«Bill Gates erzwingt seine Lösungen auf antidemokratische Art»
mfr. – Der Investigativjournalist Tim Schwab verfolgt seit Jahren die Arbeit der Gates-Stiftung und ihres Gründers Bill Gates. So deckte er beispielsweise 2020 auf, dass die Gates-Stiftung über 250 Millionen US-Dollar an Medienunternehmen überwies, darunter die «Financial Times», «BBC», «The Guardian», «Le Monde», «Al-Jazeera» und diverse weitere. 2023 fasste Schwab seine umfangreichen Recherchen in seinem Buch «Das Bill-Gates-Problem: Der Mythos vom wohltätigen Milliardär» zusammen – ohne mit Bill Gates gesprochen zu haben. Denn sowohl der Multimilliardär als auch dessen Stiftung hätten diverse Interviewanfragen von Schwab ignoriert oder abgelehnt, schreibt er in seinem Buch, das auf hunderten von Quellen beruht. Das folgende Interview mit Tim Schwab erschien zuerst auf der Website des Vereins Gen-ethisches Netzwerk.
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Sie haben letztes Jahr das Buch «Das Bill-Gates-Problem» [1] veröffentlicht. Was hat Sie dazu motiviert, sich mit Bill Gates zu beschäftigen?
Da gibt es diesen phänomenal reichen Mann, Bill Gates. Er ist heute 130 Milliarden Dollar schwer und leitet eine sehr mächtige private Stiftung, die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung, deren Stiftungsvermögen heute 67 Milliarden Dollar beträgt. Er hat sehr viel Geld, aber auch sehr viel Einfluss auf der Weltbühne. Er reist um die Welt, trifft sich mit Regierungsvertreter*innen, setzt Prioritäten, beeinflusst die Agenda von Regierungen und bestimmt mit, wie Steuergelder ausgegeben werden.
Einer der faszinierendsten Teile des Buches war für mich, wie Stiftungen in den USA funktionieren. Könnten Sie das etwas erläutern in Bezug auf die Gates-Stiftung, woher das Geld kommt und wie sie ihr Geld einsetzt?
In den Vereinigten Staaten ist sie als gemeinnützige private Stiftung eingetragen, und es gibt nur sehr wenige Regeln und Vorschriften für ihre Funktionsweise: Bill Gates spendet Geld aus seinem Privatvermögen an seine private Stiftung und erhält dafür aufgrund des US-Steuerrechts massive persönliche Steuervorteile. Nun liegt dieses Geld auf dem Bankkonto der Gates-Stiftung, wo es in den meisten Jahren Milliarden von Dollar an Kapitalerträgen generiert. Auch dies ist ein steuerfreies Einkommen und ein Grund, warum die Gates-Stiftung im Laufe der Zeit wächst. Man würde erwarten, dass die Rücklagen und das Stiftungsvermögen einer Institution, die Geld ausgibt, im Laufe der Zeit abnehmen. Doch bei der Gates-Stiftung ist genau das Gegenteil der Fall: Sie wird mit der Zeit immer reicher.
Das Stiftungsvermögen wird in alles Mögliche investiert, von privaten Gefängnissen bis hin zu Fast-Food-Unternehmen. Die Stiftung ist so aufgestellt, dass sie mit Produkten, Praktiken und Industrien Geld verdient, von denen viele sagen würden, dass sie genau den armen Menschen schaden, denen sie helfen will oder soll. Es gibt hier also eine Art von widersprüchlicher Mission oder widersprüchlicher Ethik. Zu den grössten Empfängern von Geldern der Gates-Stiftung gehören Organisationen, bei denen die Stiftung selber im Vorstand vertreten ist. Ich glaube, der Hauptempfänger ist eine Organisation zur Beschaffung von Impfstoffen namens Gavi in der Schweiz.[2] Und die Gates-Stiftung sitzt im Vorstand. Bill Gates spendet also Geld aus seinem Privatvermögen an seine private Stiftung, über die er weiterhin die Kontrolle ausübt, und das Geld geht dann an eine externe Organisation, bei der die Stiftung im Vorstand sitzt. Ab einem gewissen Punkt muss man sich fragen: Ist das noch Wohltätigkeit?
Bill Gates hat seine Karriere als Gründer von Microsoft gemacht. Hat er Strategien aus diesem Geschäft in seine Stiftung übernommen?
Ich glaube, wir haben das erste Kapitel von Bill Gates als Software-Technologe, dem Chef von Microsoft, entweder vergessen oder es ihm verziehen. Wir stellen uns vor, dass er ein kaltherziger Kapitalist war, und jetzt ist er dieser gutherzige Philanthrop, der seinen Charakter, seine Persönlichkeit und seine Ambitionen wirklich verändert hat. Aber das ist absolut nicht der Fall. Bill Gates ist heute noch genau die gleiche Person, die Microsoft geleitet hat. Das zeigt sich auch in den Werten und Methoden, die er in die Gates-Stiftung einbringt. So arbeitet er zum Beispiel mit den grössten multinationalen Pharmaunternehmen zusammen, um neue Medikamente und Impfstoffe auf den Markt zu bringen. Das folgt einer klassisch neoliberalen Denkweise. Es geht um marktorientierte Lösungen, es geht um die Macht der Unternehmen, es geht um Technologie als Lösung für alles und darum, dass geistiges Eigentum um jeden Preis bewahrt werden muss.
Ausserdem ist die Gates-Stiftung mit Microsoft darin vergleichbar, dass ihr heute vorgeworfen wird, eine brutale Monopolmacht auszuüben, weil sie so viel Geld hat, dass sie sich in ein bestimmtes Gebiet einkaufen und es weitgehend übernehmen kann. Das wirft viele Fragen über die so produzierte Wissenschaft und Forschung auf und darüber, wie effektiv die Stiftung bei dieser Arbeit tatsächlich ist. In vielen Bereichen, in denen die Gates-Stiftung tätig ist, wird ihr vorgeworfen, mehr Schaden als Nutzen zu verursachen. Nachdem ich dieses Buch geschrieben habe, bin ich ebenfalls zu diesem Schluss gekommen. Ich bezweifle nicht, dass Bill Gates es gut meint und er wirklich glaubt, der Welt zu helfen. Das Problem ist, dass er der Welt auf die einzige Art und Weise hilft, die er kennt, nämlich indem er die Kontrolle übernimmt. Er erzwingt also seine Ideen und Lösungen auf eine grundlegend antidemokratische Art und Weise, die kontraproduktiv ist und alle möglichen Kollateralschäden und Opportunitätskosten verursacht.
Eine Besonderheit der Gates-Stiftung besteht darin, dass sie Geld an Privatunternehmen wie Pfizer spendet, was die gängige Definition von Wohltätigkeit sprengt.
Tim Schwab
Wo sehen Sie das Problem in Bezug auf die Forschungsgelder, die von der Stiftung kommen?
Eine Besonderheit der Gates-Stiftung besteht darin, dass sie Geld an Privatunternehmen wie Pfizer spendet, was ebenfalls die gängige Definition von Wohltätigkeit sprengt. Warum sollten wir Bill Gates oder der Gates-Stiftung Steuervorteile gewähren, wenn sie Geld an ein grosses, multinationales Pharmaunternehmen spenden? Wenn es um Menschen geht, die sich den Zugang zu lebensrettenden Medikamenten nicht leisten können, ist Big Pharma dann wirklich ein humanitärer Partner bei der Lösung dieses Problems, oder ist sie das Hindernis?
Die Gates-Stiftung legitimiert und normalisiert Pharmaunternehmen als humanitäre Partner in humanitären Gremien. Damit steht sie demokratischen Strategien im Weg, die die Marktmacht von Big Pharma, deren lebensrettende Medikamente für arme Menschen zu teuer sind, in Frage stellen würden.
Die Gates-Stiftung hat eine Reihe von Projekten zur Marktgestaltung, wie sie es nennt, die versuchen, dieses Marktversagen zu umgehen. Sie versuchen, mit grossen Pharmaunternehmen Preise auszuhandeln und Grosseinkäufe zu tätigen. Das ist eine Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, aber nicht die einzige. Wenn man auf die Geschichte der Stiftung zurückblickt, ist es wohl der am wenigsten effiziente Weg und sicherlich der am wenigsten gerechte, was den Zugang zu Medikamenten angeht.
Bei der Gates-Stiftung gibt es grosse Transparenzprobleme, die den Einblick beschränken. Aber aus allem, was veröffentlicht wurde, können wir ablesen, dass etwa 90 Prozent der Spendengelder an reiche Länder gehen. Das sollte eigentlich widersinnig sein, denn wenn man die Website der Gates-Stiftung besucht, sieht man nur Bilder von namenlosen, armen Menschen, meist Schwarzen Frauen und Kindern sowie Frauen und Kindern of Colour, die lächeln. Aber wenn man dem Geld folgt, hilft das eigentliche Modell des sozialen Wandels von Gates nicht den Armen, sondern es hilft den Reichen, den Armen zu helfen.
Sehen Sie koloniale Tendenzen in der Arbeitsweise der Gates-Stiftung?
Ich glaube, dass die Gates-Stiftung etwas grundlegend Koloniales an sich hat, was meiner Meinung nach auf eine gewisse Voreingenommenheit innerhalb der Stiftung hindeutet: Sie glaubt nicht, dass die Armen der Welt die Fähigkeit haben oder jemals haben werden, für sich selbst zu sorgen. Sie stellt sich eine politische Zukunft vor, in der es Arme gibt, die immer arm sein werden, deren Leben sich aber durch die philanthropischen Bemühungen der reichsten Menschen der Welt, wie Bill Gates und die Gates-Stiftung, geringfügig verbessern wird.
Es ist interessant, dass es innerhalb von Feldern wie der Globalen Gesundheit oder Public Health und Armut jetzt eine politische oder soziale Bewegung gibt, die unter dem Hashtag «Decolonize global health» (Globale Gesundheit dekolonialisieren) auftritt, in der Wissenschaftler*innen, Aktivist*innen und Praktiker*innen den grundlegenden Kolonialismus in Frage stellen, den man in der Globalen Gesundheit sieht. Diese politische Bewegung ist noch nicht ganz bei der Gates-Stiftung angekommen. Aber in vielerlei Hinsicht stellt sie eine existenzielle Bedrohung für den Modus Operandi der Stiftung und für ihre Geschäftspraktiken dar.
Wenn wir unser Bill-Gates-Problem nicht in den Griff bekommen, ist dies unsere politische Zukunft, in Bezug auf den Klimawandel, künstliche Intelligenz, öffentliche Gesundheit, öffentliche Bildung und Migration – all diese Bereiche werden zunehmend von diesen obszön reichen Männern durch Philanthropie beeinflusst werden. Ich denke, dass dies ein sehr ernstes Problem für die Demokratie ist.
Tim Schwab
Glauben Sie, dass der Misserfolg der Alliance for a Green Revolution in Africa (AGRA) sich auf das Image der Institution ausgewirkt hat? Vielleicht könnten Sie für die Leser*innen zum Abschluss über dieses Beispiel reden?
Es ist fast zwei Jahrzehnte her, dass Bill Gates sagte, er wolle die afrikanische Landwirtschaft revolutionieren. Es begann mit einem Projekt namens Alliance for a Green Revolution (AGRA) auf dem afrikanischen Kontinent. Das Modell entsprach im Wesentlichen der ursprünglichen Grünen Revolution vor Jahrzehnten, die an Afrika vorbeiging.[3]
Gates wollte die gleichen Dinge, die die Grüne Revolution andernorts erfolgreich gemacht haben, in Afrika südlich der Sahara einführen. Es ging um eine Art Industrialisierung, um den verstärkten Einsatz von agrochemischen Düngemitteln, insbesondere von chemischen Düngemitteln. Es ging um den Einsatz von Betriebsmitteln, die von ausländischen Herstellern gekauft werden und um den Einsatz neuer High-Tech-Saatgutsorten. Gates versprach, dass diese Revolution die Einkommen der Landwirt*innen verdoppeln, den Hunger halbieren und die Erträge drastisch erhöhen würde.
Er machte also Versprechen, die er mit seinem Plan zur Entwicklung der Landwirtschaft erreichen wollte und die er nicht hielt. Aber noch wichtiger ist meiner Meinung nach, dass viele Bäuer*innenorganisationen auf dem gesamten afrikanischen Kontinent die Gates-Stiftung in einer offenen Petition auffordern, ihren wohltätigen Kreuzzug zu beenden, weil er so viel Schaden anrichtet, weil er besseren, alternativen Wegen der landwirtschaftlichen Entwicklung im Weg steht. Afrikanische Landwirt*innen sagen, dass sie nicht von diesen ausländischen Herstellern von Agrochemikalien abhängig sein sollten, damit ihre Landwirtschaft gedeiht. Sie sollten in der Lage sein, lokales Wissen, lokale Lösungen und lokal produzierte Betriebsmittel zu nutzen und mit Hilfe der Agrarökologie die Landwirtschaft in den Ländern, in denen sie arbeiten, auszubauen und zu entwickeln.
Bill Gates ist ein Multimilliardär aus Seattle, der es dennoch geschafft hat, eine der mächtigsten Stimmen in der afrikanischen Landwirtschaft zu werden. Was weiss Bill Gates über Landwirtschaft? Wie wird er zu einer so einflussreichen Stimme und ein Entscheider in der Impfstoffpolitik, in Bezug auf den Zugang zu Verhütungsmitteln und aller Arten von öffentlicher Bildung in den Vereinigten Staaten und anderswo? Bill Gates beansprucht Fachwissen für sich, seine Autorität und nutzt seinen Reichtum und seine Macht, um zu versuchen, all diese öffentlichen Politikfelder nach seinen eigenen engen und oft falschen Vorstellungen davon, wie die Welt funktionieren sollte, umzugestalten.
Es ist ein eindrucksvolles Beispiel für das Zusammenspiel von Geld und Politik und antidemokratische Macht. Und wenn wir das Bill-Gates-Problem ignorieren, werden wir als Nächstes ein Jeff-Bezos-Problem und ein Mark-Zuckerberg-Problem haben, denn Gates reist jetzt um die Welt, um andere Milliardär*innen dazu zu bringen, das zu unterschreiben, was er das «Spendenversprechen» nannte, damit sie versprechen, den grössten Teil ihres Reichtums für wohltätige Zwecke zu spenden, um in seine Fussstapfen zu treten. Wenn wir also unser Bill-Gates-Problem nicht in den Griff bekommen, ist dies unsere politische Zukunft, in Bezug auf den Klimawandel, künstliche Intelligenz, öffentliche Gesundheit, öffentliche Bildung und Migration – all diese Bereiche werden zunehmend von diesen obszön reichen Männern durch Philanthropie beeinflusst werden. Ich denke, dass dies ein sehr ernstes Problem für die Demokratie ist, über das wir nachdenken sollten und das wir jetzt angehen sollten, nicht später.
Das ist keine vielversprechende Aussicht, aber ein guter Abschluss für das Interview …
Mich selbst inspiriert der politische Wandel, den ich überall um uns herum sehe. Und auch das ist nicht neu. Schauen Sie sich Occupy Wall Street an, schauen Sie sich Decolonize Global Health an, schauen Sie sich Black Lives Matter an. Schauen Sie sich all diese politischen und sozialen Bewegungen im Moment an. Der politische Wille und die politische Kultur ändern sich, und zwar in einer Weise, die dem oligarchischen, plutokratischen Ethos, das Bill Gates mitbringt, zuwiderläuft.
Ich denke, dass seine Tage als eine Art undemokratischer inoffizieller Diplomat, der durch die Welt reist und versucht, die Regierungshaushalte und die politische Agenda zu gestalten, zu Ende gehen. Er hat seinen Zenit erreicht. Aber das wird nicht einfach so passieren. Wir müssen in der Lage sein, den politischen Fatalismus zu überwinden und an die Möglichkeit einer anderen Welt glauben und wirklich dafür kämpfen. Ich hoffe also, dass das Buch, das ich geschrieben habe, die Botschaft vermittelt, dass eine andere Welt möglich ist. Sie ist möglich, und es lohnt sich, dafür zu kämpfen, und wir sollten es tun.
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Das Original-Interview (in englischer Sprache) ist in voller Länge im Podcast des «Gen-ethischen Netzwerks» zu hören: hier klicken.
Das Interview führte Pascal Segura Kliesow, redaktionelle Bearbeitung Isabelle Bartram.
[1] Schwab, T. (2023): Das Bill-Gates-Problem: Der Mythos vom wohltätigen Milliardär. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, ISBN: 978- 3-10397-165-1
[2] Gavi, die Impfallianz, ist eine weltweit tätige öffentlich-private Partnerschaft mit Sitz in Genf, mit dem Ziel, den Zugang zu Impfungen zu verbessern. Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen haben den Einfluss der Pharmaindustrie auf die Organisation kritisiert.
[3] Als Grüne Revolution wird die in den 1960er Jahren begonnene Entwicklung moderner landwirtschaftlicher Hochleistungs- bzw. Hochertragssorten und deren Verbreitung in Ländern des Globalen Südens bezeichnet. Sie basiert auf der Beteiligung sowohl der Ford-Stiftung als auch der Rockefeller-Stiftung an der anfänglichen Entwicklung in den 1940er Jahren in Mexiko. Sie ermöglichte eine Ertragssteigerung und damit verbunden eine Verringerung von Mangelernährungs- und Kindersterblichkeitsraten. Sie wird jedoch u.a. für Umweltschäden durch die Intensivierung des Anbaus, der Verwendung von Mineraldüngern und Pestizidensowie der Bewässerung kritisiert.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Ein interessanter Artikel. Hier geht es zwar „nur“ um Einzelpersonen mit grossem Einfluss. Gerade aber so gefährlich sind die grossen Vermögensverwalter wie BlackRock und die Vanguard Group die fast ein Drittel des Welweiten Vermögens „kontrollieren“. Auch sie beeinflussen mit ihrem Geldfluss ganze Wirtschaftssektoren und Regierungen.
Sehr beunruhigend ist, dass heutzutage versucht wird, die Interpretation des Begriffes Philanthropie nach US-Lesart auf die Schweiz (und Europa) zu übertragen. Gewisse Kreise haben offenbar ein Interesse daran, die CH-gemeinnützigen Stiftungen zu «veramerikanisieren», um, das ist meine Vermutung, dem Stifter bzw. dessen Erben möglichst freie Hand zu lassen, damit eigene Weltanschauungen mit Hilfe der den grossen Stiftungen innewohnenden Macht zum «Wohle der Menschheit» umgesetzt werden können. Es geht also um Macht.
Bisher blieb die Schweiz von einer solchen Pervertierung des Begriffes der gemeinnützigen Stiftung nach CH-Recht verschont. Das soll so bleiben. Die Aufsichtsbehörden, namentlich die ESA, sind gefragt.
Weitere Ueberlegung: Mit der US-philantropischen Stiftung werden der Oeffentlichkeit riesige Mittel entzogen. Das hängt auch mit Macht zusammen. Die US-Erbschaftssteuern sind extrem hoch. Die Tellerwäscherkarriere ist immer noch Vorbild.
Daß Geld, jedenfalls VIEL Geld, Macht bedeutet, ist nicht erst in der Zeit des Kapitalismus bekannt, sondern war imer eine Tatsache. Die Unterschiede entstanden eher dadurch, daß diese Macht mal mehr mal weniger unverhüllt ausgeübt wurde. Das Besondere in unserer Zeit ist, daß man der Ansicht ist ,durch die Regeln der Demokratie eine wirksame Gegenmacht gebildet zu haben. In der Theorie mag das stimmen, aber die Praxis – nicht nur am Beispiel Bill Gates – zeigt, daß es zumindest nur eingeschränkt funktioniert. Die Schlußfolgerung ist einfach – und auch keineswegs neu : die Konzentration von beliebigen Geldmengen im Verfügungsbereich einer Person oder einer Gruppe, ob direkt oder indirkt, muß verhindert werden – durch ein zeitgesteuertes Abschmelzverfahren oder wodurch auch immer. Soweit diese Kapitalbeträge überhaupt real sind, können sie auf die Allgemeinheit verteilt werden, aber auch das ist schon nicht unproblematisch. Kapitalsteuern sind übrigens NICHT der geeignete Weg.