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Künstliche Intelligenz zum persönlichen Empowerment nutzen © IBM

«Wer seine Daten im Internet schützt, verpasst eine Chance»

Red. /  Die KI könne zu einem umfassenden Gedächtnis unseres Lebens werden, von dem wir enorm profitieren können.

upg. Über Risiken des gläsernen Menschen hat Infosperber schon mehrmals informiert. Zur Meinungsbildung gehören auch die Argumente von Reid Hoffman, der mehr Chancen als Risiken sieht. Hoffmann ist Mitbegründer von LinkedIn und Geldgeber von OpenAI, dem Entwickler von ChatGPT. Heute ist er Vorstandsmitglied bei Microsoft. Infosperber fasst seine Argumente zusammen, die er am 25. Januar in der «New York Times» darlegte.


Skeptiker erinnerten an George Orwell, um die KI und alle Sammlungen persönlicher Daten als Bedrohung für die individuelle Autonomie darzustellen und vor einem Überwachungsstaat zu warnen. Doch die Geschichte der technologischen Innovation im 21. Jahrhundert erzählt laut Hoffmann eine andere Geschichte: «Ich glaube fest daran, dass wir eine Welt schaffen können, in der künstliche Intelligenz die menschliche Kreativität fördert […] Es müssen nur Milliarden von Menschen Zugang zu KI-Tools erhalten, die sie auf vielfache Weise nutzen können.»

Hoffmann versteht zwar die Angst, dass Dritte Kenntnis bekommen über das Verhalten vieler Menschen und sie dies nutzen können, um diese Menschen zu beeinflussen. Die meisten leistungsstarken Technologien seien mit Risiken behaftet. Aber seine eigenen Erfahrungen hätten ihn gelehrt, dass der Austausch von mehr Informationen und das Auswerten umfassender Informationen das Leben der Menschen auch entscheidend verbessern kann.

Hoffmann nennt das Beispiel der beruflichen Plattform Linkedin, die er vor mehr als zwanzig Jahren mitbegründet hatte: «Ich erhalte immer noch regelmässig Zuschriften von Menschen, die aufgrund von Interaktionen auf der Plattform einen Job gefunden, ein Unternehmen gegründet oder sich vielversprechend beruflich verändert haben. Und das alles nur, weil sie bereit waren, Informationen über ihre Arbeitserfahrungen und Fähigkeiten zu teilen.»

Dieser Trend der individuellen Stärkung («individual empowerment») werde sich dank KI verstärken, gibt sich Hoffmann überzeugt. 

Eine KI erfasst möglichst viele Daten einer Person

Man solle sich vorstellen, dass ein KI-Modell möglichst viele seiner eigenen digitalen Aktivitäten und Verhaltensweisen erfasst und damit trainiert wird. Diese KI könnte sich an alle Twint-Transaktionen, Instagram-Likes und Google-Kalender-Termine vollständig erinnern. Je mehr Daten eine Person teilt, desto besser kann diese KI Muster in ihrem Leben erkennen. Diese Erkenntnisse könnten für diese Person sehr nützlich sein.

Material für ein zweites Ich

In rasantem Tempo würden Apps entwickelt und eingeführt, «mit denen Sie praktisch alles – oder alles – was Sie auf Ihrem PC, Telefon und anderen Geräten tun, automatisch aufzeichnen, speichern und analysieren können». Es entstünde Material für ein zweites Ich, das selbst den Vergesslichsten unter uns die Fähigkeit verleihen könne, ihre Vergangenheit mit einer grossen Genauigkeit Revue passieren zu lassen.

Hoffmann fragt: «Was wäre, wenn Sie eine KI-App hätten, die Ihre Browsing-Muster analysieren und Sie warnen könnte, wenn Werbealgorithmen Ihre Kaufentscheidungen erfolgreich manipulieren? Oder eine KI, die erkennen könnte, wenn Social-Media-Algorithmen Ihre Aufmerksamkeit auf extreme Inhalte lenken?»

Es entspreche doch unserem Streben nach Rationalität und Aufklärung, wenn wir unsere Entscheide weniger auf Ahnungen, Bauchgefühle, emotionale Unmittelbarkeit, Schicksal oder Glauben stützen. 

Behelfsmässig würden die meisten Menschen versuchen, etwas rationaler vorzugehen. Sie erstellten To-do-Listen und führten Tagebücher. Sie wiegen ihr Gewicht, zeichnen ihre täglichen Schritte oder die Zahl der Kilometer auf, die sie zurücklegen. Letztendlich sei es der fortwährende Kreislauf aus Reflexion, Aktion, Bewertung und Verfeinerung, der die Menschheit vorantreibe.

Eine persönliche KI könne auch vor Fehlkäufen warnen: «Stellen Sie sich vor, eine KI analysiere Ihre Lesegewohnheiten und weise Sie darauf hin, dass Sie im Begriff sind, ein Buch zu kaufen, bei dem die Wahrscheinlichkeit, dass Sie über Seite sechs hinauskommen, nur bei zehn Prozent liegt.»

Die KI könne zur Kontrolle und Überwachung von oben nach unten missbraucht werden. Aber sie könne uns auch helfen, uns selbst zu verstehen, nach unseren Vorlieben zu handeln und unsere Ziele zu verwirklichen. 

Dann sei das perfekte Gedächtnis der KI ein Kompass, der uns ein klareres Verständnis unserer Ziele vermittle und unsere Entscheide verbessere. «Es verwandelt unsere digitalen Spuren in dynamische Ressourcen, die uns befähigen, zu gestalten, wer wir werden wollen – mit grösserer Selbsterkenntnis und der Freiheit, ein Leben nach unseren eigenen Vorstellungen zu führen.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Autor Reid Hoffmann ist Mitbegründer von LinkedIn und Geldgeber von OpenAI, dem Entwickler von ChatGPT. Heute ist er Vorstandsmitglied bei Microsoft.
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KI – Chancen und Gefahren

Künstliche Intelligenz wird als technologische Revolution gefeiert. Doch es gilt, ihre Gefahren zu beachten.

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10 Meinungen

  • am 12.02.2025 um 11:45 Uhr
    Permalink

    «Die KI könne zu einem umfassenden Gedächtnis unseres Lebens werden, von dem wir enorm profitieren können.»

    Nein, das was ein Hoffmann hier einem schmackhaft machen will, führt zum Gegenteil, sprich Gedächtnisverlust. Wer davon profitiert, das können noch selbst denkende Menschen, im doppelten Wortsinn, sich ausrechnen.

    Empfehlenswert folgende Gedanken von Ardalan Ibrahim auf seinem Kanal Nutt Los:
    «Das aktuelle KI-Wettrüsten als paradigmatischer Fall des eigentlichen Problems der Menschheit»

  • am 12.02.2025 um 13:17 Uhr
    Permalink

    Zunächst : der Begriff KI ist insofern irreführend als unter Intelligenz, abgeleitet von der menschlich-biologischen Intelligenz, etwas verstanden wird, was die heutigen Algorithmen eben (noch?) nicht leisten. Es wird daher von sog.KI zu sprechen sein. Sodann ist die energetische Leistungsbilanz dieser
    sog.KI im Vergleich zum menschlichen Gehirn schlecht. Das Gehirn ist in dieser Hinsicht ein evolutionär optimiertes System und zwar für die natürliche Umgebung. Daher ist die Frage «warum soll man ein so optimiertes biologisches System durch ein technisches mit schlechter Leistungsbilanz ersetzen – nur weil es partiell möglich ist , aber im menschlichen Alltag in solchen Dimensionen gar nicht gebraucht wird – und auch noch Risiken beinhaltet?». Dennoch können komplexe Algorithmen sinnvoll sein, dort, wo die Analysefähigkeit des biologischen Gehirns einfach überfordert ist. Das sind Entscheidungsfindungen im Komplex {Politik-Ökonomie}, denn DA reden die Blinden von der Farbe.

  • Portrait_Marcel1
    am 12.02.2025 um 17:01 Uhr
    Permalink

    Ach. KI könnte mir helfen zu merken, wenn andere KI mich zu manipulieren versucht? KI könnte mein Leben «vollständig» erinnern? Will ich das denn? Und das Argument, LinkedIn habe vielen geholfen, einen Job zu finden o.ä., ist das klassische Fehlargument aller Technooptimisten: Mag schon sein – aber das heisst nicht, dass die selben Leute, hätte es LinkedIn nicht gegeben, nicht einen genauso guten Job gefunden hätten – auf anderem Weg. Oder dass nicht auch manche Leute einen Job gerade nicht gefunden haben, weil jemand anderes ihnen den Job wegen LinkedIn wegschnappte. Und nie mehr ein Buch kaufen, das mich aufgrund meiner bisherigen Lektürehistorie wahrscheinlich nicht interessiert? Das ganze Leben durchrationalisiert und effizient, der Zufall ausgerottet?
    Ich staune, was gewisse Leute als erstrebenswert erachten.

  • am 12.02.2025 um 21:27 Uhr
    Permalink

    Für real Demenzkranke wäre das eine vorübergehende Lösung bis die Krankheit heilbar ist, das habe ich mir letztes Jahr überlegt. dass das Langzeit- und Kurzzeitgedächtnis der Individuen in der Gesellschaft künstlich geschädigt wird durch das derzeitige technische Environment ist Tatsache und deswegen kann des Autors Vorschlag nur als Zynismus betrachtet werden, denn es wird künstlich ein Problem geschaffen um damit Geld zu verdienen. Denn er unterschlägt, dass auch diese Dienste eines künstlichen Gedächtnisses zahlungspflichtig sein werden für den Einzelnen (seine eigenen Daten) und mit dessen ständig neuen Echtzeitdaten Handel betrieben wird. Typisch amerikanisch scheren sie sich einen Deut um das Eigentum und geistige Eigentum anderer. Die amerikanische Wissenschaft, die seit je her praktisch nur angewandte Wissenschaft ist, ist überschätzt. Trump und die Amerikaner streben eine neo-suprematistische Technokratie der wohlwollenden Herrschaft an, nichts Neues im Westen.

  • am 12.02.2025 um 22:22 Uhr
    Permalink

    Unbeschadet der verständlicherweise sehr unterschiedlichen Betrachtungsweisen hinsichtlich der Entwicklung von Hochleistungsalgorithmen – also sog.KI – sollte man mal die Ansicht von einer ausgesprochenen Spezialistin anhören, die sich im Youtube-Video «Tête-à-Tête mit Hannah Bast | Expertin für künstliche und natürliche Intelligenz» dazu sehr verständlich äußert.
    Vor allem die Aussage über die Rolle in der schulischen Bildung ist sehr interessant

  • am 13.02.2025 um 06:21 Uhr
    Permalink

    Sehr verlockend. Es liegt im Trend, jedwede Verantwortung abzugeben. Warum nicht gleich auch die Verantwortung für sein ganzes Leben? Eine KI soll mir sagen wie ich meinen Lebensplan zu gestalten habe. Sehr verlockend. Für viele der faulen Blender aber nicht für jemanden der ein selbstbestimmtes Leben führen will.

  • am 13.02.2025 um 10:31 Uhr
    Permalink

    Interessante Aussage im Artikel: «Die KI könne zu einem umfassenden Gedächtnis unseres Lebens werden, von dem wir enorm profitieren können.» Könnte wohl heissen, die Politiker werden dann ständig an die Wahlversprechen und was hinterher vermurkst wurde erinnert werden. Und so könnte auch der Souverän profitieren, er kann dann die Versprechungen der Vergangenheit, die ihm die Politiker gaben mit den Realitäten der Gegenwart vergleichen und so erkennen was schiefläuft. Möglich, dass dann ein KI-Programm entwickelt wird, das verhindert, dass die Versprechen der Vergangenheit ständig präsent sind, um den Politikern den Stress zu ersparen erklären zu müssen, warum es schiefgelaufen ist und die heile Welt der Versprechungen ist gerettet.
    Gunther Kropp, Basel

  • am 13.02.2025 um 14:32 Uhr
    Permalink

    Es hat auch weitere Vorteile, von Cambridge Analytic der britischen SCL Group ist bekannt, dass die Datenerhebung und -bearbeitung mit KI sehr hilfreich beim Mainstreaming und Management der öffentlichen Meinung ist, um diese in die gewünschte Richtung zu lenken. Das geht vom Green Deal, über den Kampf gegen Des- und Misinformation, gegen Rechts, bis hin zum Sturz von Diktaturen wie in Syrien, Libyen, Ukraine, Bellarus, Georgien usw.
    Diesbezüglich zu erwähnen sei auch der Digital Service Act der EU, mit dessen Einsatz in der USA hätte wahrscheinlich die Wahl von Trump verhindert werden können.

  • am 14.02.2025 um 20:13 Uhr
    Permalink

    Jede Erfindung kann gebraucht oder missbraucht werden. Da macht auch KI keine Ausnahme. Problematisch wird es, wenn es uns das Erinnern und Denken völlig abnimmt. Ein Prophet schrieb einst, dass der Grossteil Menschheit einmal derart geistig arm wird bis er nicht mehr fähig ist, einfachste Probleme zu lösen. Da kam mir automatisch das «komplexe» Problem mit der Zeitumstellung Sommer / Winter in den Sinn mit der ständigen Frage vieler, ob die Uhr nun vor- oder zurückgestellt werden muss. Bedenklich, wenn man dafür Anweisung braucht. Oder im Bereich Gesundheit durch Sensoren und Grenzwerte das Körpergefühl noch mehr abnimmt.
    Vorteile von KI könnte sein, dass Antworten weniger ideologisch gefärbt sind und manche Dogmen und Stammtischweisheiten und Medienbehauptungen als falsch aufdecken können.
    Ich habe Chat GPT ein paar Fragen zu Geld & Staat, Klimaereignissen gestellt und würde die Antworten für ausgewogen bezeichnen.

    • am 15.02.2025 um 06:33 Uhr
      Permalink

      DeepSeek „unterdrückt“ die Ereignisse am Tiananmen Platz,
      Nur weil ChatGPT heute ausgewogen antwortet, muss das morgen nicht unbedingt so sein.

      Aber das scheint mir unabhängig von der verwendeten Technologie. Geschichte wird immer von Siegern geschrieben sei es nun gedruckt auf Papier oder in Einsen und Nullen.

      Die Frage reduziert sich deshalb auch darauf, wie wir eine Technologie einsetzen wollen und ob dies bewusst gemacht wird. KI unterstützt derzeit hauptsächlich die Faulheit und die Gier der Menschen. Da wir nun auch noch die Entscheidung zum Töten „auslagern“ wollen um nicht selber die Verantwortung zu übernehmen sehe ich auf allen Ebenen deutlich mehr Risiken als Chancen für den Einsatz von KI. Dass ein Herr Hoffmann das anders sieht ist nicht überraschend.
      Ansonsten pflichte ich Ihnen vollumfänglich bei.

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