Briten zählen immer weniger Insekten auf der Scheibe
Wer schon einige Jahrzehnte den Fahrausweis hat, dem ist womöglich aufgefallen, dass bei sommerlichen Fahrten immer weniger Insekten auf der Scheibe oder am Visier kleben. «Hat die Zahl der Insekten in den letzten Jahrzehnten wirklich so sehr abgenommen?», fragt sich da mancher.
Für die Schweiz lässt sich das nicht genau sagen, in Grossbritannien ist der Schwund dank der Mithilfe vieler Bürgerinnen und Bürger belegt. Zwischen 2004 und 2021 ist die Zahl der im Strassenverkehr getöteten Insekten um 58,5 Prozent zurückgegangen, dokumentierte das Citizen-Science-Projekt «Bugs Matter».
Als Versuchsfläche diente das Nummernschild
Ein wissenschaftliches Projekt hat dafür aus der Windschutzscheiben-Beobachtung eine Messmethode gemacht. Als Versuchsfläche diente nicht die Scheibe, sondern das Kennzeichen. In den Sommermonaten 2021 zählten hunderte Freiwillige in Grossbritannien zerquetschte Insekten auf ihren Nummernschildern. Sie dokumentierten in tausenden Fahrten, wie es um die Insektenpopulation im Land steht.
Nicht gut, stellte sich heraus. Forschende der Organisationen «Buglife» und «Kent Wildlife Trust» verglichen die Zahlen mit denen einer Untersuchung von 2004, und mit einer Zählung von 2019 in der Grafschaft Kent. 2004 waren 0,24 Insekten pro Meile an die Kennzeichen geklatscht, 2019 waren es in Kent nur 0,098. Im vergangenen Jahr zählten die Forschenden 0,104 «Splats per Mile».
Die meisten Fahrten fanden dabei zwischen 5 h und 22 h statt. Die «Splat Rate» nahm dabei mit jeder Stunde des Tages um sechs Prozent zu. Für jedes Grad Tagesmitteltemperatur mehr stieg sie um zwei Prozent. Mit zunehmender Nähe und Dichte der umgebenden Vegetation erhöhte sie sich ebenfalls.
Den grössten Rückgang der Insektenpopulation (65 Prozent) gab es dabei in England, den kleinsten (28 Prozent) in Schottland, Wales lag mit 55 Prozent dazwischen. Die Zahl der Fahrten, nach denen es gar keine toten Insekten zu zählen gab, stieg zwischen 2004 und 2021 von 7,8 Prozent auf 39,5 Prozent an.
Die Teilnehmenden betrieben dazu einigen Aufwand. Sie mussten ihr Kennzeichen vor jeder dokumentierten Fahrt reinigen. Nach der Fahrt zählten sie mit Hilfe einer Schablone die Insekten, die darauf klebten, und gaben das Ergebnis in eine «Splatometer-App» ein. Diese dokumentierte zusätzlich die gefahrene Strecke, Ort und Geschwindigkeit der Fahrt sowie die Tageszeit. Sehr kurze Wege und Fahrten bei Regen sortieren die Wissenschaftler aus, um Verzerrungen zu vermeiden. Am Ende wurden 3348 Fahrten über rund 196’000 Kilometer ausgewertet.
Andere Untersuchungen bestätigen die Ergebnisse
Die Ergebnisse seien mit etwas Vorsicht zu betrachten, schreiben die Forschenden in ihrer Auswertung. Bisher gebe es nur drei Referenzpunkte aus drei Jahrgängen, von denen sich einer nur auf Kent bezieht. Die Zahl der Insekten könne von Jahr zu Jahr durchaus schwanken. Mehr Daten sollen hinzukommen, «Bugs Matter» soll auch diesen Sommer durchgeführt werden.
Andere Studien bestätigen die Ergebnisse und stellen ebenfalls einen dramatischen Rückgang der Insekten fest. Ein Citizen-Science-Projekt in Dänemark beispielsweise fand in einer Untersuchung über mehrere Jahre einen noch grösseren Insektenschwund.
Für das ökologische Gleichgewicht ist das eine schlechte Nachricht. Insekten stehen nicht nur am Anfang der Nahrungskette, sie spielen auch eine wichtige Rolle für Bestäubung und Bodengesundheit. Als Ursache des Insektensterbens gelten übermässiger Düngemitteleinsatz, Pestizide und der Verlust von Brachflächen und Feldrändern.
Auch landwirtschaftliche Methoden wie frühes Mähen der Wiesen und die zunehmende Lichtverschmutzung tragen zum Rückgang der Insekten bei. Mehrere europäische Länder haben dazu die Aktion «mähfreier Mai» oder «No mow may» ins Leben gerufen, die ebenfalls aus Grossbritannien stammt.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Vor lauter Kriegshysterie und den damit verbundenen Machtansprüchen gerät der Klimawandel immer mehr in den Hintergrund, obwohl dessen Auswirkungen die eines jeden Krieges übertreffen werden. Sie kommen langsam, aber gewaltig. Seit langem steht fest, dass die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad reines Wunschdenken ist. Kriege tragen durch Emissionen und Rohstoffverbrauch erheblich zur Beschleunigung bei, von den menschlichen Opfern ganz abgesehen. Wann wird uns bewusst, dass wir uns den Luxus von Kriegen gar nicht mehr leisten können, sondern alle menschlichen, finanziellen und materiellen Ressourcen brauchen, um zu überleben? Dabei sind Insekten ein wichtiger Puzzlestein für die weltweite Ernährung und Indikator für eine funktionierende Umwelt. So lange aber der Profit der Konzerne den empathie- und skrupellosen Mächtigen wichtiger ist als das Überleben der Menschheit und Kriege u.a.für Machterhalt und Gewinnmaximierung geführt werden, wird es bald nicht nur die Insekten treffen.
Das intensive Befahrung und Verdichten der landwirtschaftlichen Böden ist ein wesentlicher zusätzlicher Treiber des Insektensterbens der leider in solchen Artikeln stets vergessen geht. Heute wird mit dem Mähdrescher das Gras eingebracht.
Der grosse Treiber hinter all diesen Faktoren ist jedoch der abartige Konsum von Fleisch- und Milchprodukten. Ca. 80 % der Agrarfläche wird global dafür benötigt – inkl. Dünger-, Treibstoff- und Pestizideinsatz sowie Raubbau am Regenwald, Bodendegenerierung etc!
Der grösste Beitrag, den jeder gewöhnliche Mensche für Natur und Klima leisten kann und sollte! ist sein Fleisch- und Milchkonsum deutlich zu reduzieren.
Trotzdem kommt keiner auf die Idee, dass das etwas mit der Bevölkerungsexplosion zu tun haben könnte! Die Menschheit gestaltet bald den letzten Quadratmeter Landfläche für die eigenen Bedürfnisse um. Bei den Meeren ist es nicht anders. Da haben Insekten natürlich nur einen kleinen Stellenwert. Niemand scheint zu begreifen, dass Klimawandel auch etwas mit den Menschen zu tun hat und zwar nicht nur mit der Art wie sie leben sondern vor allem auch mit ihrer Anzahl. Wachstum ist in aller Munde, nur nicht das Wachstum der Menschheit. Insektizide, Überdüngung und Monokulturen sind sicher wichtige Faktoren. Die werden aber gerade durch die Übervölkerung gefördert. In weniger als 100 Jahren sind wir von 2 Milliarden auf über 8 Milliarden Menschen gewachsen und es gibt noch nicht einmal eine Stabilisierung dieses Wachstums.