Corona rettet Leben in Spanien
Corona stoppt Corrida: Das ist einer der erfreulichen Effekte der derzeitigen Viruskrise. Diese trifft – nebst den USA und Italien – ja auch Spanien besonders hart. Das Land auf der Iberischen Halbinsel beklagt bisher 21700 Corona-Tote. Die Regierung in Madrid hat massive Restriktionen bis hin zu Ausgangssperren verhängen müssen. Und trotz nun geplanten Lockerungen werden öffentliche Grossveranstaltungen noch lange unmöglich bleiben.
Gezinkter «Kampf» Mann gegen Tier
Auch die Corridas. So heissen auf Spanisch jene öffentlichen, blutigen Tierquälereien in grossen Arenen, die als «Stierkampf» bekannt sind, von ihren Promotoren neuerdings jedoch als «Kultur-Show» oder gar als «Kunst» bezeichnet und beschönigt werden. Aber auch der Begriff «Stierkampf» ist eigentlich falsch: Er suggeriert einen fairen Kampf zwischen Mann (Torero) und Tier (Tauro).
Tatsächlich jedoch hat der Stier keine Chance: Er wird aus einem dunklen Stall, in dem er tagelang eingepfercht war, ins grelle Sonnenlicht der Arena getrieben, dann wird er von den «Picadores» (zu Pferd), die ihm Spiesse mit Widerhaken in den Nacken schlagen, schon mal erheblich verletzt, der Torero hetzt dann die blutende Kreatur noch ein wenig herum, bevor er sie mit einem Degen absticht. Unter dem Applaus der abgestumpften Zuschauermassen wird der Kadaver dann mit Pferden weggeschleift. Dies, nachdem die Menschen dem so vorgeführten Tier zu ihrem Gaudi auch noch die Ohren und den Schwanz abgeschnitten haben.
Die Corrida-Saison würde jetzt gerade beginnen. Doch daraus wird dank Corona diesmal nichts. Im Fernsehen «Euronews» klagte Vitorino Martin, einer der Corrida-Promotoren: Für das Fleisch eines tiergerecht geschlachteten Kampfstiers bekomme er nur 600 Euro. Würde der prächtige Muni hingegen vor zehntausenden von zahlenden ZuschauerInnen öffentlich zu Tode gequält, brächte ihm dies mindestens 5000 Euro ein. Jetzt betteln Kampfstier-Züchter und Corrida-Veranstalter in Madrid um Entschädigungen für das ihnen entgangene, blutige Geschäft.
Es geht um Milliarden
Das verärgert die Tierschützer in Spanien. Statt für die Tierquälerei solle die Regierung die Steuergelder «lieber armen Familien geben», forderte eine von ihnen, Aida Gascon-Bosch, im Fernsehen. Die TierschützerInnen haben der Stadt Pamplona (in der die gepeinigten Tiere jeweils zum Spass primitiver TouristInnen noch durch die Gassen der Stadt gehetzt werden) nun mehrere 100’000 Euro Belohnung versprochen, wenn künftig ganz auf den üblen Unfug verzichtet würde. Angesichts des fetten Geschäfts, das den Veranstaltern winkt, ist dies ein eher aussichtsloses Ansinnen.
Es geht dabei nämlich um Milliarden: Insgesamt 1200 Stiere waren jetzt in Ställen quer durch Spanien für den Beginn der Saison schon auf ihr Schicksal als Opfer der «Kultur-Shows» vorbereitet worden – die nun zum Glück nicht stattfinden können.
Würde der Lockdown anhalten, könnte die Zahl der verschonten Stiere bis zu 10’000 erreichen. Im Land gibt es über 400 Stierkampf-Arenen. Die ganze Branche macht mit nahezu 200’000 Beschäftigten insgesamt gegen 2 Milliarden Jahresumsatz.
Gericht und Parlament wollen Tierquälerei erzwingen
Stierkampf in der heutigen Form gibt es eigentlich erst seit Beginn des 18. Jahrhunderts. Das Gemetzel war zwischenzeitlich aber von Königen oder gar auch von einem Papst verboten worden. Explizite Verbote kennen inzwischen etwa Uruguay oder Argentinien. Aber auch autonome Regionen innerhalb Spaniens, wie die Kanarischen Inseln. Vor allem aber gilt ein Verbot in ganz Katalonien seit dem 1. Januar 2012.
Der oberste Gerichtshof Spaniens, der auch in den jüngsten Unabhängigkeits-Kämpfen der Katalanen eine üble, repressive Rolle gespielt hat, will dem Landesteil die Tierquälerei jedoch wieder aufoktroyieren. Die Richter meinen, Barcelona habe gar nicht die Kompetenz für dieses Verbot. Auch das nationale Parlament in Madrid möchte mehrheitlich das Verbot wieder aus dem Tierschutzgesetz Kataloniens streichen. Doch die dortigen Autoritäten, die damit einer Volksinitiative mit 180’000 Unterschriften gefolgt waren, halten daran fest.
Kataloniens Hauptstadt Barcelona (wo die einzige regionale Stierkampf-Arena steht) bezeichnet sich inzwischen gar als «Anti-Stierkampf-Stadt». Jetzt schafft das Corona-Virus überraschend den Tierschützern in Spanien und Katalonien in ihrem Kampf gegen die Tierquäler temporär eine Verschnaufpause – vor allem aber auch den Stieren.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Im Vergleich zu dem, was in den Schlachthäusern dieser Welt passiert, ist eine Corrida ein Klacks! Bevor ein Stier in die Arena getrieben wird, hat er ein 4-jähriges Herrenleben auf der Weide führen dürfen, ganz im Gegensatz zu seinen Leidgenossen in den Massenställen, die dann anschliessend noch tagelang in engen Lastwagen quer durch alle Länder gekarrt werden.
Es ist etwas ernüchternd Im Kommentar zu lesen dass ein Übel mit einem noch schlimmeren verglichen wird. Tierquälerei als Volksbelustigung ist eine gefährliche Art, genau den Fleischkonsum hoch zu halten und zu verniedlichen, dass wir Tiere als Sache betrachten! Genau wie man hierzulande zulässt dass die Bauern- und Fleischverbände lächerliche und komplett irreführende TV Reklamen senden können, die eine ganz verkehrte Vorstellung vorgaukeln, die mit den tierquälerischen Haltungen in der Schweiz rein gar nichts zu tun haben! Tierquälereien sind auch in der Schweiz ( zwar hinter verschlossenen Türen) keine Ausnahme!!! Aber Stierkämpfe sind der Gipfel der Verherrlichung davon!