UNO verteidigt Rechte von Schwulen und Lesben
Die UN-Generalversammlung hat den Versuch zahlreicher Mitgliedstaaten zurückgewiesen, das im Juni geschaffene Amt eines Sonderbeauftragten für die Rechte von lesbischen, schwulen, bi- und transsexuellen Menschen (LGBT) wieder in Frage zu stellen. Ein entsprechender von zahlreichen afrikanischen Staaten eingebrachter Antrag wurde in der Nacht zum Mittwoch von dem für Menschenrechtsfragen zuständigen 3. Ausschuss der Generalversammlung mit der knappen Mehrheit von 84 gegen 77 Stimmen bei 17 Enthaltungen abgelehnt. 15 der insgesamt 193 UNO-Mitgliedstaaten nahmen an der Abstimmung nicht teil.
Zur Mehrheit, die den Posten beibehalten wollen, gehörten alle Staaten Europas, die meisten lateinamerikanischen Länder, die USA, Kanada, Australien, Neuseeland und Japan sowie Südafrika und die Kapverden. Für den Antrag stimmten die meisten der afrikanischen und arabischen Länder ebenso wie – mit Ausnahme der Türkei – alle Mitglieder der Organisation Islamischer Kooperation (OIC) sowie China, Indien und Russland.
Schutz vor Diskriminierung und Gewalt
Mit einer fast ebenso knappen Mehrheit hatte der UN-Menschenrechtsrat in Genf auf Antrag von Argentinien, Brasilien, Chile und Mexiko Ende Juni den Posten eines Sonderbeauftragten für die LGBT-Rechte mit einer Amtszeit von zunächst drei Jahren geschaffen. 23 der 47 Mitgliedsländer des Rates stimmten damals dafür, darunter Deutschland. Dagegen votierten 18 Länder, darunter Algerien, China, Indonesien, Kenia, Russland und Saudi-Arabien. Sechs Staaten enthielten sich der Stimme.
Der neue Sonderbeauftragte soll verstärkt auf Diskriminierung und Gewalt gegen sexuelle Minderheiten aufmerksam machen und die Gründe dafür benennen. In Berichten für den UN-Menschenrechtsrat und die UN-Vollversammlung soll er darlegen, ob und wie die Mitgliedstaaten ihren internationalen Verpflichtungen zum Schutz sexueller Minderheiten nachkommen. Ende September berief der Menschenrechtsrat den thailändischen Rechtsprofessor Vitit Muntarbhorn auf den neuen Posten.
«Gefährlicher Präzedenzfall» abgewehrt
Die Mitgliedstaaten des Rates werden zwar von der UN-Generalversammlung gewählt und der Rat schickt einen jährlichen Bericht über seine Arbeit nach New York. Doch in seinen Entscheidungen ist er autonom. Dennoch beantragte Botswana Anfang November, die Generalversammlung solle den Beschluss zur Schaffung des LGBT-Sonderbeauftragten suspendieren und «die rechtliche Grundlage dieses Beschlusses überprüfen». Wäre die Generalversammlung diesem Ansinnen gefolgt, hätte sie laut einem dagegen gerichteten Aufruf von weltweit 790 Menschenrechtsgruppen einen «gefährlichen Präzedenzfall» in der bisherigen Geschichte der UNO geschaffen. Unter Berufung auf diesen Präzedenzfall hätten Staaten künftig versuchen können, auch andere ihnen missliebige Beschlüsse des Menschenrechtsrates durch die Generalversammlung wieder aufheben zu lassen.
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KOMMENTAR
Angriff auf die Menschenrechte
(zum.) – Der nur knapp gescheiterte Angriff zahlreicher Regierungen auf das Amt des UNO-Sonderbeauftragten für LGBT-Rechte sowie – erstmals seit Bestehen der Weltorganisation – auf die Unabhängigkeit des UN-Menschenrechtsrates war auch ein Angriff auf die «Allgemeine Erklärung der Menschenrechte» von 1948. In deren Artikel 2 zum Verbot von Diskriminierung heisst es unmissverständlich: «Jeder Mensch hat Anspruch auf die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeine Unterscheidung, wie etwa nach Rasse, Farbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer und sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, nach Eigentum, Geburt oder sonstigen Umständen.» Darunter fallen auch geschlechtliche Identität und sexuelle Orientierung.
Auch in Staaten, die sich an dieser jüngsten Attacke nicht – oder noch nicht – beteiligt haben, sind die Rechte von LGBT sowie von anderen Minderheiten eingeschränkt oder zumindest bedroht. Das gilt etwa für die Türkei sowie künftig möglicherweise auch für die USA. Noch ist nicht klar, welche Politik Präsident Trump nach seinem Amtsantritt tatsächlich betreiben wird. Seine wenigen liberal klingenden Wahlkampfsätze zu LGBT entwertete er mit sehr viel mehr diskriminierenden Äusserungen, die nicht nur in der LGBT-Community grosse Sorgen auslösten.
Diese Sorgen hat Trump noch erheblich verstärkt mit seiner bisherigen Auswahl ausschliesslich christlich-fundamentalistischer, bigotter, rassistischer und xenophober weisser Männer für führende Posten in seiner Administration. Dass die farbige, indischstämmige Niki Haley als mutmassliche UNO-Botschafterin Trumps eine andere Politik vertreten kann und wird als diese Männerriege, ist kaum zu erwarten. Sollten die USA auf eine LGBT-feindliche Linie umschwenken, werden die schon absehbaren nächsten Angriffe auf grundlegende Menschenrechte in der UNO-Generalversammlung wahrscheinlich nicht mehr scheitern.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Menschenrechte sollten eigentlich sicherstellen, dass die Grundbedürfnisse für alle Menschen erfüllt werden. Leider hat das Konzept seinen Glanz verloren, weil immer mehr Sondergruppen für sich einen Sonderstatus beanspruchen, wobei die von ihnen proklamierten «Menschenrechte der Gruppe Soundso» tatsächlich zu Spezialrechten spezieller Gruppen werden. Die Frage, welche Gruppen welche Rechte bekommen, wird damit zum Konkurrenzproblem, in dem der Stärkere obsiegt.
Irgandwann muss das Ganze dann auf Null gestellt und wieder von Grund auf neu aufgebaut werden.