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Ausstellung von Terrakotta-Soldaten im Berner Historischen Museum © Adrian Moser, Der Bund

China-Experte darf nicht durch Ausstellung führen

upg /  Das Historische Museum Bern verbietet externe Führungen durch Terrakotta-Ausstellung – mit eigenartigen Begründungen.

Der in China und Basel aufgewachsene Kong Xian Chu hat schon manche Schweizer Gruppe durch Museen in China geführt. Ins Bernische Historische Museum kommt er als externer Führer nicht mehr. Während seiner letzten Führung am 18. Mai intervenierte Monika Mühlethaler vom Besucherservice, weil Kong sich nicht an das für Führer «vorgegebene Wording» halte. Heute streitet das Museum ab, von «Wording» gesprochen zu haben, obwohl mehrere Teilnehmer der Kong-Gruppe gegenüber Infosperber diese Aussage bestätigen.
«Da könnte Jeder kommen und erzählen, was er will», habe Mühlethaler später auch noch vor dem Museumsshop zu einem Sicherheitsmann gesagt, bezeugt Teilnehmer Lukas Ilg von Muttenz. «Wollen Sie die Kontrolle haben, was und wie über die Ausstellung erzählt wird?», fragte Ilg in einem Mail ans Museum. Man kritisiere stets die Menschenrechte in China, doch bei all seinen Reisen mit Kong durch China habe dieser immer selber durch Ausstellungen führen dürfen. Das Museum versichert, von China keinerlei inhaltliche Vorgaben erhalten zu haben.

Pseudoargument mit Führungssystem

In der Folge beharrt das Museum auf einem andern Grund, um Kongs Führungen zu unterbinden: Er störe andere Museumsbesucher. Der Besucherservice teilt Kong mit, dass das Museum «private Führungen ohne Gruppenführungssystem aus Rücksicht auf andere Besucher leider nicht gestattet». Kong wundert sich, dass «das Museum jetzt eine ganz andere Begründung anführt», bietet jedoch an, künftig ein elektronisches Gruppenführungssystem mitzubringen. Doch offensichtlich war das Stören anderer Besucher nur ein Vorwand. Denn das Museum schreibt Kong umgehend zurück: «Es werden keine privaten Gruppenführungen erlaubt, auch nicht, wenn diese mit einem eigenen Gruppenführungssystem durchgeführt werden.» Monika Mühlethaler empfiehlt Kong, er solle doch seine Erklärungen «ausserhalb des Museums» machen und «dann individuell mit den Gästen die Ausstellung zu besuchen».

«Missverständnis»

Kong, der an der Universität Basel in Neuroscience doktoriert hat und mit seiner Baselbieter Firma Sinolive AG wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zwischen der Schweiz und China unterstützt, gibt nicht auf und schreibt seinen Freunden und Bekannten: «Nie hätte ich erwartet, dass mir so etwas in der Schweiz in einer öffentlichen Institution passiert.» Ihrerseits räumt Monika Mühlethaler vom Besucherservice in einem internen Mail ein, sie habe sich «in ein Wespennetz gesetzt». Jetzt übergibt das Museum den Fall an die Abteilung «Marketing und Kommunikation». Deren Leiterin Michèle Thüring spricht gegenüber Kong von einem «Missverständnis». Zur Klärung lud sie Kong zu einem Gespräch mit Museums-Direktor Jakob Messerli ein. Falls es ein Missverständnis war, antwortet Kong, melde er eine nächste Führung für Ende Juni an: «Sie können mir gerne mitteilen, was ich allenfalls noch speziell beachten muss». Nach dieser Führung sei er gerne zu einem Gespräch bereit.

Keine kommerziellen fremden Führungen

Gegenüber Infosperber erklärte Marketing-Chefin Michèle Thüring, kommerzielle externe Führer seien im Museum grundsätzlich verboten. Ein Reglement dazu gäbe es nicht, aber dies sei «in den Schweizer Museen Usus», zum Beispiel im Beyeler- oder Tinguely-Museum in Basel. Namentlich Wechselausstellungen seien auf die Einnahmen der eigenen Führungen angewiesen. Weshalb das Museum Kong zuerst andere Gründe für das Führungsverbot angab, erklärt Thüring nicht.

Der frühere Direktor widerspricht

«Das Bernische Historische Museum lebt diese Regelung seit Jahren», behauptet die Kommunikationschefin. Der frühere Museumsdirektor Peter Jezler widerspricht: «Wenn auswärtige Gruppen kamen, haben wir uns immer gefreut, ob mit Hausführung oder externer Führung war egal.» Kommerzielle Führungsanbieter seien stets willkommen gewesen, auch während der Einstein-Ausstellung. Geld habe das Museum mit den Eintritten und den Verkäufen im Shop verdient, die eigenen Führungen jedoch «quasi zum Selbstkostenpreis» angeboten.
Für Jezler soll ein Museum ein «Forum für Diskussionen» bieten: «Das ist der Vorteil der Ausstellung gegenüber dem Theater oder Kino.» Er selber führe auch gerne durch fremde Museen. Das gleiche Recht hätten fremde Gruppen im Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen, dem Jezler heute vorsteht.
Ähnlich halten es andere Schweizer Museen. Das Zürcher Kunsthaus erlaubt externe Führungen, wenn sich die Gruppen vorher anmelden. Ein Gruppenführungssystem sei nicht nötig, teilt das Museum mit. Im Klee-Museum sind Gruppen mit externen Führern jederzeit auf Anmeldung willkommen, gegen ein Entgelt von fünfzig Franken ans Museum. Im Kunstmuseum Bern seien Gruppenbesuche mit externer Führung selbst ohne Anmeldung erlaubt, und zwar «ohne Auflagen», präzisiert das Kunstmuseum.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Der Autor war zusammen mit Wissenschaftsjournalisten und Kong Xian Chu auf einer Reise in China.

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