Weihnachten – Fest des römischen Sonnengottes
Alles begann mit einem Krieg in Syrien: Die Initialzündung für das heutige Weihnachtsfest war eine Schlacht im palmyrenischen Reich, dessen Hauptstadt Palmyra (arabisch Tadmur) im heutigen Syrien liegt. Der römische Kaiser Aurelian besiegte dort im Jahr 272 die palmyrenischen Truppen und nahm deren Führerin Zenobia gefangen. Zum Dank für diesen Sieg erklärte Aurelian den 25. Dezember – den Geburtstag des unbesiegbaren Sonnengottes Sol invictus – zum reichsweiten Feiertag. Dabei knüpfte Aurelian an die bestehende Sol-Verehrung des Mithraskultes an, der ursprünglich aus Persien und Ägypten stammte.
Kaiser Konstantin brachte die Wende
Für heutige Europäer klingt der Mithraskult ziemlich vertraut: Mithras wurde vom Vatergott ausgesandt, das Böse in der Welt zu besiegen. Vor seinem Tod und seiner Auferstehung nahm er mit zwölf Anhängern ein letztes Abendmal ein. Als Sol invictus wurde Mithras mit Strahlenkranz und Heiligenschein dargestellt. Seine Anhänger glaubten an Himmel und Hölle, das letzte Gericht, die Dreifaltigkeit Gottes, die Unsterblichkeit der Seele und die Auferstehung. Der Mithraskult kannte die Sakramente der Taufe, Firmung und Kommunion sowie Messfeiern mit Hostien und Weihwasser. Das Oberhaupt hiess «Papa» und trug eine Mitra, die Vorläuferin der Bischofsmütze. Wegen dieser Ähnlichkeit traten das Christentum und der Mithraskult im römischen Reich in Konkurrenz. Wobei vorerst der Mithraskult dominierte (siehe Links unten).
Doch das sollte sich bald ändern: Ein halbes Jahrhundert nach der Schlacht von Palmyra und der Einsetzung des Feiertages für Sol invictus durch Kaiser Aurelian erklärten die Christen den Geburtstag des römischen Sonnengottes zum Geburtstag ihres Meisters und Lehrers Christus. Das Weihnachtsfest am 25. Dezember war aus dem heidnischen Feiertag geboren. Diese wundersame Geburt war nur möglich wegen der sogenannten «Konstantinischen Wende», welche das Schicksal Europas entscheidend prägte.
Heidnischer Sonnengott wurde umfunktioniert
Im Jahr 312 griff Kaiser Konstantin die Stadt Rom an, um deren Besetzer Maxentius zu vertreiben. Bei der Milvischen Brücke kam es zur Schlacht. Obwohl zahlenmässig unterlegen, siegten Konstantins Truppen. Wie die Legende berichtet, hatte er am Vorabend der Schlacht eine Vision des Kreuzes Christi und führte seinen Sieg darauf zurück. Diese Christus-Vision brachte die Wende für das Christentum und den Sieg über den Mithraskult. Bereits im Jahr 313 kam es zum Edikt von Mailand, mit welchem der weströmische Kaiser Konstantin und der oströmische Kaiser Licinius die Religionsfreiheit ausriefen.
Im Jahr 325 lud Kaiser Konstantin zum Konzil von Nicäa, wo der Geburtstag des römischen Sonnengottes Sol invictus in den Geburtstag von Christus umfunktioniert wurde. Weihnachten war aus dem Geburtstag des heidnischen Sonnengottes geboren, dessen Wurzeln noch viel weiter zurückreichten, nämlich in die Zeit der Perser und Ägypter. Bereits der Pharao Amenophis IV. huldigte 1400 Jahre vor unserer Zeitrechnung dem Sonnengott Aton. Aber auch die Kelten und viele andere Völker feierten den Tag der Sonnenwende.
Katholische Kreise liefern biblische Erklärung
Interessant ist es, wie sich katholische Kreise das Datum des 25. Dezember erklären. Zum Beispiel das «unabhängige katholische Nachrichtenportal» www.kath.de: Dort wird das Konzil von Nicäa zwar erwähnt, aber von einer Transformation des Geburtstages des heidnischen Sonnengottes ist nirgends die Rede. Vielmehr liefert das katholische Internetportal eine biblische Erklärung: Gemäss dem Evangelisten Lukas wurde Jesus sechs Monate nach Johannes dem Täufer geboren. Zudem steht im Johannesevangelium der Satz: «Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden». Daraus zieht das katholische Internetportal den kühnen Schluss: «Dieses Wort wurde auf die Sonne bezogen. Nach dem Fest des Täufers nimmt die Sonne ab, nach dem Fest der Geburt Christi nimmt die Sonne zu. Daher liegt das Geburtsfest des Täufers auf dem Tag der Sommersonnenwende, der Geburtstag Jesu auf dem der Wintersonnenwende.»
Tausendjähriger Schatten senkte sich über Europa
Nach der Konstantinischen Wende setzte der Siegeszug des Christentums ein. Im Jahr 337 liess sich Kaiser Konstantin taufen und 392 erklärte Kaiser Theodosius das Christentum zur alleinigen Staatsreligion. Er verbot die heidnischen Religionen und im Jahr 394 sogar die olympischen Spiele zu Ehren der griechischen Götter. Die Christen übernahmen nicht nur den Weihnachtstag aus dem Mithraskult, sondern auch zahlreiche, andere Rituale. Die Tempel des Mithraskultus hingegen wurden zerstört und die Priester getötet. Über den heidnischen Altären entstanden die christlichen. Aber der Sonnengott Sol invictus lebte in den Darstellungen von Christus mit Strahlenkranz und Heiligenschein fort. Das Heidentum als Steinbruch für das Christentum: Was die Christen als heidnisch verdammten, transformierten sie ohne Skrupel in ihre eigenen Kulte (siehe Links unten).
Mit dem Mithraskult wurde auch die antike Kultur zu Grabe getragen. Im Jahre 529 befahl Kaiser Justinian I. die Schließung der Platonischen Akademie in Athen. Ein tausendjähriger Schatten senkte sich über Europa.
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Diesen Artikel hat Infosperber erstmals am 20. Dezember 2012 veröffentlicht.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Bitte bei solchen Beiträgen die historischen Fakten genau prüfen und wiedergeben – und nicht einfach pauschal Dinge behaupten, nur weil es der eigenen Ideologie entspricht.
Schlüsselmotiv des Mithraismus ist die Tauroktonie (Stiertötungsszene), die so gar keine Parallelen zum Christentum aufweist.
Mithras ist, trotz dem Beinamen Sol Invictus, nicht identisch mit der Gottheit Sol, sondern dieser entweder ebenbürtig oder sogar als Sieger übergeordnet. Mit Gloriole wird aber nur Sol dargestellt, nicht Mithras (cf. oben). Zudem wird Mithras i.d.R. mit einer phrygischen Mütze dargestellt, dessen Umhang auf der Innenseite einen Sternenhimmel zeigt.
Der Mithras-Kult verschmolz also nie mit der Sol-Verehrung und war auch nie Staatsreligion, sondern blieb ein Mysterienkult Initiationsstufen. Frauen waren übrigens – anders als im Christentum – explizit ausgeschlossen.
Heute wird allgemein anerkannt, dass die persische Gottheit Mithra nicht in direktem Zusammenhang mit dem viel später entstandenen Mithraskult steht. Da sich der Mithraismus und das Christentum fast zeitgleich verbreiteten, so ist, Was die Gemeinsamkeiten mit dem Christentum anbelangt, unklar, wer von wem was übernommen hat. Man kann also nicht pauschal behaupten, das Christentum habe sich beim Mithraismus «bedient".
Praktisch alle ergrabenen Mithräen weisen – anders als der Autor hier unterstellt – eben keine Zerstörungsspuren auf, sondern wurden schlicht aufgegeben. Selbst dort, wo heute Kirchen über den Mithräen stehen, wurden diese lediglich durch den Kirchenbau beschädigt.
Ein paar ausführliche Lektüre-Minuten bei Wikipedia reichen aus, um dies herauszufinden.
Der Wikipedia-Artikel liest sich tatsächlich anders http://de.wikipedia.org/wiki/Mithraismus_und_Christentum
Es ist schade, dass Kurt Marti nicht wirklich ausführt, auf welchen Quellen die Aussagen beruhen, wodurch sich die unterschiedlichen Darstellungen erklären lassen dürften.
Der Autor beschreibt, warum nach der konstantin. Wende Weihnachten am 25. Dezember gefeiert wird. Das ist kirchengeschichtliches Grundwissen (auch in kath. Theologie). Dass Motive des Sol Invictus und altorientalicher Sonnenverehrung (wie ägyptische und andere Motive z.B. in den Psalmen – vgl. Othmar Keel, Fribourg) in die jüdisch-christliche Metaphorik einflossen, ist unbestritten. Doch erschöpft sich Weihnachten nicht in dem Mythos, da es legendarisch beschreibt, wie es konkret zu dem einen Menschen Jesus v. Nazareth kam und seine Geburt (und sein Menschsein) feiert. Die frühen Christen, bzw. Juden, die in Jesus den Messias sahen, hatten unterschiedliche Vorstellungen, wann die Menschlichkeit und die kategorial davon zu unterscheidende Göttlichkeit in ihm zusammenfielen: a) präexistent bei der Schöpfung (Johannes), b) Empfängnis/Geburt (Matthäus, Lukas), c) Taufe (Markus), oder die d) Auferstehung (Römerbrief 1,4).
Eine Stärke des Narrativs ist es, dass es Menschen unterschiedlicher Kulturen mit ihrem Verstehenshorizont ansprach und so den Zugang zu dem Geschehen ermöglichte , dass wirklich Freiheit bedeutet und Gottes Wirken als Liebe erschloss.
Dabei möchte ich auf den Artikel in der NZZ verweisen, diesmal ohne Fake-News, das aus meiner Sicht als Theologe den Kern gut trifft und verstehen hilft:
http://www.nzz.ch/feuilleton/weihnachten-die-geburt-der-freiheit-ld.136586
Friedliche und frohe Weihnachten.
Das angespielte Thema war das Hauptmotiv meines Oratorium-Textes für den exzellenten Schweizer Komponisten Carl Rütti: «Heiligkreuz-Oratorium» (2013), wobei es sich lohnte, die Lebensgeschichten von Konstantin und Helena zu rekonstruieren. Die synkretistischen Elemente waren unentbehrlich für Religionspropaganda, nicht für den religiösen Gehalt selber. @Gisiger. Wikipedia ist Information für knapp dem Analphabetismus Entronnene, es gibt in der diesbezüglichen Forschung sowieso nichts, das allgemein anerkannt wäre. Habe seit 1969 bei Prof. Walter Burkert über diese Mysterienreligionen gearbeitet. Nicht nur beim Metzgerpatron Mithras gehts um das Phänomen des «deus necans», des tötenden und zum Teil getöteten Gottes, ein besonders absurder Gesichtspunkt von Religion. @Mächler. Die Sache ist zu komplex, dass Marti hier noch gross mit Quellen kommen kann. Besuchen Sie mal das archäologische Museum in Strassburg, die Kirche St. Leu in Paris und natürlich das Heiligtum Heiligkreuz im Entlebuch, dann sehen Sie weiter. Der dortige Heilige Stier ist natürlich ein Mithras-Stier. Die «Heiligkeit» des Stieres hatte noch Spätfolgen im Mittelalter, insofern zur Zeit des Bruder Klaus nur der Pfarrer einen Zuchtmuni halten durfte und die Stierprivilegien bekanntlich nach dem Weissen Buch von Sarnen noch ein Anlass zur Urschweizer Befreiungslegende gewesen sein sollen. Das Synkretistische von Christentum und Heidentum lässt sich zum Beispiel auch im Walliser Thebäerkult teilweise nachweisen.
Sie melden zu Recht in einem früheren Beitrag, dass man nicht Berichte verfassen sollte, die sich auf «wurde gesagt» oder «wurde gehört» beziehen. Ausgerechnet in diesem wichtigen Beitrag verzichten Sie auf geschichtlich wissenschaftliche Quellen. Das kommt mir als nicht-Katholik und glaubenkritischem Menschen schon etwas spanisch vor.
@Sommer. Falls Sie mich meinen sollten: Noch interessant, die «Historie über die Herkunft und Jugend Constantin des Grossen und seine Mutter Helena», im lateinischen Original der antiken Handschrift Anonymus Heidenreichianus Incerti auctoris de Constantino Magni eiusque matre Helena Libbellus, Trier 2010. Noch mehr zu Mithras z.B. in «Homo necans», einem Standardwerk von Walter Burkert, ferner André Piganio «L’empereur Constantin», Paris 1932. Sehr weiterführend über Mithras, Sol invictus usw. die mythologiegeschichtlichen Werke von Karl Kerenyi. Nicht zu übersehen eine Reihe neuerer Dissertationen zum Thema, die mir wertvolle Aufschlüsse für das Heiligkreuzoratorium brachten, wobei immer klarer wird, wie stark die Rolle des Kaisers Konstantin später stilisiert wurde. Er war weniger ein Christ als ein frühmachiavellistischer Politiker, der aus dem Sonnenkult und dem Christentum eine Ideologie des Sieges über seinen Mitkaiser machte, der aber seinerseits bereits auf das Christentum setzte. Das kann hier aber nicht ausgeführt werden, ausser dass frühere Schulbuchversionen und Religionsgeschichtsversionen weithin als überholt zu betrachten sind.
Infosperber lebt von seiner Glaubwürdigkeit. Was vor 15 Jahren (anders als heute und zumindest für mich) für den SPIEGEL galt, gilt heute für euch: Ich gehe bis zum Beweis des Gegenteils davon aus, dass das, was ihr schreibt, faktisch korrekt und seriös recherchiert ist. Artikel wie der obige zerstören dieses Vertrauen.
Wenn Kurt Marti u.a. plakativ schreibt «Mithras wurde vom Vatergott ausgesandt, das Böse in der Welt zu besiegen. Vor seinem Tod und seiner Auferstehung nahm er mit zwölf Anhängern ein letztes Abendmal ein. Als Sol invictus wurde Mithras mit Strahlenkranz und Heiligenschein dargestellt. Seine Anhänger glaubten an Himmel und Hölle, das letzte Gericht, die Dreifaltigkeit Gottes, die Unsterblichkeit der Seele und die Auferstehung. Der Mithraskult kannte die Sakramente der Taufe, Firmung und Kommunion sowie Messfeiern mit Hostien und Weihwasser», dann tut er das ohne Quellenangabe und bleibt in Sachen Einordnung und Erklärung selbst hinter vergleichbaren Wikipedia-Artikeln weit zurück.
Leser haben Euch bereits 2012 auf diesem Missstand hingewiesen – trotzdem rezykliert ihr den Artikel ohne Ergänzung oder Korrektur. Das schreibt euch kein erboster Katholik (ich bin überzeugter Agnostiker), sondern ein Leser, der auf Eure Seriosität vertraut. Oder doch zumindest erwartet, dass ihr populärwissenschaftliche Polemiken als solche kennzeichnet. Kurzum: Verkauft eure Leser nicht für dumm – das machen schon genug andere Medien.
@Ritter. Im Hinblick auf das «Populärwissenschaftliche» haben Sie natürlich recht. Zu bedenken ist, dass Kurt Marti im Wallis eine Art später Kulturkämpfer ist, und dass seine Ausführungen über den Sonderbundskrieg, St. Maurice und jetzt auch über Mithras ähnlich wie bei den Kulturkämpfern des 19. Jahrhunderts vereinfachte popularisierte und manchmal tendenziöse Gebrauchsgeschichte gegen den Walliser Katholizismus ist. Vor Tendenz-Darstellungen von Religion schreckte seinerzeit auch Marx und Engels nicht zurück, wobei solche Darstellungen keineswegs alles falsch sehen. Sie drücken den jeweiligen Zeitgeist aus, vor dem auch Historiker nicht gefeit ist. Marti hat wie andere Kulturkämpfer ein Studium abgeschlossen. Objektiv sind die historischen Vereinfachungen im politischen Argumentieren bei Peter Bodenmann regelmässig eher schlimmer. Natürlich ist das von Ihnen gebrachte Zitat im Hinblick auf die Symbolgeschichte der Sakramente höchst simplifiziert, in dieser Vereinfachung möglicherweise der Provokation dienend. Das Ziel ist allenfalls die Relativierung des herkömmlichen Glaubens. Bei gründlicher historisch-kritischer Arbeit ergibt sich das indes auch, wobei es aber schon anderes aussieht, wenn man die Funktion der Religion zum Beispiel als «Bewältigung der Kontingenz des Daseins» (Hermann Lübbe) auffasst, wozu Rituale unerlässlich sind, und zwar über die verschiedenen religiösen Konfessionen und Denominationen hinaus. Noch die säkularisierte Religion bedarf der Rituale.
@Meier: Danke für die ergänzenden Ausführungen. Und tatsächlich: Kurt Marti zum Populärwissenschaftler zu machen, war bzw. ist wohl ungerecht. Und ich stimme Ihnen ja auch zu, dass «vereinfachte popularisierte und manchmal tendenziöse Gebrauchsgeschichte» durchaus ihre Berechtigung hat, und auch gegen «historische Vereinfachungen im politischen Argumentieren» habe ich – je nach Kontext – nicht pauschal etwas. Allerdings sehe ich (ob zu Recht oder Unrecht sei dahingestellt) den durchschnittlichen Infosperber-Leser nicht als jemanden, der solche Zuspitzungen und Vereinfachungen braucht. Ich für meinen Teil lese Infosperber ja gerade deshalb, weil ich hier nicht Zuspitzung und Popularisierung suche, sondern sauber recherchierte Fakten (und oft genug auch genau das zu finden glaube). Deshalb auch meine Kritik. Religion und ihre (säkularisierten) Rituale belasten mich weniger.
@Herr Marti weiss selber gut genug, dass ich ihn gelegentlich genau in der Richtung kritisierte, wie Sie es tun. Zwischenzeitlich ergab sich aber eine gewisse Akzeptanz, was nicht mit Übereinstimmung zu verwechseln ist. Selber habe ich Marti bis auf weiteres nicht mehr zu schulmeistern, glaube aber, dass er sich vom sorgfältigen Arbeiten etwa eines Jo Lang, der auf seine Weise Kulturkämpfe eher analysiert als selber betreibt, noch gleichsam ein Stück für die Weiterentwicklung abschneiden könnte. Ich bin überzeugt, dass die Redaktion von is die Ansprüche, die Sie stellen, als Respekterweisung zur Kenntnis nimmt.
PS. An@Marti. Betrifft: synkretistisch. Was sie mit der Bezeichnung «Das Christentum ist eine synkretistische Religion» vernünftigerweise meinen können, betrifft die für das religiöse Bewusstsein z.B. des Katholizismus und der Orthodoxie tatsächlich wichtigen kultischen Elemente, aber nicht den Glauben an sich, am wenigsten, wenn wir von der Glaubensdefinition von Karl Barth ausgehen, der zwischen Glaube (existentieller Vollzug) und Religion (eine gleichsam volkskundliche Angelegenheit) deutlich unterscheidet, zumal auf der Basis der Paulinischen Theologie. Als Nicht-mehr-Christ können Sie vielleicht durchaus zugeben, dass das dialektische Niveau von Augustinus über Luther bis Karl Barth oder gar Rudolf Bultmann nun mal mit dem vergleichsweise fundamentalistischen Glaubensverständnis des Islam nicht zu verwechseln ist. Gilt übrigens durchaus auch für das gewaltige Gesamtwerk des Thomas von Aquin, das sich mal lohnt, gegen den Strich herkömmlicher Dogmatik gelesen zu werden, wie es zum Beispiel Karl Rahner versuchte. Auch er ein ausgeprägter mit allen Wassern gewaschener Dialektiker, der es in dieser Hinsicht mit jedem Reform-Marxisten aufnahm.