Olympische_Spiele

Olympische Spiele in Paris: Die meisten Medaillen gingen – natürlich – an die grössten Länder. © Depositphotos

Die andere Rangliste zu den Olympischen Spielen

Esther Diener-Morscher /  Die USA stehen in den Medaillen-Ranglisten immer zuoberst. Doch eigentlich wäre der kleine Inselstaat Dominica die Siegerin.

Die USA, China und Japan haben an den Olympischen Sommerspielen in Paris die meisten Goldmedaillen geholt – wieder einmal. Denn nach sportlichen Grossanlässen ziehen die Medien immer auf dieselbe Art Bilanz: An erster Stelle steht das Land mit den meisten Goldmedaillen. Und das sind meistens die USA. In der Regel gefolgt von anderen bevölkerungsreichen Ländern wie China oder Japan.

LandGoldSilberBronzeGesamt
1. USA404442126
2. China40272491
3. Japan20121345
4. Australien18191653
5. Frankreich16262264
6. Niederlande1571234
7. Grossbritannien14222965
8. Korea1391032
9. Italien12131540
10. Deutschland1213833
11. Neuseeland107320
12. Kanada971127
13. Usbekistan82313
14. Ungarn67619
15. Spanien54918
16. Schweden44311
17. Kenia42511
18. Norwegen4138
19. Irland4037
20. Brasilien371020
48. Schweiz1258
Der offizielle Medaillenspiegel der Olympischen Spiele 2024 in Paris

Ein solcher Medaillen-Spiegel ist ein Zerrbild. Und zwar deshalb, weil die Länder völlig unterschiedlich grosse Bevölkerungszahlen haben – und damit auch ein anderes Potenzial, Spitzensportler hervorzubringen. Ausserdem ist die Zahl der Goldmedaillen das oberste Kriterium. Silber- und Bronzemedaillen zählen nur in zweiter und dritter Priorität.

Infosperber hat anders gerechnet (siehe unten stehende Tabelle). Und zwar haben wir sowohl die Bevölkerungszahl als auch den Wert der Medaillen einbezogen. Eine goldene Medaille haben wir mit drei Punkten gewichtet, eine silberne mit zwei Punkten und eine bronzene mit einem Punkt. Schliesslich haben wir die Anzahl Medaillen-Punkte durch die Anzahl Einwohner geteilt.

Das Ergebnis: Am erfolgreichsten schnitt der kleine Karibik-Inselstaat Dominica ab: Thea Lafond hat eine Goldmedaille im Dreisprung erzielt – und weil Dominica nur 66’000 Einwohner zählt, gleich 50 Medaillenpunkte pro Million Einwohner erreicht. Die beiden Kleinstaaten St. Lucia und Grenada liegen auf dem zweiten und dem dritten Platz. Danach folgen Neuseeland, Australien und Slowenien – alles Länder, die im Verhältnis zu ihrer geringen Einwohnerzahl viele Medaillenpunkte erreicht haben.

Die Schweiz liegt mit 1,33 Medaillenpunkten pro Million Einwohner immerhin auf dem 29. Platz. Ganz weit hinten liegen hingegen genau jene Länder, die ganz oben auf dem offiziellen Medaillenspiegel stehen: Die USA, China und Japan.

LandEinwohner
in Millionen
Medaillen-
Punkte*
Medaillen-Punkte*
pro Million Einwohner
Dominica0,06350
St. Lucia0,2525
Grenada0,1220
Neuseeland5479,4
Australien271084
Slowenien284
Niederlande18713,94
Ungarn10383,8
Jamaika3113,67
Kroatien4133,25
Irland5153
Norwegen6172,83
Dänemark6152,5
Armenien372,33
Schweden11232,09
Schweiz9121,33
Japan124970,78
USA3452500,72
China14191980,14
* Die Medaillen-Punkte sind so berechnet: Gold = 3 Punkte, Silber = 2 Punkte, Bronze = 1 Punkt.

Die einträglichste Disziplin ist das Schwimmen

Viele Medaillen gewinnen die Nationen, die auf die «richtige» olympische Disziplin setzen. «Richtig» hiess bei diesen Spielen: Schwimmen. Dort liess sich an 35 Wettkämpfen ein Medaillensatz gewinnen, also insgesamt 105 Medaillen.

Die USA haben 28 ihrer 126 Medaillen im Schwimmen gewonnen und China 12 von 91. Schwimmen ist auch die einzige Disziplin, bei welcher dieselben Athleten gleich fünf oder sechs Mal aufs Podest kommen können. Noch mehr Gewinnchancen als im Schwimmen gibt es nur in der Leichtathletik, wo 48 Wettkämpfe stattfinden. Dort kommt es aber viel seltener vor, dass dieselben Athleten mehrere Medaillen gewinnen, weil sich die Disziplinen stärker unterscheiden.

Wenn nur Gold zählt

Bei der Medaillenwertung dieser Olympischen Spiele kamen Länder wie Grossbritannien oder die Türkei schlecht weg. Grossbritannien gewann 64 Medaillen, also mehr als Japan und Australien. Aber weil es zu wenig goldene waren, liegen die Briten nur auf dem 7. Rang. Die Türkei landete sogar nur auf dem 64. Platz, obwohl sie wie die Schweiz (48. Platz) acht Medaillen erreichte. Nur hatte die Türkei das Pech, dass es alles Silber und Bronze waren.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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2 Meinungen

  • am 14.08.2024 um 12:12 Uhr
    Permalink

    Also Deutschland schneidet im Vergleich zu den USA eigentlich ganz gut ab.
    Was einen als emotionalisierten Patrioten traurig machen müsste: dass bei diesem Regelwerk Großbritannien, Italien und Frankreich viel besser dastehen. Hat da nationale Politik drauf Einfluss? Soll sie überhaupt Einfluss darauf haben?

    Was wirklich schrecklich ist: deutscher Ruder-Achter, Männer abgeschlagen auf Platz 4 mit fast 7 Sekunden Verspätung. Die Schweizer haben erst gar keinen Ruder-Achter aufgestellt.

    Oder sollte man die Medaillen noch irgendwie durch Mrd. $ Rüstungsexporte teilen?

  • am 14.08.2024 um 12:17 Uhr
    Permalink

    Auch der hier als Alternatuve präsentierte Medaillenspiegel hat seine statistischen Mängel. Er lässt nämlich ausser acht, dass es in allen Sportarten und Disziplinen pro Nation Startplatzbeschränkungen gibt. Das hat zur Folge, dass sehr viele ausgezeichnete Athletinnen und Athleten aus in der Regel grossen Nationen gar nicht antreten dürfen, obwohl sie durchaus Medaillenchancen hätten, Athletinnen und Athleten aus in der Regel kleineren Nationen mit einem beträchtlich tieferen Leistungsniveau hingegen schon. Würden diese Beschränkungen nicht gelten, würde allein die USA etwa in der Leichtatheltik über 100m und 400m sehr viel mehr Athletinnen und Athleten stellen und wohl auch mehr Medaillen holen. Zugegeben: In einigen anderen Disziplinen gälte dies wohl auch für kleinere Nationen – im Marathonlauf etwa sähen wir allein aus Kenia und Äthiopien wohl mehr als 100 Startende.

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