Die Superreichen sind noch reicher als angenommen
198’000 Euro brutto – so hoch war laut offizieller Erhebung das mittlere Einkommen der deutschen Topverdiener im Jahr 2013. Doch jetzt zeigen neue, bisher unveröffentlichte Daten: In Wahrheit hat das oberste Prozent der reichsten Deutschen im Jahr 2013 mehr als doppelt so viel kassiert, nämlich im Schnitt 442’000 Euro. Das berichtet das ARD-Magazin «Monitor».
Wie hoch die Einkommen der Spitzenverdiener in Deutschland tatsächlich sind, war bislang nur vage bekannt. Die Daten dazu stammen überwiegend aus dem Sozio-ökonomischen Panel (SOEP), einer jährlich durchgeführten repräsentativen Befragung. Diese Erhebung bildet die Grundlage für zahlreiche Studien, unter anderem auch für den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung.
Offizielle Statistik zeigt ein verzerrtes Bild
Laut «Monitor» ist aber die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland erheblich grösser als offizielle Erhebungen bisher annahmen. Und die Einkommensgruppen driften immer weiter auseinander. Während Durchschnittsverdiener in den vergangenen Jahren nur marginal vom Wirtschaftsboom profitieren konnten, stiegen die Löhne der Topverdiener massiv an. Das zeigen Lohndaten der Unternehmensberatung Kienbaum, die «Monitor» ausgewertet hat. Die Tabellen liefern verlässliche Zahlen zu den Einkommen von Führungskräften aus 1300 Unternehmen. Gemäss diesen Daten sind die Löhne bei Geschäftsführern von 1997 bis 2014 im Schnitt um 42 Prozent angestiegen. Die Einkommen von Vorständen legten um 59 Prozent zu, jene von DAX-Vorständen schossen gar um 186 Prozent in die Höhe. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum stiegen die Einkommen von Durchschnittsverdienern nur um 15 Prozent.
Lohnentwicklung: Plus 186 Prozent bei DAX-Vorständen, nur 15 Prozent bei Durchschnittsverdienern. (Quelle: ARD)
Experte fordert höhere Steuern für Spitzenverdiener
Wirtschaftsprofessor Peter Bofinger hält die von «Monitor» veröffentlichten Zahlen für äusserst relevant. «Man sieht hier, die Schere zwischen Arm und Reich hat sich weiter geöffnet als es in den bisherigen Statistiken abgebildet wird», sagte Bofinger im Interview mit «Monitor». Bofinger, der als Wirtschaftsweiser die Bundesregierung berät, sieht die Politik in der Pflicht, das Auseinanderdriften der Einkommensgruppen zu korrigieren. «Aber es ist genau das Gegenteil geschehen», kritisiert er die Steuerpolitik des Bundes. Denn: Das oberste Prozent der Reichen profitierte in den vergangenen Jahren nicht nur vom überdurchschnittlichen Lohnanstieg, gleichzeitig wurde der Spitzensteuersatz schrittweise gesenkt. Derzeit liegt der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent, für Einkommen ab 250’000 Euro werden noch drei Prozentpunkte sogenannte Reichensteuer dazugerechnet.
Angesichts der von «Monitor» veröffentlichten Zahlen plädiert Bofinger dafür, die Steuern für hohe Einkommen zu erhöhen. «Aus meiner Sicht würde es naheliegen, wieder zu den Steuersätzen zurückzukehren, die wir in den 90er-Jahren hatten. Und das war ein Spitzensteuersatz in der Einkommenssteuer von 53 Prozent.»
Wirtschaftsprofessor Peter Bofinger: Plädiert für höhere Steuern auf Spitzeneinkommen. (Quelle: ARD)
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine.