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Chinesische Sondermarke zum Jahr des Affen © cc

Feuer-Affe verspricht ein turbulentes Jahr

Peter G. Achten /  Am 8. Februar hat das chinesische Jahr des Feuer-Affen begonnen. Es soll ein bewegtes Jahr voller Energie und Kreativität werden.

Bereits im November 1911 wurde in China nach der bürgerlichen Revolution und dem Fall der letzten Kaiser-Dynastie der Gregorianische Kalender eingeführt. Doch erst 1949, nach dem Bürgerkrieg zwischen Nationalisten und Kommunisten, erklärte der «Grosse Steuermann» Mao Dsedong den westlichen Kalender für obligatorisch. So beginnt auch in der Volksrepublik das Neue Jahr offiziell mit dem 1. Januar. Doch in den Köpfen von Chinesinnen und Chinesen, die kommunistische Führungs-Elite eingeschlossen, findet der Jahreswechsel noch immer nach dem traditionellen chinesischen Lunisolarkalender statt. Das Neujahrsdatum ist flexibel und liegt jeweils zwischen dem 21. Januar und dem 21. Februar. 2016 hat das neue Jahr am 8. Februar begonnen. Es ist das Jahr des Feuer-Affen.
Harmonie von Himmel, Erde und Mensch
Nach der historisch nicht belegbaren Legende hat Kaiser Huangdi – der berühmte «Gelbe Kaiser» – in der Mitte des dritten Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung die chinesische Astrologie (Kalenderdeutung) erfunden. Seither ist der Mondkalender ein unverzichtbarer Teil der chinesischen Kultur und des Alltags wie die vor dreitausend Jahren erfundenen chinesischen Schriftzeichen.
Die Harmonie von Himmel, Erde und Mensch ist der Kern der chinesischen Astrologie. Zwölf Tierzeichen stehen im Mittelpunkt. Der Legende nach hat Buddha alle Tiere zu sich gerufen. Doch nur zwölf kamen. Zuerst die Ratte, dann der Büffel, der Tiger, der Hase, der Drache, die Schlange, das Pferd, die Ziege, der Affe, der Hahn, der Hund und das Schwein. Zur Belohnung durfte jedes Tier einem Jahr seinen Stempel aufdrücken. Die Tierzeichen bilden die Grundlage eines zwölfjährigen Zyklus.
Den Tieren wird jedes Jahr eines der Elemente Wasser, Feuer, Erde, Metall und Holz zugeordnet. So gibt es zum Beispiel nicht nur das «Jahr der Schlange» sondern das Jahr der «Feuer-Schlange», der «Wasser-Schlange» oder der «Holz-Schlange». Zusätzlich werden zur Kalenderdeutung die zwei gegensätzlichen und sich ergänzenden Prinzipen Yin und Yang aus der Philosophie des Daoismus verwendet.
Dem Glück den Weg weisen
In ganz Ostasien, besonders aber in China, ist das Neujahrs- oder Frühlingsfest das Fest des Jahres. Noch wichtiger als Weihnachten in Europa und Amerika. Die Festtags-Saison dauert rund vierzig Tage. Hunderte Millionen Chinesen und Chinesinnen sind während dieser Zeit unterwegs zu ihren Familien. Eisenbahn, Busse und Flugzeuge können den Andrang kaum bewältigen. Dank der immer noch guten Wirtschaftslage reisen in diesem Jahr noch mehr Menschen als sonst.
Vor dem grossen Fest stehen die traditionellen Vorbereitungen: Man putzt die Wohnung oder das Haus gründlich, Fenster und Türen sind geöffnet, um das Glück hereinzulassen. In der Nacht brennen die Lichter, um böse Geister abzuschrecken und dem Glück den richtigen Weg zu weisen. In dieser Zeit sollen die Haare nicht geschnitten werden, weil die Worte Haar und Glück (Fa) fast gleich ausgesprochen werden. Man soll also das Glück nicht wegschneiden. Auch alle Schulden sollen vor dem grossen Fest beglichen werden.
TV-Spektakel und Sondermarken
Die allmächtige Kommunistische Partei und die Regierung sind bestrebt, das Volk während der Festtage bei Laune zu halten. Über die Bildschirme flimmert die weltweit grösste Fernseh-Show mit über einer halben Milliarde Zuschauer. Peng Liyuan, die Frau von Staats- und Parteichef Xi Jinping, wurde einst bei der Neujahrs-TV-Show als Sängerin zum chinesischen Superstar. Im Kino ist derzeit Sun Wukong, der im klassischen populären Roman «Die Reise nach dem Westen» verewigte Affenkönig, der absolute Bestseller.
Seit Beginn der Reform vor 36 Jahren gibt die chinesische Post jedes Jahr Sonderbriefmarken zum Jahreswechsel aus. Unter Mao war das nicht möglich, denn der «Grosse Vorsitzende» wollte alles «Alte» vernichten, so unter anderem auch den Aberglauben und die chinesischen Tierzeichen.
Die neuesten Briefmarken im Wert von 1,2 Yuan (rund 18 Rappen) hat der berühmteste Zeichner Chinas, Huang Yongyu, entworfen: Ein Motiv zeigt einen Affen mit Pfirsich (Symbol des langen Lebens) und eine Affenmutter mit zwei Affenbabys – ein Hinweis auf die seit dem 1. Januar geltende Zwei-Kind-Familienpolitik. Die Marken waren innert weniger Tage ausverkauft, obwohl auch in China wie anderswo kaum mehr Briefe um so mehr aber E-Mails, WeChats und Weibos verschickt werden. Die amtliche Nachrichten-Agentur Xinhua (Neues China) meldete, dass Chinesinnen und Chinesen «wie die Affen» hinter der neuen Briefmarke her waren.
Zeichner Huang Yongyu, mittlerweile 91-jährig, hat bereits die Neujahrs-Sondermarke von 1980 entworfen, ebenfalls ein Affenjahr. Die in einer Auflage von rund fünf Milionen auf den Markt gebrachte Affenmarke mit einem Wert von 5 Fen ist heute ein rares Sammlerstück – sozusagen das chinesische «Basler Dybli» und affenteuer. Eine einzige Marke kostet rund 14’000 Yuan (2150 Franken). Für einen Viererblock jener Sondermarke werden an der Sammlerbörse im Westen Pekings gar rund 60’000 Yuan geboten.
Hoffnung auf kleines Affen-Genie
Obwohl im sozialistischen China seit mehreren Jahrzehnten der Aberglaube offiziell abgeschafft ist, sind noch viele Chinesinnen und Chinesen den Kalenderweisheiten innigst zugetan. So werden dem Affen – wie allen andern Tierzeichen übrigens – eine Vielzahl von guten Eigenschaften zugeschrieben. Hier eine kleine Auswahl: flexibel, erfinderisch, gesunder Menschenverstand, zupackend, scharfsinnig, witzig, raffiniert, pfiffig, humorvoll, engagiert, vielseitig interessiert, liebevoll, voller Power, gerissen, kreativ, grosszügig, charmant, schlau, ehrgeizig, anpassungsfähig, kompromissbereit, vorsichtig.
Aber eben auch: stolz, intolerant, eifersüchtig, überheblich, egoistisch, streitsüchtig, lügnerisch, eitel, zynisch, geschwätzig, unordentlich und hochnäsig. Das sind Eigenschaften, notabene, die eigentlich jedem der zwölf Tierzeichen zugeordnet werden können. Mehr oder weniger jedenfalls. Bei zukünftigen Eltern sind «Affenkinder» beliebt. So sind denn, wie wie chinesische Medien berichten, die Geburtsabteilungen der Kinderspitäler schon jetzt für die ersten Monate des Affenjahres fast ausgebucht, weil viele Eltern sich ein kleines Affen-Genie wünschen.
Das Affen-Jahr verspricht Bewegung, genau das, was China im Jahre 1 des neuen Fünfjahresplanes (2016-2020) braucht. Staats-, Partei- und Militärchef Xi Jinping wird es richten. Wie der utopische Revolutionär Mao Dsedong und Reformübervater Deng Xiaoping ist auch Xi kein Affe, meines Wissens auch keine Ratte. Xi und seine nicht abergläubischen Genossen sind ganz einfach nur eines: waschechte Kommunisten. Xinnian Kuaile!!


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Peter Achten arbeitet seit Jahrzehnten als Journalist in China.

Zum Infosperber-Dossier:

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Chinas Innenpolitik

Hohe Wachstumszahlen; riesige Devisenreserven; sozialer Konfliktstoff; Umweltzerstörung; Herrschaft einer Partei

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