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Was will er mit Pegasus? Der slowakische Regierungsschef Robert Fico 2014. © cc-by-nd European Council

Auch slowakischer Geheimdienst soll Pegasus einsetzen

Chris Köver /  Die umstrittene israelische Überwachungssoftware bleibt beliebt. Der Trojaner ist bereits in diversen EU-Staaten im Einsatz.

psi. Dieser Artikel wurde vom Online-Magazin netzpolitik.org produziert, wo er zuerst erschien. Infosperber publiziert ihn im Rahmen einer Creative-Commons-Lizenz. Wie Infosperber alimentiert sich netzpolitik.org durch Spenden.

Der slowakische Geheimdienst und womöglich auch weitere Ermittlungsbehörden im Land sollen den Staatstrojaner Pegasus angeschafft haben, mit dem man aus der Ferne in Mobiltelefone eindringen kann. Das berichtet die slowakische Tageszeitung Denník N unter Berufung auf «vier verschiedene Quellen mit Verbindung zum Sicherheitsumfeld“.

Slowakische Behörden sollen demnach erst vor Kurzem den Staatstrojaner der Herstellers NSO Group gekauft haben. Eine Quelle habe berichtet, das System sei seit September aus dem Testbetrieb in den vollen Einsatz gegangen. Der slowakische Geheimdienst habe die Anschaffung nicht bestätigt.

Am Dienstag soll demnach auch der liberale Abgeordnete Juraj Krúpa eine Anspielung auf den Staatstrojaner gemacht haben. Auf einer Pressekonferenz sprach er davon, der Geheimdienst könne ohne Gerichtsbeschluss Abhörmassnahmen einleiten. Es gehe um ein neues System, «mit denen er sich in Telefone und elektronische Geräte hacken kann und die er nach und nach einführt». Juraj Krúpa sitzt im parlamentarischen Ausschuss für Verteidigung und Sicherheit.

In der Slowakei ist seit 2023 wieder der Nationalkonservative Robert Fico Ministerpräsident. Politisch und ideologisch orientiert sich sein Kurs vor allem am Nachbarn Victor Orbán. Nationalismus, Hetze gegen Migrant:innen und queere Menschen sowie Angriffe gegen die kritische Presse prägen das Programm. Aktuell fährt Fico eine persönliche Kampagne gegen den Oppositionschef und dessen Familie.

Weicher Kurs der EU-Kommission

Passiert ist danach wenig. Die EU-Kommission hat die Forderungen des Ausschusses, etwa nach strikteren rechtsstaatlichen Kontrollen für Überwachungssoftware, bislang nicht umgesetzt. Mitgliedstaaten können so weiterhin darauf bestehen, es gehe um Belange der «nationalen Sicherheit». In diese darf sich die EU nicht einmischen.

Erst vor wenigen Tagen hatte eine Gruppe von zivilgesellschaftlichen Organisation wieder gemahnt: Die neue Kommission müsse endlich die Rahmenbedingungen für den Einsatz von Spähsoftware radikal verschärfen. Software, die derart tief in Grundrechte eingreift, dürfe in Europa nicht mehr hergestellt, eingesetzt oder gehandelt werden. Die Kommission arbeitet laut Politico gerade an einem Text, mit dem sie auf den Skandal reagieren will. Der soll aber nur Empfehlungen an die Staaten enthalten, keine Verpflichtungen.

Anklage in Polen, Ermittlung in Spanien

Auch die juristische Aufarbeitung der Skandale geht nur schleppend voran. Fahrt nehmen sie bislang allenfalls in Polen auf, wo vergangenes Jahr eine neue Regierung gewählt wurde. Dort beschäftigt sich jetzt eine parlamentarische Kommission mit den Fällen. Vergangene Woche wurde der ehemalige stellvertretende Justizminister Michał Woś von der Staatsanwaltschaft angeklagt. Ihm wird vorgeworfen, die Beschaffung der Spähsoftware Pegasus mit illegalen Mitteln in die Wege geleitet zu haben.

Auch in Spanien wurden Ermittlungsverfahren zum Einsatz von Pegasus wieder eröffnet, nachdem Frankreich neue Informationen geliefert hatte. Der Überwachungsskandal im Land war einer der grössten in der EU. Nicht nur der Premierminister Pedro Sánchez und mehrere seiner Minister:innen sollen mit Pegasus ausgespäht worden sein. Das kanadische Citizen Lab, ein IT-Labor der Universität Toronto, wies auch nach, dass mehr als 60 katalanischen Separatist:innen mit dem Trojaner ins Visier genommen wurden. Auch die katalanische Regierung und mehrere Abgeordnete waren darunter.

In Deutschland setzen das Bundeskriminalamt (BKA) und auch der Bundesnachrichtendienst (BND) Pegasus ein. Das BKA soll seit 2021 den Trojaner einsetzen, über den Einsatz beim Auslandsgeheimdienst BND ist kaum etwas bekannt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Chris Köver ist seit 2018 Redakteurin von netzpolitik.org. Sie recherchiert unter anderem zu Digitaler Gewalt, so genannter Künstlicher Intelligenz und zur Migrationskontrolle. Bis 2014 war sie Chefredakteurin des Missy Magazine.
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Eine Meinung zu

  • am 25.09.2024 um 17:21 Uhr
    Permalink

    Ist das Ihr Ernst? Waren Sie überhaupt schon mal in der SK?
    Ganz offensichtlich nicht, sonst müssten wir mal über all die Gurkentruppen an Vorgängerregierungen sprechen, die ein totalitäres rücksichtsloses C-Massnahmenregime durchgezogen, die slowakische Verteidigung plattgemacht hat, so hat die SK wegen des wahnsinnigen Befeuerns des Ukrainekonflikts nun keine eigene Luftabwehr mehr.
    Die Slowaken sind mehrheitlich konservative Menschen, weder die woke Jugend in Bratislava noch die in Košice stehen repräsentativ für die Bevölkerungsmehrheit. Mein Schwager ist (wie meine Frau) slowakischer Staatsbürger und dazu schwul. Er hätte nie berichtet, in irgendeiner Art unterdrückt zu werden oder Opfer von ‹Hass und Hetze› gewesen zu sein.
    Eine Alterrente beträgt im Durchschnitt 200€ im Monat, bei Preis für Güter des Alltags auf westeuropäischem Niveau. Die slowakische Bevölkerung will keine Massenmigration aus Krisengebieten, weil sie schlicht ausbluten würde. Aber das ist halt rääächts!

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