Keine Verleumdung: Grösster Brexit-Spender traf Russen mehrmals
Vorletzte Woche sprach eine Richterin eines britischen High Courts die Journalistin Carole Cadwalladr, welche den Cambridge-Analytica Skandal aufdeckte, vom Vorwurf der Verleumdung frei.
Cadwalladr hatte nach dem Brexit-Referendum die Beziehungen zwischen der Leave.EU-Kampagne und Cambridge Analytica untersucht und aufgedeckt, dass die Firma illegal psychografische Facebook-User-Daten für politische Werbung brauchte. Sie wollte wissen: War die Abstimmung frei und fair? Gab es illegale Spenden aus dem Ausland?
Im Zuge ihrer Recherchen kam sie auch potenzieller russischer Einflussnahme auf die Brexit-Abstimmung auf die Spur. Cadwalladr deckte beispielsweise auf, dass der britische Geschäftsmann Arron Banks, welcher die Kampagne massgeblich finanzierte, in den Jahren vor der Abstimmung mehrere Treffen mit Offiziellen der russischen Botschaft in London abhielt. Insbesondere ist unklar, woher genau eine Spende von 8 Millionen Pfund für die Brexit- Kampagne kam.
Im Vereinigten Königreich müssen politische Kampagnen die Herkunft ihrer Spenden deklarieren und sie dürfen kein Geld oder Dienstleistungen ausländischer Bürger verwenden.
In einem viralen TED-Talk in Vancouver im Frühling 2019 (auch heute noch sehr sehenswert) sagte Cadwalladr, dass Banks «Lügen über seine verdeckte Beziehung zur russischen Regierung» erzähle. Banks hatte zuvor angegeben, sein einziger Kontakt mit russischen Offiziellen sei ein feuchtfröhlicher, sechsstündiger Lunch gewesen.
Banks verklagte Cadwalladr persönlich unter anderem wegen der Aussage im TED-Talk, obschon sie die Vorwürfe bereits in der Zeitung belegt hatte. Cadwalladr sagte, die Klage zielte darauf ab, ihre Arbeit zu stoppen. Zusammen mit 19 Pressefreiheitsorganisationen bezeichnete sie das Verfahren als sogenannten SLAPP-Trial. Insgesamt spendeten ihr 28’887 Menschen 819’835 Pfund im Rahmen zweier Crowdfunding-Kampagnen für ihre Verteidigung.
Und nun nahm die Richterin eine eigene Untersuchung vor und kam gar zum Schluss: Banks hatte mindestens vier Treffen mit russischen Offiziellen, inklusive drei Lunches. In ihrer Stellungnahme zum Urteil weist Cadwalladr darauf hin, dass noch immer unklar ist, wie Russland über diese Meetings allenfalls Einfluss auf die Abstimmung nehmen wollte. Und dass dies massgeblich auch Premier Boris Johnson zuzuschreiben ist, der entsprechende Untersuchungen bisher verhindert hat.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Der Autor ist Journalist.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Der Russe ist an allem schuld; sogar den Brexit hat er eingefädelt. Nein: Der Brexit wurde von einem Großteil der Wirtschaft, die die Mindeststandards der EU nicht mehr wollte, vielen Politikern, die auf Stimmengewinn pokerten und der Bevölkerung, die sich mehr Arbeistplätze erhoffte, mehrheitlich gewollt. Das Unwohlsein mit der EU hatte große Tradition. Ob da Russland in bester Manier ein bißchen destabilisierte, wird wohl am Wahlergebnis nicht viel geändert haben.
SLAPP Klagen gehören verboten und betroffene Beschuldigte verdienen unsere volle Unterstützung über alle Parteigrenzen und Meinungsverschiedenheiten hinweg. Das gesagt, ein Teil der Arbeit dieser Journalistin darf durchaus als spekulation betrachtet werden, gerade wenn es um Russland geht. Dies betrifft auch ihr Outlet den Guardian und das Schwesternblatt Observer.
https://www.mintpressnews.com/watchdog-journalists-carol-cadwalladr-paul-mason-security-state/281146/
https://declassifieduk.org/how-the-uk-security-services-neutralised-the-countrys-leading-liberal-newspaper/
Danke, in meinem Artikel geht es ja darum, dass ein Gericht festhielt, dass es – in diesem Fall – keine Spekulation war. In diesem Artikel hier geht es nicht um Assange. Und es geht auch nicht zuerst um Russland. Sondern um die intransparente Finanzierung von Politkampagnen.
Gemäss Artikel hat das Gericht einzig festgestellt, dass der Geschäftsmann engere Kontakte zu russischen Vertretern hatte, als dieser der Journalistin gegenüber zugeben und via Verleumdungsklage festgenagelt haben wollte.
Dass es bei diesen Kontakten um Brexit ging und nicht um andere, vielleicht krumme Geschäfte, geht aus den Informationen im Artikel nicht hervor, wird aber unterstellt.
Ganz richtig. Solange Banks sich weigert zu belegen, worum es genau bei diesen Treffen ging, wird es wohl dabei bleiben. Sie können ja selber nachlesen, worauf Cadwalladr sich bei der Verbindung zum Brexit stützt. Sie sind frei selber zu urteilen, ob sie dies als legitim erachten.
Das ist so nicht ganz korrekt, das Gericht urteilte darüber ob Herrn Banks, durch den TED Talk/Tweet, ein persönlicher und finazieller Schaden entstanden ist, den er geltend machte. Die Richterin entschied gegen ihn, weil er dafür nicht genügend Beweise vorlegen konnte. Es ging also nicht um den Inhalt des Videos sondern ob er dadurch Verluste hinnehmen musste.
https://www.judiciary.uk/wp-content/uploads/2022/06/Banks-v-Cadwalladr-130622-Judgment.pdf
In Bezug auf Russland beziehen Sie sich in Ihrem Artikel ja selber darauf. Worauf meine Antwort war dass dies als Spekulation betrachtet werden darf, da es keine Beweise für einen Komplott gibt.
Lesen Sie bitte ab Seite 110 des Dokuments. Es ist nicht so kompliziert.
Ich anerkenne all die belegten Gespräche, Dokumente und Treffen und halte Mr. Banks für einen überaus zwielichtigen Charakter. Dies sind jedoch lediglich Hinweise und keine Beweise für ein präsentiertes Gesamtbild, was auch Frau Cadwalladr nicht bestreitet.
Werden diese belegbaren Fakten in einem Artikel veröffentlicht und die LeserInnen aufgefordert sich ihre eigene Meinung zu machen ist dass transparenter Journalismus. Alles andere ist Spekulation, gespickt mit Wörter wie mutmasslich, angeblich und könnte. Was in den letzten Jahren, wenn es um die «Einflussnahme Russlands» ging, leider allzu oft vorkam. Welche ich nebenbei gesagt nicht bestreite, es wird nur masslos übertrieben.
Dies ist keine Kritik an Ihnen, schätze Ihre Arbeit sehr.