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Schwarze Schafe unter Ärzten schreiben Leistungen auf, die sie nicht erbracht haben. Die Kontrolle der Krankenkassen ist schwierig. © zvg

Bundesgericht verurteilt Betrüger, der gegen Infosperber klagte

Urs P. Gasche /  Infosperber hatte den Namen des Arztes veröffentlicht, um Patientinnen und Patienten sowie Krankenkassen vor ihm zu warnen.

Er praktizierte in der Nähe von Bern als Allgemein-, Hals-, Nasen- und Ohrenarzt. Er war auch Schularzt und Vertrauensarzt im Strassenverkehr. Der Arzt rechnete Leistungen ab, die er nicht erbrachte – namentlich in einem Alters- und Pflegeheim – und behandelte Patientinnen und Patienten weiter, obwohl ihm ein Gericht verbot, weiterhin in einer Praxis tätig zu sein.

Aus diesen Gründen hatte Infosperber die Öffentlichkeit informiert und veröffentlicht auch seinen vollen Namen, um Patientinnen und Patienten über das Praxisverbot ins Bild zu setzen. Die Krankenkassen waren nicht verpflichtet, seine Leistungen weiter zu bezahlen. Später informierte Infosperber seine damaligen Patientinnen und Patienten darüber, dass der Arzt die Krankengeschichten nicht anstandslos herausrückte.

Am 8. Dezember 2022 meldete die Zeitung «Der Bund», dass das Bundesgericht den 50-jährigen Mediziner jetzt in letzter Instanz verurteilt hat wegen gewerbsmässigen Betrugs und gewerbsmässigen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage. Er erhielt eine bedingte Gefängnisstrafe von neun Monaten und muss eine Geldstrafe von 18’000 Franken aus einer früheren Verurteilung zahlen.

Ob das Gericht das Geld erhält, ist fraglich. Denn der Arzt zahlte auch die zu viel verrechneten Leistungen den Krankenkassen nur teilweise zurück, weil er überschuldet ist. Allein die Kasse Visana machte einen Schaden von 35’515 Franken geltend. Bei den von ihm angestrengten Gerichtsverfahren profitierte er vom unentgeltlichen Rechtsverfahren (auf Kosten der Steuerzahlenden), weil er eine Überschuldung geltend machte. Gegenwärtig praktiziert er im österreichischen Vorarlberg.

Schon im ersten rechtskräftigen Strafbefehl von 28. März 2017 stellte der Richter fest, dass der Arzt in voller Absicht gehandelt habe: «Durch Verwendung von nicht geschuldeten bzw. nicht erbrachten Leistungen … waren die elektronischen Rechnungen inhaltlich falsch (Falschbeurkundung), was er [der Arzt] wusste.» Bis vor Bundesgericht argumentierte der Arzt abenteuerlich, er habe zwar den eingeschriebenen Strafbefehl bei der Post selbst abgeholt, ihn jedoch nie geöffnet und deshalb von seiner Verurteilung nichts gewusst. Das Bundesgericht qualifizierte dies als eine «Schutzbehauptung».

Nachdem Infosperber den Namen des Arztes veröffentlicht hatte, verklagte dieser die Stiftung SSUI, welche Infosperber herausgibt, auf Schadenersatz in Höhe von 120’000 Franken und Genugtuung von 15’000 Franken. Er finde wegen der Publikation keine Stelle mehr. Der Arzt verlangte die Löschung seines Namens und seines Bildes und weiter, dass «die Aussagen ‹Unter vielen guten Ärzten gibt es schwarze Schafe› und ‹Dieser Arzt wird von Patienten, Patientinnen und mehreren Krankenkassen dringend gesucht› innerhalb von 5 Tagen nach Rechtskraft des Urteils zu entfernen» seien.

Nach längerem Verfahren fand die Hauptverhandlung über die Klage am 15. September 2020 vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland statt. Schon zuvor hatte Infosperber den Namen und das Bild des Arztes aus drei veröffentlichten Artikeln entfernt. Denn es bestand kein öffentliches Interesse mehr an der Kenntnis des Namens, seit der Arzt in der Schweiz nicht mehr praktizierte.

In einem Vergleich vor Gericht gestand der Arzt zu, dass die drei beanstandeten Artikel sonst unverändert veröffentlicht bleiben. Und er verzichtete vollständig auf alle seine finanziellen Forderungen. Die Gerichtskosten übernahm er zu drei Vierteln. Der Richter wies darauf hin, dass der Staat die Gerichtskosten des Arztes übernehmen müsse, da dieser überschuldet sei. Deshalb wollte er nicht die gesamten Gerichtskosten dem Arzt aufbürden. Schliesslich willigte die SSUI ein.

Krankenkasse in einer schwachen Position

«Fehlerhafte Arztrechnungen kosten Milliarden», titelte die Konsumentenzeitschrift Saldo vor drei Jahren. Die Krankenkassen befänden sich in einer schwachen Position. Die Krankenkasse CSS meinte gegenüber Infosperber: «Die Abklärungen [Red. bei vermuteten rechtswidrigen Honoraren] sind jeweils relativ langwierig, da wir nur Rechnungen vorliegen haben. Die Krankheitsgeschichte müssen wir von den Ärzten verlangen. Insbesondere im Falle von tatsächlichen Differenzen ist deren Kooperationsbereitschaft jeweils eher gering. Das Ganze zieht sich in die Länge.»


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2 Meinungen

  • am 10.12.2022 um 07:57 Uhr
    Permalink

    Drei Fragen:

    1. Wieviel hat die SSUI schlussendlich wegen dem Arzt aufgewendet?
    2. Es besteht immer noch ein öffentliches Interesse an der Kenntnis des Namens, nur nicht mehr in der Schweiz, sondern im Vorarlberg. Sind die Behörden im Vorarlberg informiert?
    3. Fällt der Arzt im Vorarlberg negativ auf?

    Vielen Dank!

  • am 10.12.2022 um 09:44 Uhr
    Permalink

    Das zeigt erneut wie korrupt unser Rechtssystem ist und wie das Recht jeweils gebeugt wird.

    Es ist richtig, dass unentgeltliche Rechtspflege gewährt wird, man kann gar die Ansicht vertreten, dass dies, zumindest für die Erste Instanz, demokratisch legitimiert und daher kostenlos zu sein hat. In diesem Falle trägt der Staat die Kosten.

    Das Prinzip des Obsiegens ist eine Pervertierung des Rechts und eine Rechtsbeugung par Excellence. In diesem Falle wurde es verwendet um den Staat zu entlasten und mit nicht stichhaltige oder nicht vorbeugend widerlegten Pipifax Argumente untermauert.

    Betreibt die unterlegene Partei enorme Aufwendungen und wird sie zu 80% schuldig gesprochen so bezahlt die andere Partei 20% der Kosten und Gericht. Dies beruht meist auf Pipifax Vorwürfe die nebenbei zu deren Gunsten gebeugt oder ungenügend widerlegt wurden. Widerlegen Sie dass sie nicht öffentlich gepupst haben? Diese aufgebauschte Aufwendungen werden selten derart effektive in Rechnung gestellt.

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