US-Plutokrat macht vor, wie man acht Milliarden Steuern spart
Huang ist nicht der einzige Milliardär, der Steuertricks anwendet, um in den USA bundesweite Erbschafts- und Schenkungssteuern zu umgehen. Aber die «New York Times» zeigte am Beispiel das Nvidia-Chefs auf, wie es funktioniert. Nvidia entwickelte sich zum Hauptanbieter von Chips für künstliche Intelligenz-Technologie und ist mittlerweile unbestrittener Weltmarktführer. Huang wurde zu einer Berühmtheit im Silicon Valley. Sein Vermögen wird auf 127 Milliarden Dollar geschätzt. Nur neun Personen in den USA sind noch reicher.
Wenn Huang sein Vermögen verschenkt oder vererbt, müsste er eigentlich 40 Prozent an die Regierung zahlen. Doch dank Schlupflöchern in der Steuergesetzgebung gelingt es ihm, den grössten Teil seines Vermögens steuerfrei weiterzugeben. Das geht aus Steuerunterlagen hervor, welche die «New York Times» ausgewertet hat.
Die Einsparungen von Jen-Hsun Huang belaufen sich demnach auf etwa 8 Milliarden Dollar. Es dürfte sich um eine der grössten Steuervermeidungen in den USA handeln. Die Strategien dahinter seien unter den Superreichen der USA mittlerweile weit verbreitet, schreibt Jesse Drucker in der «New York Times». Laut der Analyse von Wertpapieroffenlegungen haben allein Stephen A. Schwarzman von der «Blackstone Group», Mark Zuckerberg von «Meta» und einige Top-Manager von «Google», «Coinbase», «Eli Lilly», «Mastercard» und «Advanced Micro Devices» zusammen Milliarden von Dollar in Finanzvehikel verschoben, die in den USA genutzt werden können, um Erbschafts- und Schenkungssteuern zu vermeiden.
Wie die Trickkiste der Steuervermeider funktioniert
Aus der Analyse der «New York Times» geht hervor, dass Nvidia-Chef Huang und seine Frau Lori im Jahr 2012 ein erstes Finanzkonstrukt zugunsten ihrer Nachkommen gründeten, das als «unwiderruflicher Trust» bekannt ist. Eine solche Familienstiftung, die einzig darauf ausgelegt ist, die Erben zu begünstigen, ist im Schweizerischen Recht verboten, in den USA jedoch gang und gäbe.
In diese Stiftung übertrugen die Huangs Nvidia-Aktien im damaligen Wert von 7 Millionen Dollar. Der seitherige Wertzuwachs dieser Aktien auf mehr als 3 Milliarden Dollar unterliegt nicht der Erbschaftssteuer. Die so realisierte Steuereinsparung beträgt mittlerweile weit über 1 Milliarde Dollar. Die effektive Steuerrechnung werde wahrscheinlich nicht mehr als ein paar hunderttausend Dollar betragen, bilanziert die «New York Times».
Die Huangs nutzten sodann einen weiteren Trick. Sie gewährten dem Familien-Trust ein grosses Darlehen, um weitere Aktien zu erwerben. Auch auf deren Wertzuwachs wird keine Erbschaftssteuer fällig.
Dies geht auf einen Präzedenzfall von 1995 zurück, bei dem die Steuerbehörde IRS, der «Internal Revenue Service», in einem ähnlich gelagerten Fall auf Steuerfreiheit entschied. Eine für die Reichen attraktive Besonderheit dieser Konstruktion liege darin, so die «New York Times», dass dadurch auch die Schenkungssteuer weitgehend vermieden werden könne. Dabei sollte diese eigentlich dazu dienen, die Umgehung der Erbschaftssteuer unrentabel zu machen.
Der Trick mit der Steuerschuldübernahme
Der Wertzuwachs der Aktien unterliegt auch in einer Familienstiftung der Kapitalertragssteuer. Im zitierten Fall betrage sie 23,8 Prozent, so die NYT. Bezahlt nun nicht die Stiftung, sondern der Gründer des Trusts die Kapitalertragssteuer, gilt dies steuerrechtlich nicht als zusätzliche Schenkung an seine Erben; der Trust geht steuerfrei aus. Die zukünftigen Generationen erleiden keine Vermögensminderung durch Besteuerung.
Die Huangs gründeten weitere Familien-Trusts, und übertrugen ihnen im Jahr 2016 etwas mehr als drei Millionen Nvidia-Aktien. Die Anteile waren damals rund 100 Millionen Dollar wert. Ihr Wert ist seither auf über 15 Milliarden Dollar gestiegen. Auch dieser Zuwachs ist ein steuerfreier Gewinn für die beiden erwachsenen Kinder, die beide bei Nvidia arbeiten. Als Begünstigte und spätere Erben dieser Trusts vermeiden sie rund 6 Milliarden Dollar an Erbschaftssteuern.
Wenn die Trusts der Huangs ihre Aktien verkaufen, wird dies eine beträchtliche Kapitalertragssteuer generieren – laut NYT mehr als 4 Milliarden Dollar, basierend auf Nvidias aktuellem Aktienkurs. Doch Herr und Frau Huang können diese Rechnung im Namen der Trusts bezahlen, ohne dass es als steuerpflichtige Schenkung an ihre Erben zählt.
Wohltätigkeit im Dienst der Steuervermeidung
Ab 2007 griff Huang zu einer weiteren Methode, welche die Erbschaftssteuern seiner Familie weiter reduzieren wird. Ins Spiel kommt eine wohltätige Stiftung von ihm und seiner Frau. Dieser «Jen Hsun & Lori Huang Foundation» spendete Huang Nvidia-Aktien, die zum Zeitpunkt der Spenden etwa 330 Millionen Dollar wert waren. Solche Spenden an wohltätige Stiftungen sind steuerlich absetzbar. Sie reduzierten also in den Jahren der Schenkungen die Einkommensteuern der Huangs.
Solche wohltätigen Stiftungen sind verpflichtet, jährliche Spenden an andere wohltätige Organisationen in Höhe von mindestens 5 Prozent ihres Gesamtvermögens zu leisten. Sie können dieser Pflicht nachkommen, indem sie an sogenannte «Donor-Advised Funds» spenden. Das sind Geldpools, die der Spender selber kontrolliert. Dadurch entfällt die Pflicht, tatsächlich Geld an wohltätige Organisationen zu überweisen – eine klaffende Lücke in den Steuergesetzen. Es gibt zwar Einschränkungen, wie das Geld ausgegeben werden kann. Der Kauf von Autos oder Ferienhäusern und dergleichen ist tabu. Aber ein Fonds könnte zum Beispiel Geld in ein Unternehmen investieren, das von einem Freund des Spenders geführt wird, schreibt die NYT. Wenn der Spender stirbt, kann die Kontrolle über den Fonds an seine Erben übergehen – ohne Erbschaftssteuern zu verursachen.
In den letzten Jahren gingen 84 Prozent der Spenden der Huang-Stiftung an ihren eigenen «Donor-Advised Fund». Die gespendeten Nvidia-Aktien sind heute etwa 2 Milliarden Dollar wert.
Der Fonds ist nicht verpflichtet offenzulegen, wie sein Geld ausgegeben wird. Der NYT erklärte eine Nvidia-Sprecherin lediglich, die Vermögenswerte würden für wohltätige Zwecke wie höhere Bildung und öffentliche Gesundheit eingesetzt.
Auch diese Aktienspenden im Namen der Wohltätigkeit haben Huangs zukünftige Erbschaftssteuerrechnung um weitere etwa 800 Millionen Dollar reduziert.
Der Reichtum explodiert, die Steuereinnahmen stagnieren
Während sich das Vermögen der reichsten Amerikaner seit dem Jahr 2000 etwa vervierfacht hat, belaufen sich die Steuereinnahmen dieser Reichsten auf unverändertem Niveau von rund 30 Milliarden Dollar. Dabei müssten es aktuell 120 Milliarden Dollar sein. Denn eigentlich gilt: Ein verheiratetes Paar darf rund 27 Millionen Dollar steuerfrei weitergeben. Alles darüber sollte mit einem Satz von 40 Prozent besteuert werden.
Doch die Behörden seien kaum mehr in der Lage, die Regeln für die Erbschaftssteuer durchzusetzen, schreibt die NYT. Die Steuerbehörden seien durch jahrelange Budgetkürzungen geschwächt. Hätten sie in den frühen 1990er Jahren mehr als 20 Prozent aller Steuererklärungen überprüft, sei diese Rate bis 2020 auf magere 3 Prozent gefallen.
Da die Republikaner in Kürze sowohl das Weisse Haus als auch die beiden Kammern des Kongresses kontrollieren, werde sich dieser Trend wahrscheinlich verstärken, schreibt Jesse Drucker. Sie würden schon seit Jahren versuchen, die Erbschaftsteuer ganz abzuschaffen. Die Mittel für die Strafverfolgung durch den IRS haben sie bereits gekürzt.
Steuervermeidung à la carte
Der US-Kongress hat diese Steuervermeidungsstrategien der Superreichen nicht bewusst genehmigt. Sie wurden von kreativen Anwälten entwickelt, durch clevere Interpretation und Kombination von Bundesvorschriften, Gerichts- und Steuerentscheidungen des IRS. Mit der Zeit erlangten sie den Status von Gewohnheitsrecht.
Die Superreichen «haben eine Armee von gut ausgebildeten, brillanten Leuten, die den ganzen Tag lang dasitzen, 1000 Dollar pro Stunde berechnen und sich Wege ausdenken, die Erbschaftssteuern zu umgehen», zitiert die NYT Jack Bogdanski, Professor an der «Lewis & Clark Law School» und Autor einer viel zitierten Abhandlung über die Erbschaftssteuer. «Erwarten Sie nicht, dass irgendjemand im Kongress dies stoppt.»
Jährlich würden in den USA etwa 200 Milliarden Dollar vererbt oder verschenkt, ohne Erbschaftssteuer darauf zu zahlen, schätzt Daniel Hemel, Professor für Steuerrecht an der New York University.
Der frühere Goldman Sachs-Manager Gary Cohn, wichtigster Wirtschaftsberater Donald Trumps während dessen erster Präsidentschaft, scherzte einmal, dass «nur Idioten die Erbschaftssteuer zahlen».
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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