Schon 36’000 Unterschriften gegen die «weibliche Scham»
Den Initiantinnen einer öffentlichen Petition geht es um den Begriff «Schamlippen», für den es im Duden keine Alternative gibt. Mit «Schamlippen» bezeichnet man die Hautfalten der Vulva. Diese umfasst die äusseren weiblichen Geschlechtsorgane. Die Journalistin Gunda Windmüller und die Autorin Mithu Sanyal schlagen «Vulvalippen» als neue Bezeichnung vor. Mit einer Petition rufen sie dazu auf, diesen Begriff zu verbreiten. Bis Anfang Januar kamen bereits fast 36’000 Unterschriften zusammen.
«Sprache schafft Wirklichkeit»
Scham sei mit schämen verbunden und Schamlippen deshalb die falsche Bezeichnung für einen lustvollen Teil des Körpers, heisst es in der Petition. «Der Begriff passt nicht in unsere Zeit. Er gibt eine falsche, eine verschämte, eine lustfeindliche Vorstellung von Körpern und Sexualität wieder.» Mit der Scham habe man die Sexualität über Jahrhunderte diszipliniert und eingeengt. «Sprache schafft Wirklichkeit. Wenn wir also die Scham loswerden wollen, müssen wir auch diese alten Begriffe loswerden.»
Neuen Begriff durchsetzen
Gunda Windmüller und Mithu Sanyal wollen erreichen, dass der Begriff «Vulvalippen» in den Duden aufgenommen wird und mit der Zeit den Begriff «Schamlippen» ersetzt. Da die Duden-Redaktion nur auf die Entwicklung der Sprache reagiert und nicht selber agiert, muss sich der neue Begriff zuerst im Sprachgebrauch durchsetzen. Mit der Petition rufen die Initiantinnen deshalb alle auf, nur noch von «Vulvalippen» zu sprechen, namentlich bei Ärztinnen, Lehrpersonen und in sozialen Netzwerken. Mithu Sanyal: «In zehn Jahren werden wir zurückblicken und es nicht mehr glauben können, dass die Lippen wirklich mal Schamlippen genannt wurden, als müsse man (und in diesem Fall meistens eben frau) sich dafür schämen.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Barbara Marti ist Redaktorin und Verlegerin der Online-Zeitschrift FrauenSicht.
Zum Thema hat sich der Schweizer Arzt Paracelsus (1493 – 1541) , nachweislich transsexuell, mit zum Teil ausgezeichneten alten deutschen Ausdrücken ausgelassen, so in einschlägigen Büchern zwischen 1527 und 1538. Ich erlaubte es mir in meiner Biographie darzustellen unter der Rubrik «Die Frau von Kopf bis Fuss nach Paracelsus», aber auch der männliche Geschlechtsapparat kam ins Deutsche rein, etwa das sog. «Gemäch». Dabei ist von ideologischen Umbenennungen nach feministischer Ideologie im Prinzip wohl wenig zu halten, vgl. die französischrevolutionären, faschistischen, nationalsozialistischen, kommunistischen und anderen totalitären Sprachmanipulationen. Die Sprachgeschichte und generell die Philologie birgt jedoch zum Thema einen recht reichlichen und zum Teil qualifizierten, nicht mit Medizinlatein durchsetzten Wortschatz. Selber halte ich an der Seniorenuniversität Luzern nächste Woche einen entsprechenden Vortrag zur Thematik «Die Sexualität unserer Vorfahren in der Innerschweiz». Als Student unter Althochdeutschkenner Prof. Stefan Sonderegger, gest. 2017, wurde bereits der althochdeutsche Wortschatz zum Thema aufgearbeitet. Wer weiss wohl noch, was das heisst: «Gevattere, laz mi sertan"? Es wird allerdings nicht ganz klar, ob damit homosexueller oder heterosexueller Verkehr gemeint sei. Um bei diesen Fragen einigermassen kompetent mitreden zu können, z.B. auch beim Hintergrundverständnis um «Fräulein», muss man weder Frau sein noch schwul, philologisch geschult genügt.
Bestens. Und die weiteren weiblichen Teile, wie Schamhügel, Schamhaare? Hügel der Vulva? Vulvahügel? Haare der Vulva? Vulvahaare? Das wird amüsant!
Zitat aus obigem Beitrag: „Scham sei mit schämen verbunden und Schamlippen deshalb die falsche Bezeichnung für einen lustvollen Teil des Körpers, heisst es in der Petition“. Zitat Ende. Der Logik folgend müsste dieser Körperteil „Lustlippen“ oder „Lustfalte“ heissen. Windmöller und ihre Mitstreiterinnen sollen sich doch an die von Ihnen geltend gemachte Realität halten. Oder schämen sie sich doch noch einwenig, wenn es um den Ort der Lust geht. Windmöller macht nur einen kleinen Schritt. Nötig ist ein zweiter Schritt, um das Kind beim Namen zu nennen. Den zweiten Schritt auf der Flucht nach vorne überlassen sie wohl ihren Töchtern. Oder sogar den Söhnen? Nein das kann doch nicht sein.
Zitat aus obigem Beitrag: „Scham sei mit schämen verbunden und Schamlippen deshalb die falsche Bezeichnung für einen lustvollen Teil des Körpers, heisst es in der Petition“. Zitat Ende. Der Logik folgend müsste dieser Körperteil „Lustlippen“ oder „Lustfalte“ heissen. Windmöller und ihre Mitstreiterinnen sollen sich doch an die von Ihnen geltend gemachte Realität halten. Oder schämen sie sich doch noch einwenig, wenn es um den Ort der Lust geht. Windmöller macht nur einen kleinen Schritt. Nötig ist ein zweiter Schritt, um das Kind beim Namen zu nennen. Den zweiten Schritt auf der Flucht nach vorne überlassen sie wohl ihren Töchtern. Oder sogar den Söhnen? Nein das kann doch nicht sein.
Ergänzung: Etliche unter uns, meine Person eingeschlossen, haben in ihrem Leben mal unter einer Profilierungsneurose gelitten. Aber wenige konnten wahrscheinlich über 36’000 Personen motivieren. Das Wort Scham wird ja für verschiedene Bereiche des Unterleibs benutzt, also müssten die anderen Scham… auch unbenannt werden. Habe es ja im ersten Post versucht. Was aber ist zum Beispiel mit dem Schambein? Ich überlasse die möglichen Varianten dem geneigten Leser, der geneigten Leserin. Nur ein Begriff sollte stehen gelassen werden: Der Schambereich! Damit wir uns immer wieder bewusst werden, respektive uns schämen können, über diesen Sturm im Wasserglas, oder sollte ich sagen, im Urinbecher?
Und die Schamhaare, die Schamgegend? Haben Männer dann Vulvahaare und eine Vulvagegend?
Die Wortherkunft «Scham» kommt von ‹Schamgegend›, welche üblicherweise verhüllt wird (Schamgefühl) und deswegen bei Männern UND (sic) Frauen so heisst.
Das Wort stammt vom germanischen skamo (Schande, Beschämung) zurück; nur im Deutschen entwickelte sich die Bedeutung „Schamgefühl“ und das Verständnis des Begriffs als verhüllende Bezeichnung für die Geschlechtsteile.
aber typische selekitve Wahrnehmung in der feministischen Filterblase.
Gibt es keine wichtigeren Probleme bezüglich Gleichstellung als diesen sprachlichen Begriff? Bei der Abschaffung des «Fräulein» war ich voll einverstanden. Auch Lohngleichheit, Chancengleichheit, usw. vertrete ich seit Jahren mit Überzeugung. Wenn schon eine andere Bezeichung warum nicht «Rosenblüte"? Wäre wenigstens romantisch.