Die Ausrede mit dem Datenschutz
Die Firma Emeda mit Sitz in Brüttisellen ZH hat ein interessantes Geschäftsmodell entdeckt. Eigentlich beschäftigt Emeda ja Ärzte, die ihre Patienten in Heimen besuchen. Aber die Honorare für diese Leistungen sind der Emeda offenbar nicht genug. Deshalb macht sie auch ein Geschäft mit den Wegentschädigungen.
Die Fernsehsendung «Kassensturz» deckte mit den Krankenkassen CSS und Helsana auf, dass Emeda bei Besuchen in Heimen die volle Wegentschädigung jedem einzelnen Patienten in Rechnung stellte: 50 Franken für einen Weg von 40 Minuten, obwohl die Ärzte von Zimmer zu Zimmer gingen.
2000 Franken für einen Heimbesuch
Die Fachleute von CSS und Helsana gehen davon aus, dass Emeda pro Heimbesuch drei bis viereinhalb Stunden für den Weg in Rechnung stellte. In einem Fall könnten es sogar zwölf Stunden gewesen sein. Das wären dann Wegkosten von 2000 Franken für einen einzigen Heimbesuch gewesen – neben den eigentlichen Arzthonoraren.
Gegenüber dem «Kassensturz» wollte Emeda die Befunde «aus Datenschutzgründen» nicht kommentieren. Infosperber fragte deshalb bei Emeda nach:
- «Welche datenschutzrechtlichen Bestimmungen hinderten Emeda daran, dem ‹Kassensturz› Auskunft zu geben?»
- Und: «Um welche Art von schützenswerten Daten ging es?»
Emeda antwortete ausweichend: «Wir haben uns gegenüber dem ‹Kassensturz› zur Thematik geäussert. Was wir mit Verweis auf Datenschutz nicht kommentiert haben, sind die vom ‹Kassensturz› vorgebrachten, konkreten Fälle.»
Die Firma Emeda hätte durchaus erklären können, warum sie den Patienten auch dann eine Wegpauschale von 50 Franken verrechnete, wenn der Arzt nur von Zimmer zu Zimmer ging. Damit hätte sie keinerlei schützenswerte Daten öffentlich gemacht. Bezeichnend ist denn auch, dass Emeda die beiden präzisen Fragen von Infosperber nicht wirklich beantwortet hat.
Uber gibt keine Antwort
Der «Datenschutz» ist eine häufige Ausrede, wenn Firmen in Bedrängnis sind und keine Auskunft geben wollen. Die «Berner Zeitung» berichtete kürzlich über Liberalisierungen im Taxiwesen in der Stadt Bern. Taxiunternehmer beklagten sich darüber, dass künftig Unternehmen wie Uber bevorzugt würden. Uber wollte gegenüber der «Berner Zeitung» «aus Datenschutzgründen» keine Auskunft über die Anzahl Fahrten in Bern, Thun und Interlaken geben. Infosperber wollte deshalb auch von Uber wissen:
- «Welche datenschutzrechtlichen Bestimmungen hinderten Uber daran, der ‹Berner Zeitung› Auskunft zu geben (Gesetzes- oder Verordnungsartikel)?»
- Und: «Um welche Art von schützenswerten Daten ging es?»
Uber hat die Fragen von Infosperber nicht beantwortet.
Die angeblichen Datenschutzgründe werden von Firmen und Behörden häufig ins Feld geführt. Die Datenschutzgründe müssen häufig dann herhalten, wenn es den Verantwortlichen zu anstrengend ist, eine Auskunft zu erteilen. Oder unangenehm.
Auch die Suva
Auch diese Redaktion ist häufig davon betroffen. Ende September letzten Jahres veröffentlichte Infosperber das «Asbest-Sündenregister» der Suva in 13 Punkten. Die Suva bekam Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Doch die Suva wollte sich aus Gründen des «Datenschutzes» nicht äussern. Kommentar von Infosperber. «Welche Daten gegenüber wem geschützt werden sollen, ist unklar.»
Dabei müsste es die Suva inzwischen besser wissen. Denn sogar gegenüber der italienischen Justiz versteckte sie sich lange hinter «Amtsgeheimnis» und «Datenschutz». Bis das Bundesgericht 2006 ein Machtwort sprach.
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Auch andere Medien sind betroffen. Die «Handelszeitung» berichtete Ende September über den Bulgari-Chef Jean-Christophe Babin. Er hatte auf «Linkedin» über die Fluggesellschaft «Swiss» hergezogen. Die «Swiss» wollte die Kritik «aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht kommentieren». Vermutlich ging es eher darum, dass sie die Kritik nicht hätte entkräften können.
Weiteres Beispiel: Letzten Sommer hätte das Hotel «Jägerhof Hubertus» in Faulensee BE zwangsversteigert werden sollen. Kurz davor widerrief das Betreibungs- und Konkursamt Oberland die Versteigerung. Warum, durften die Leser der «Berner Zeitung» nicht erfahren. Denn die stellvertretende Vorsteherin des Amts behauptete: «Aus Datenschutzgründen können wir den Grund der Absage nicht bekannt geben.»
Was ist Datenschutz überhaupt?
Der Datenschutz ist im Datenschutzgesetz geregelt. Dort steht: «Dieses Gesetz bezweckt den Schutz der Persönlichkeit und der Grundrechte von natürlichen Personen, über die Personendaten bearbeitet werden.» Und: «Dieses Gesetz gilt für die Bearbeitung von Personendaten natürlicher Personen durch private Personen und Bundesorgane.» Zudem regelt es die Bearbeitung von Personendaten in Gerichtsverfahren.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Eigentlich ist es banal, verdient aber, wiederholt zu werden: Der unglückliche Begriff «Datenschutz» heisst nicht, dass Daten geschützt werden sollen (was der Ausdruck suggerieren kann), sondern dass Personen davor geschützt werden sollen, dass Daten über sie missbraucht werden. Das sagt auch die zitierte Gesetzespassage, wenn auch etwas umständlicher.