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Stein des Anstosses: Die neue Banknote mit dem Konterfei der Schriftstellerin Jane Austen. © cc

Twitter reagiert zögernd auf Attacken gegen Frauen

Barbara Marti /  «Freie Meinungsäusserung» höher gewichtet als die persönliche Sicherheit der Nutzerinnen.

Auf frauenfeindliche Attacken auf Twitter reagiert der Konzern nur zögerlich. Er begründet dies mit der «freien Meinungsäusserung».

Diese Politik hält die britische Journalistin Caroline Criado Perez für nicht akzeptabel und hat sie öffentlich gemacht. Frauen dürften nicht unter dem Deckmantel der «freien Meinungsäusserung» eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht werden.

Morddrohungen wegen Engagement für Frauen
Criado hatte sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass die britische Schriftstellerin Jane Austen ab 2017 auf der Zehn-Pfund-Banknote zu sehen sein wird. Aus diesem Grund wurde sie über Twitter wüst beschimpft, mit Vergewaltigung und Mord bedroht und ihre Privatadresse veröffentlicht.

Ähnlich erging es der Labour-Abgeordneten Stella Creasy, die sich ebenfalls für die Frau auf der Banknote stark gemacht hatte. Caroline Criado Perez: «Es macht mich wütend, dass Frauen ihren Einsatz damit bezahlen, 24 Stunden lang Vergewaltigungsdrohungen zu bekommen.»
Wer hinter den Drohbotschaften steckt, ist schwer herauszufinden, da zur Anmeldung bei Twitter eine E-Mailadresse genügt. Gemäss den internen Regeln des Netzwerkes ist jeder Nutzer für die Inhalte selber verantwortlich. «Wir kontrollieren die Inhalte unserer Nutzer nicht aktiv und zensieren diese grundsätzlich nicht.»

Ausgenommen seien explizite, spezifische Gewaltandrohungen und strafrechtlich verfolgbare Aussagen. In solchen Fällen behalte Twitter sich vor, ein Benutzerkonto ohne Ankündigung sofort zu löschen. Doch dies passiert selten, da weltweit täglich fast 400 Millionen Kurznachrichten veröffentlicht werden und eine Kontrolle deshalb zu aufwändig ist.
Der erbosten Labour-Abgeordneten Stella Creasy erteilte Twitter den «Rat», sie könne in ihren persönlichen Einstellungen die Täter sperren. Das genügt Stella Creasy bei weitem nicht: «Das Drohen mit einer Vergewaltigung ist nicht eine Frage des schlechten Benehmens, sondern ein kriminelles Verhalten, das strafrechtlich verfolgt werden muss.»

Twitter reagierte erst nach Boykott
Criado erstattete Anzeige gegen Unbekannt und machte die Attacken öffentlich. Als das Netzwerk nicht reagierte, verlangte eine Online-Petition, das komplizierte Melde-Verfahren für strafrechtlich relevante Inhalte zu erleichtern. Zahlreiche Nutzerinnen und Nutzer boykottierten zudem den Kurznachrichtendienst während 24 Stunden. Schliesslich entschuldigte sich Tony Wang, Twitter-Chef von Grossbritannien, bei den Twitter-Nutzerinnen. Beschimpfungen und Drohungen seien «nicht akzeptabel». Das Netzwerk werde dies in seinen Nutzungsregeln klarstellen. Mittlerweile hat Twitter einen Missbrauchs-Button eingerichtet, der das bisher komplizierte Melde-Verfahren erleichtert.
Betroffene verlangen mehr Engagement von Twitter, berichtet der «Guardian». Kolumnistin Hadley Freeman schrieb, Twitter verdiene viel Geld und müsse dieses auch in mehr Sicherheit für die Nutzerinnen investieren. Die Autorin Zerlina Maxwell kritisiert, dass Nutzer, deren Konto Twitter allenfalls sperrt, unter dem Deckmantel der Anonymität problemlos ein neues eröffnen können.

Druck auf Werbekunden zeigte Wirkung
Facebook hat Seiten, die Gewalt gegen Frauen propagieren, ebenfalls mit dem Argument der «Meinungsfreiheit» lange toleriert. Erst nachdem Frauenrechtsaktivistinnen Werbekunden darauf aufmerksam gemacht hatten, dass ihre Banner auf solchen Facebook-Seiten erscheinen, lenkte der Konzern ein.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Die Autorin ist Redaktorin und Herausgeberin der Zeitschrift «FrauenSicht».

Zum Infosperber-Dossier:

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