeichnete diesen Schritt als «Feigheit, deren Opfer die Demokratie ist».

Der Milliardär und Eigentümer der «Los Angeles Times», Patrick Soon-Shiong, verhinderte ebenfalls die geplante Unterstützung seiner Zeitung für Harris und veranlasste den Leiter der Redaktion zum Rücktritt. Mariel Garza sagte, sie sei «nicht damit einverstanden, dass wir schweigen», und fügte hinzu: «In gefährlichen Zeiten müssen ehrliche Menschen aufstehen.»

Es braucht jetzt ehrliche Menschen, die sich dagegen erheben, um dem Autoritarismus zu widerstehen und die Demokratie zu schützen. Und um als Wächter gegen Machtmissbrauch die Machthaber zu überwachen, sie zu hinterfragen und bei Fehlverhalten und falscher Politik Alarm zu schlagen.

Nur: Wie kann man sich erheben, wenn es keine verlässlichen Quellen für die Wahrheit gibt?

Während wir also ins Dunkel des Trump-Regimes eintreten, müssen möglichst viele Bürgerinnen und Bürger versuchen, Zugang zu genauen Informationen über das Geschehen zu erhalten. Um der Wahrheit näher zu kommen, konsultiere ich zur Zeit folgende Quellen: 

The Guardian, Democracy Now, Business Insider, The New Yorker, The American Prospect, Americans for Tax Fairness, The Economic Policy Institute, The Center on Budget and Policy Priorities, ProPublica, Labor Notes, The Lever, Popular Information, Heather Cox Richardson und Substack.

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Mit Hilfe von DeepL aus dem Original übersetzt, redigiert und leicht gekürzt von Max Feurer/upg.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.


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5 Meinungen

  • am 10.12.2024 um 10:53 Uhr
    Permalink

    Sehr einseitige Sichtweise. Denke diese «mit dem Finger auf was zeigen und dabei schlechtreden» Artikel bringen mehr Gegenwehr. Wir leben aber
    in Zeiten, wo vorallem Verständnis zu fördern wichtig wäre. Die Polarisierung schreitet munter voran, zu unser allen Ungunsten. Leider kann man staatlichen und etablierten Medien auch nicht mehr trauen, nach dem Versagen in Sache Pandemie und Ukrainekonflikt. Denke auch, das rechte Medien angefangen haben, mit Berichterstattung die ein politisches Ziel beinhaltete. Doch dies wird unterdessen von linker Seite kopiert und dies ist der grössere Sündenfall, in meinen Augen, denn jetzt kann niemandem mehr vertraut werden. Immerhin empfiehlt er nicht CNN, die von ihm gelisteten Medien kenn ich nicht und kann deshalb keine Meinung dazu äußern.

  • am 10.12.2024 um 12:26 Uhr
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    Danke! Ein sehr guter Aufsatz. Inhaltlich habe ich nichts hinzu zu fügen oder zu kritisieren.
    Aber, wie wäre es mit einem Link auf das englischsprachige Original?

  • am 10.12.2024 um 12:56 Uhr
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    Gut, das dieses Thema beleuchtet wird. Leider ist auch schon vor Eintritt in das „Dunkle“ die freie Presse nicht so frei wie wir uns es wünschen. Die Pharma hat es in den letzten Jahren so weit übertrieben, dass es dem ein oder anderen auch mal aufgefallen ist. An dieser Stelle möchte ich mich bei Infosperber bedanken. Vorbildlich. Vieles sehe ich vielleicht sogar ganz anders aber gerade diese Breite der Meinungen und die Tiefe der Recherche ist ein Leuchtturm in diesen vermeintlich dunklen Zeiten.
    Danke

  • am 10.12.2024 um 13:40 Uhr
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    Der Autor schreibt:
    «Es ist ein Teufelskreis: Die Bürgerinnen und Bürger sind zynisch geworden, was die Demokratie angeht, weil wirtschaftlichen Eliten die Entscheidungsfindung dominieren. Dieser Zynismus wiederum führte zu autoritären Regierungen, welche diesen Eliten noch mehr zudienen.»

    Widerspruch.
    Nicht «die Bürgerinnen und Bürger sind zynisch geworden, was die Demokratie angeht….sondern die den BürgerInnen vorgegaukelte Demokratie ist zynisch.

  • am 11.12.2024 um 08:41 Uhr
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    Gott gebe uns unser täglich Putin-Bashing; ohne geht es einfach nicht. Daran erkennt man einen echten Mitarbeiter der Clinton-Administration. Der, wie könnte es anders sein, hier über die gewaltige Medienmacht der beiden Geldmaschinen Bill und Hillary kein Wörtchen verliert. Wer nur auf Musk und Trump und Orban hintritt – völlig zu recht, das ist nicht zu bezweifeln – hat die Nase fest verschlossen vor dem Gestank der eigenen Misthaufen: Meinungsfreiheit und kritischer Journalismus sind allen Politikern ein Dorn im Auge. Man braucht keine ominösen «Oligarchen»; da reicht die ganz normale alltägliche EU-Polit-Katzbuckelei vor Banken, Versicherungen und Großkonzernen. Der Jubeljournalismus, das Lügen durch Weglassen, durch Verdrehen und leere Worthülsen wird immer mehr zum Mass aller Dinge. Gerade beide Clintons sind doch Meister dieser Propaganda. Der rasante Aufstieg der Musks und Bezose ist dem vorangegangenen planmäßigen Versagen von Demokratie und Meinungsfreiheit geschuldet.

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