«Würden alle EL erhalten, gäbe es keine Altersarmut»
Die Altersvorsorge steht vor grossen Reformen (siehe auch Kasten am Ende des Artikels). Die Ökonomin Nora Meuli hat zusammen mit dem Sozialwissenschaftler Carlo Knöpfel von der Fachhochschule Nordwestschweiz ein Buch zum Thema «Ungleichheit im Alter» geschrieben. Im Interview spricht sie über Armut und Reichtum im letzten Lebensabschnitt.
Ihre Studie zeigt auf, dass ein 90-jähriges Schweizer Rentnerpaar im Schnitt eine Million Franken besitzt. Werden wir im Alter alle zu Millionären?
Nicht wirklich, nein. Reiche werden schlicht deutlich älter als Arme, das ist ausreichend belegt. Von jenen, die 90 werden, haben also einige sehr viel Geld. Ausserdem ist die Schere bekanntlich gross: Die reichsten 2 bis 4 Prozent der Bevölkerung in der Schweiz besitzen rund die Hälfte des gesamten Vermögens. Die Vermögensverteilung in der Schweiz ist auch im internationalen Vergleich sehr ungleich – und die Vermögenskonzentration nimmt zu. Gleichzeitig gibt es viele armutsbetroffene ältere Menschen in der Schweiz.
Sind denn Alte besonders armutsgefährdet?
Rentnerinnen und Rentner verfügen in der Regel über weniger Einkommen als die Bevölkerung im Erwerbsalter, dafür aber über mehr Vermögen. Ältere Menschen sind ähnlich häufig armutsgefährdet, wie die Gesamtbevölkerung – es sind rund zehn Prozent. Das Risiko steigt dann besonders, wenn sie auf professionelle Unterstützung angewiesen sind. Denn in der Schweiz bezahlen wir vergleichsweise sehr viel für Betreuung und Pflege aus der eigenen Tasche. Der Regelfall ist aber: Wer arm war, bleibt auch im Alter arm. Vermögen spielt für diese Menschen keine Rolle, denn sie verfügen über keine finanziellen Reserven. Ihr Hauptproblem ist: Die AHV alleine reicht zur Existenzsicherung nicht aus. Die Renten sind viel zu tief, als dass man davon leben könnte.
Die meisten beziehen aber auch Guthaben aus zweiter und dritter Säule.
Das stimmt, aber bei Wenigverdienenden sind das häufig nur Kleinstbeträge. Das Problem bei der beruflichen Vorsorge ist, dass sie Ungleichheiten aus dem Erwerbsleben reproduziert – zwischen Gut- und Wenigverdienenden sowie zwischen Männern und Frauen. Denn im Gegensatz zur AHV ist sie nur aufs Erwerbsleben ausgerichtet und honoriert Erziehungs- und Betreuungsarbeit für Kinder oder ältere Menschen nicht. Das heisst, wer sich der unbezahlten Familienarbeit widmet, länger arbeitslos ist, aber auch wer Teilzeit arbeitet oder verschiedene Jobs ausübt, muss im Alter Einbussen bei der 2. Säule in Kauf nehmen.
Ins Gewicht fallen im Alter häufig die Gesundheitskosten.
Da muss man sagen, dass jeder Zweite, der in einem Pflegeheim wohnt, Ergänzungsleistungen bezieht. Die EL decken neben der Existenzsicherung auch die Gesundheitskosten ab. Aber wer über Vermögen verfügt, muss dieses zuerst aufbrauchen. Betroffene Seniorinnen und Senioren aus der Mittelschicht werden darum in vielen Fällen nichts vererben können. Sehr Reiche hingegen können sich das Pflegeheim häufig aus ihren Einkommen finanzieren und vererben ihr Vermögen ohne Abstriche weiter – die Erbschaftssteuern sind ja mehrheitlich abgeschafft.
Warum ist Altersarmut eine Realität, obschon es doch die Ergänzungsleistungen gibt?
Weil manche ihren Anspruch nicht wahrnehmen. Wir schätzen, dass mindestens jeder sechste Berechtigte keinen Antrag stellt. Die Gründe sind zum Beispiel Unwissen oder schlechte Erfahrungen mit dem Staat. Würden sie alle EL erhalten, gäbe es de facto keine Altersarmut im engeren Sinne mehr. Denn mit einer Rente sowie EL macht zwar niemand grosse Sprünge, aber die Existenz ist gesichert.
Ähnliches lässt sich auch in der Sozialhilfe beobachten. Dort verzichtet jeder Vierte. Ist es denn die Aufgabe des Staates sicherzustellen, dass seine Sozialleistungen auch bezogen werden?
Der Staat hat meiner Meinung nach eine Informationspflicht und muss die Hürden möglichst tief halten. Behörden sollten also Bürgerinnen und Bürger bei der Antragsstellung zumindest unterstützen. Was bei der Sozialhilfe schwierig wäre, bei den EL aber möglich: Sie könnten automatisiert auf der Basis der Steuererklärung ausgerichtet werden. Ich persönlich würde das befürworten. Wenn sich aber jemand bewusst dagegen entscheidet, muss das natürlich möglich bleiben.
Sowohl bei der AHV, als auch bei der beruflichen Vorsorge stehen grosse Reformen an, die politisch umkämpft sind. Können diese die bestehende Ungleichheit ausgleichen?
Bei der AHV besteht praktisch keine Ungleichheit mehr zwischen den Geschlechtern. Dass die Frauen sich gegen die Erhöhung des Rentenalters wehren, hat primär damit zu tun, dass sie in der beruflichen Vorsorge massiv schlechter gestellt sind und im Schnitt rund zwei Drittel weniger Rente bekommen. Und was bei der Reform der beruflichen Vorsorge herauskommt, ist noch völlig ungewiss. Die Ungleichheiten reduzieren würde sicherlich die Abschaffung oder eine Senkung der Eintrittsschwelle und des Koordinationsabzugs. Dies hätte zur Folge, dass der ganze Lohn versichert ist, wodurch auch Geringverdiener versichert wären. Dies wäre recht einfach zu ändern. Um Ungleichheiten abzubauen, müsste neben der Erwerbs- auch die Betreuungsarbeit honoriert werden. Denkbar wären staatlich finanziere Betreuungsgutschriften oder ein Splitting der PK-Beiträge zischen den beiden Elternteilen, sobald ein Kind zur Welt kommt.
2020 wurden schweizweit etwa 95 Milliarden Franken vererbt. Hat die Abschaffung der Erbschaftssteuer die Ungleichheit verschärft?
Eine Erbschaftssteuer würde einen kleinen Ausgleich schaffen. Aber wenn hohe Erbschaften mit beispielsweise 5 Prozent besteuert werden, ändert sich nicht viel an der Vermögensverteilung. Es könnten aber Steuereinnahmen generiert werden, die dann zum Beispiel zur Finanzierung der Betreuungs- und Pflegekosten eingesetzt werden könnten. Letzteres ist ein Thema, das uns in den nächsten Jahren noch viel beschäftigen wird. Denn Menschen werden älter, und Betreuung und Pflege kosten viel Geld. Gleichzeitig haben viele Angehörige weniger Zeit für Betreuung, da sie Doppelverdiener sind oder sein müssen.
Abgesehen vom Geld: Gibt es andere Hebel, damit alle Menschen in Würde altern können?
Der finanzielle Aspekt ist natürlich wichtig. Wir stellen in unserem Buch verschiedene Möglichkeiten vor, wie die Betreuung finanziert werden könnte. Ein Beispiel ist ein Ausbau der Hilflosenentschädigung, dann würden jene Menschen Geld erhalten, die Betreuung brauchen und könnten das dann selber so einsetzen wie sie möchten. Eine ergänzende Möglichkeit sind Zeitgutschriften: Wer Freiwilligenarbeit leistet, kann darauf zurückgreifen, wenn er oder sie es später selber braucht. Das kostet nicht viel und könnte den Zugang zu Betreuung im Alter erleichtern.
Nora Meuli ist Co-Autorin des Buches Ungleichheit im Alter – Eine Analyse der finanziellen Spielräume in der Schweiz sowie Wirtschaftsredaktorin bei SRF.
Diese Renten-Vorschläge sind auf dem Tisch
AHV-Reform: Über die AHV-21 wird am 25. September abgestimmt. Das Rentenalter der Frauen soll von 64 auf 65 Jahre erhöht werden. Als Gegenleistung erhält eine Übergangsgeneration Rentenzuschläge und kann ohne grosse Abstriche bereits ab 64 Jahren in Pension (Jahrgänge 1961-1969, falls die AHV-21 wie beabsichtigt 2024 in Kraft tritt). Zudem wird Frühpensionierung flexibler gestaltet und Anreize gesetzt, über das Pensionsalter hinaus weiterzuarbeiten. Schliesslich wird die Mehrwertsteuer zu Gunsten der AHV um 0,4 Prozentpunkte erhöht.
BVG-Reform: Die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) verzögert sich. Der Ständerat hat die Vorlage kürzlich an die zuständige Kommission zurückgewiesen. Unbestritten ist eine Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent. Dies senkt die Renten. Pro 100’000 Franken Alterskapital werden neu 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr ausbezahlt. Für eine Übergangsgeneration sind Ausgleichszahlungen vorgesehen, über die jedoch gestritten wird. Die BVG-Reform soll durch eine Senkung des Koordinationssatzes ausserdem dafür sorgen, dass Erwerbstätige mit Kleinpensen und Geringverdienende zu einer BVG-Rente kommen.
Rentenausbau: Mit der Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente wollen die Gewerkschaften die Zahlungen aus der ersten Säule aufbessern. Damit soll unter anderem die Krise der beruflichen Vorsorge ausgeglichen und die Frauen-Renten-Lücke geschlossen werden. Die Unterschriften sind gesammelt, die Vorlage wird an die Urne kommen.
Rentenkürzung: Die Volksinitiative «Ja zu fairen und sicheren Renten (Generationen-Initiative)» befindet sich im Sammelstadium. Die Vorlage will nicht nur das Rentenalter erhöhen, sondern bei den Pensionskassen auch laufende Renten kürzen.
Rentenaltererhöhung: Die Jungfreisinnigen wollen mit ihrer Renteninitiative das Rentenalter für alle schrittweise erhöhen – zunächst auf 66 Jahre, danach an die Lebenserwartung geknüpft. Die Unterschriften sind gesammelt, es wird abgestimmt werden.
AHV-Finanzierung durch SNB-Gewinne (1): Mit ihrer SNB-Inititative wollen die Gewerkschaften Teile der Gewinne der Schweizerischen Nationalbank der AHV zukommen lassen. Damit sollen die Finanzen der AHV gestärkt und eine Erhöhung des Rentenalters verhindert werden. Derzeit werden Unterschriften gesammelt.
AHV-Finanzierung durch SNB-Gewinne (2): Bürgerliche Kreise rund um Alfred Heer planen eine ähnliche Volksinitiative. Im Unterschied zum Vorschlag der Gewerkschaften soll aber die SNB-Kasse weniger belastet werden. Jährlich sollen SNB-Gewinne in die AHV fliessen, die Beiträge an den Bund dabei aber in gleicher Höhe gekürzt werden.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Wenn ein Ehepaar 90 Jahre alt wird, hat es die AHV während 25 Jahren mit jährlich CHF 14’340 Franken zusätzlich finanziert, aufgrund der Rentenplafonierung, vorausgesetzt natürlich, dass beide Partner Anrecht auf die volle Einzelrente hätten!
Ein schöner Batzen!!
Danke, ein wichtiger Beitrag. Ich bin schon seit Geburt handycapiert. Bis zum 32 Lebensjahr konnte ich noch 100% Arbeiten, danach ging es bergab. Ich habe diesem Land alles gegeben was ich konnte, von der Rekrutenschule, über soziales Engagement, bis hin zu ehrenamtlicher Arbeit nach System Benevol, gegründet vom Roten Kreuz. Ich habe mich immer wieder weiter gebildet, in Kursen und Autodidaktisch. Ich habe ein fotografischen Gedächtnis, das war sehr hilfreich. Seit Ich 96% IV habe, nach etlichen OPs und auf EL angewiesen bin, ist eines geblieben. Die Angst vor dem Briefkasten. Wann kommt die nächste neue Verfügung des Amtes für Sozialbeiträge.? Werde ich weniger bekommen? Darf ich nun noch weniger auf dem Sparkonto haben ohne Abzüge? (Derzeit 30’000, das reicht gerade für die Räumung meines Haushaltes und die Beerdigung) Werde ich noch mehr selber an die Spitex bezahlen müssen? Ich bin dankbar nicht in den Usa zu leben, da wäre ich in einem Zelt auf der Strasse. Die Angst bleibt.
Danke für dieses Interview!
Wie man die Dinge auch dreht und wendet, immer wieder zeigt sich: Die grosse Mehrheit schnitt sich und ihren Nachkommen massiv ins eigene Fleisch,, als sie sich vor gut 50 Jahren in einer Volksabstimmung gegen existenzsichernde AHV-Renten (Volkspensionsinitiative der PDA und weiterer linker Gruppierungen) und für die Einführung des Pensionskassen-Obligatoriums entschieden hat. Nur die allergrössten Kälber… und besonders bitter dabei: Die Metzger wurden damals auch von der SP und den meisten Gewerkschaften unterstützt.
Es sind doch nicht immer nur Frauen benachteiligt. Es gibt auch Männer mit tiefen Löhnen. Benachteiligt bei beiden Geschlechtern sind Personen mit sehr früher Erwerbstätigkeit. Zwischen 17-20 enstehen sogenannte Jugendjahre. Diese werden später bei der AHV wenn man keine Beitragslücken hat nicht angerechnet sondern einfach unterschlagen.Obwohl man in genannter Zeit beitragspflichtig war. Stossend auch dass man beim «Rentenalter» auf eine rein statistische Lebenserwartung setzt statt auf die Anzahl Beitragsjahre. In der Schweiz genügt ein einziges volles Beitragsjahr für einen Anspruch auf AHV Rente:
https://www.ahv-iv.ch/p/11.01.d
Kann im Endeffekt bedeuten, dass jemand mit kleinen Löhnen aber vielen Beitragsjahren gleich viel bekommt wie jemand mit wenigen Beitragsjahren. Das sind derzeit beim Betrag für den allgemeinen Lebensbedarf Alleinstehende Fr. 19 610, Ehepaare Fr. 29 415. Auch muss man unabhängig davon bis zum gesetzlichen Rentenalter trotzdem weiter Beiträge entrichten.
So lange Gewinnmaximierung, Kapitalanhäufung, Korruption, Ausbeutung von Natur und menschlicher Arbeitskraft, Machtstreben und Bereicherung einiger weniger zu Lasten der Mehrheit als Ideal einer Gesellschaftsform gelten – oder gar als Staatsreligion deklariert werden – kann es keinen sozialen Frieden und keine flächendeckend zufriedene und glückliche Menschen geben. Wenn Politik, Gesetze, Verfassung und Wirtschaft nur auf diese Ziele ausgerichtet sind, wird es immer viele Menschen geben, die darunter zu leiden haben. Auch wenn die Sklaverei seit 1948 völkerrechtlich als abgeschafft gilt, gibt es auch 2022 noch viele Menschen, die sich als versklavt fühlen, auch in der Schweiz. Wenn wir den «Gesundheitszustand» unseres Landes nur mit dem BIP (Brutto-Inland-Produkt) messen – alles Daten aus der Wirtschaft – verkennen wir Faktoren wie Zufriedenheit, Wohlergehen und Glück. In Bhutan gilt nicht das BIP, sondern das BGP (Brutto-Glücks-Produkt). Einfach mal googeln nach «Bhutan». Das tut gut.
@Felix von Wartburg
Es hängt auch mit dem nicht – Verstehen des Geldsystems zusammen, oder besser gesagt mit dem nicht verstehen wollen. Wahrscheinlich wissen auch viele nicht, was der Geldkreislauf ist.
Man tut so, als wäre das Geld welche Rentner benutzen anders als das der Erwerbstätigen.
Wenn z.B der Rentner in ein Kaufhaus geht und dort Fr.1000-. ausgibt enthalten seine Ausgaben auch Anteile der Löhne inkl. Sozialbeiträge für die Angestellten des Kaufhauses. Ebenso Anteile für Infrastruktur, Schuldzinsen, Energie, Werbung etc.
Den meisten Leuten ist gar nicht bewusst, was sie mit ihren Ausgaben alles mitfinanzieren auf der Quittung sieht man halt nur die MwSt.
Wer Rentner nur als Kostenfaktor sieht macht einen Denkfehler. Sie sind genau so Wirtschaftsteilnehmer wie die Erwerbstätigen und ihr Geld löst sich nicht ins Nirwana auf.
Wofür sollen die Frauen° der Übergangsgenerationen eigentlich eine «Gegenleistung» bekommen? Eine Gegenleistung dafür, gleich lange zu arbeiten?! (Und da ist die Dienstpflicht für Militär und Zivilschutz noch gar nicht mitgerechnet. Oder die höhere Lebenserwartung, was anteilsmässig eine deutlich längere AHV-Bezugsdauer bedeutet.) Wir streichen also evtl. ein Privileg, um sogleich ein neues einzuführen? Und das vor dem Hintergrund, dass die AHV-Einnahmen hinten und vorne nicht reichen!? Es sollen also einige Boomer-Frauen° mit der Giesskanne mehr Rente bekommen? Und bezahlen tun’s wieder die kommenden AHV-Generationen (Rentenaltererhöhung), die Erwerbstätigen und sogar die Ärmsten via Mehrwertsteuer?
M. M. n. ist das AHV 21-Gesetz eine Frechheit, weil es sexistische Privilegien und Geldverteilen mit der Giesskanne einführt, das strukturelle Defizit der AHV nicht behebt, sondern das Problem nur wenige Jahre aufschiebt und das alles noch von den Jungen und Ärmsten mitzahlen lässt. Nein!
Korrektur/Ergänzung/Klarstellung zu meinem Kommentar von 07:53:
Eine Rentenaltererhöhung ist nicht Teil von AHV 21.
Da das strukturelle Defizit aber mit AHV 21 bestehen bleibt (zumindest bis die Boomer-Generationen durch sind), muss irgendjemand dafür zahlen. Und die linken/progressiven Steuer-Vorschläge (Erbschaftssteuern, Kapital[ertrags]steuern, direkte Bundessteuer, Umweltlenkungsssteuern) in diesem Land leider immer abgelehnt werden, bleiben wohl nur folgende Stellschrauben: Renten kürzen, Rentenalter erhöhen, Bezugsdauer beschränken, Lohnbeiträge erhöhen, Mehrwertsteuer (o. ä.) erhöhen oder Schulden erhöhen (was dann auch wieder die kommenden Steuerzahler°innen berappen dürfen).
@Michael Schwyzer
Für eine richtige Reform müsste die Anzahl Erwerbsjahre viel massgebender sein als heute, egal ob Mann oder Frau. In anderen europäischen Ländern gibt es Modelle mit Langzeitversicherten – Regelung, wo wer viele Beitragsjahre hat abschlagsfrei in Pension darf, auch wenn jemand das Referenzalter noch nicht erreicht hat.
Zudem ist bei der AHV hier immer nur von Neurentnern die Rede, Hilfe, die Babyboomer gehen in Rente hört man mantraartig schreien. Keine Beachtung finden die Zahlen von Austritten, sei es durch Tod oder Ende des Rentenanspruchs. Diese werden einfach unterschlagen.
Einzig hier zu sehen:
https://www.bsv.admin.ch/dam/bsv/de/dokumente/ahv/statistiken/ahv_stat_2021_d.pdf.download.pdf/AHV-Statistik%202021.pdf
https://www.vorsorgeforum.ch/bvg-aktuell/2021/6/22/rekordzahl-an-todesfllen-2020.html
https://www.tagblatt.ch/schweiz/sozialwerke-das-grosse-corona-tabu-die-dramatischen-todeszahlen-entlasten-die-ahv-um-eine-milliarde-franken-ld.2092794?reduced=true
Gelegentlich wurde (u.a. an Stelle des bedingungslosen Grundeinkommens) von rechtsliberaler Seite (z.B. Markus Schär) die negative Einkommenssteuer vorgeschlagen. In Bezug auf die Altersarmut könnte das heissen: Steuerpflicht ab einem bestimmten Renteneinkommen und Vermögen; darunter zahlt der Staat automatisch eine «Ergänzungsleistung» aus. Es bräuchte kein Gesuch. Massgeblich ist die Steuererklärung (allenfalls ergänzt durch eine Kontrollschlaufe).
Die Abschaffung der 2. Säule zugunsten der AHV könnte bei der Finanzierung helfen. Ich habe eben ausgerechnet, dass bei den BVG-Renten 2020 über 5 Mrd. Franken zu viel aufgewendet worden sind, da die Verwaltung der 2. Säule 30 (!) mal teurer ist als die Verwaltung der AHV (bezogen auf den Rentenfranken).
Diese hohen Margen für Finanzintermediäre wurden offensichtlich vom Gesetzgeber so gewollt. Die Senkung des Umwandlungssatzes soll wohl diesen Zustand weiterhin auf Kosten der Rentner ermöglichen.
Bei der aktuellen Börsenlage und der sich beschleunigenden Inflation könnten noch weitere Probleme akut werden. Selbst wenn die BNS-Geldpolitik einiges vorausschauender ist, als es diejenige der US und des Herrn Draghi sind/waren.