Das Fernsehen verpasste wichtige Teile des Frauen-Super-G
Fernsehübertragungen von Sportereignissen zeigen nicht nur den eigentlichen Wettkampf, sondern filmen gern auch das Drumherum. Bei Skirennen übertreiben sie damit masslos und setzen ihren Zuschauerinnen und Zuschauern eine Mogelpackung vor, bei der die Skifahrerinnen oft herumstehen.
Die Fernsehaufnahmen von Garmisch-Partenkirchen stammten vom deutschen Fernsehen. Dabei hat der Internationale Skiverband FIS einen erheblichen Einfluss auf die Aufnahmen. Er vermarktet sie auch. Die FIS soll sogar die Positionen der Kameras bestimmen, damit die auf dem Gelände platzierte Werbung nicht zu kurz kommt. SRF, ARD, ZDF oder ORF können die vorgegebenen Bilder nur mit Interviews eigener Athleten überblenden.
Schon lange ist es üblich, längere Skirennen nicht in ihrer ganzen Länge zu zeigen. Die Verantwortlichen trauen ihrem Publikum nicht zu, eine Minute oder länger am Stück bei der Sache zu bleiben, und zeigen daher lieber anderes: angespannt schauende Trainer, jubelnde Zuschauerinnen, Fahrerinnen, die sich freuen oder die Haare raufen. Wahrscheinlich spielt da auch noch eine fehlgeleitete Kreativität der Regisseure eine Rolle: Sie wollen mehr zeigen als bloss das ewige Runterrasen.
Beim Lauberhornrennen, wo eine Fahrt fast zweieinhalb Minuten dauert, ist so etwas noch knapp erträglich. Aber was machen die Verantwortlichen, wenn das Rennen viel kürzer ist und sie doch noch möglichst viel anderes zeigen wollen? Richtig: Sie zeigen halt weniger Rennen. Beim Super-G der Frauen vom Sonntag in Garmisch-Partenkirchen, wo eine Fahrt lediglich 1:15 Minuten dauerte, führte das dann zu absurden Situationen.
Von der Fahrt der italienischen Ikone Sofia Goggia etwa wurde fast eine halbe Minute verplempert mit Bildern ihrer unten im Zielraum herumjubelnden Kollegin Brignone, die soeben Bestzeit gefahren war, von Zeitlupenaufnahmen ihrer tollen Fahrt und von fahnenschwingenden Zuschauern. Auch von der Fahrt der späteren Siegerin Lara Gut-Behrami wurde auf diese Weise etwa ein Drittel abgezwackt. Aber es kam noch schlimmer.
Nach der Schweizerin stand die Österreicherin Cornelia Hütter am Start. Von ihrer Fahrt sah man indessen nichts: Sie stürzte zwar erst nach einer halben Minute Fahrt. Aber da genau diese unterschlagen worden war, sahen die Fernsehzuschauer nur eine Fahrerin, die sich aus dem Starthaus stürzte und gleich darauf in den Schnee.
Bei der Slowenin Ilka Stuhec wurden die Fernsehleute noch dreister: Sie schalteten erst nach 50 Sekunden auf ihren Lauf. Man konnte der Athletin also noch ganze 27 Sekunden bei der Arbeit zusehen, die ersten zwei Drittel wurden weggelassen.
Dafür konnte man nachher ausgiebig sehen, wie Stuhec im Zielraum herumstand, wie sie die Bindungen ihrer Skis löste, wie Zuschauerinnen und Zuschauer jubelten und Fahnen schwangen, wie Stuhec ein zweites Mal herumstand, wie oben eine andere Fahrerin auf den Start wartete. Zuvor, als sie schon längst unterwegs war, hatte man wiederum jubelnde Zuschauer sehen können und eine Fahrerin, die im Zielraum herumstand.
Ist es wirklich das, wofür man den Fernseher einschaltet? Marco Felder vom Schweizer Fernsehen, dem die Aufgabe übertragen worden war, das am Bildschirm kaum stattfindende Skirennen zu kommentieren, merkte einmal vorsichtig an: «Man könnte ja schon etwas mehr zeigen.» Bei der weitgehend unterschlagenen Fahrt von Ilka Stuhec meinte er dann resigniert: «Ja, da fehlt jetzt einiges. Da ist auch eine Analyse schwierig, oder?» Co-Kommentatorin Tina Weirather konnte nur noch beipflichten: «Ja, was soll man da noch sagen?»
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Keine
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