Frauenrechte

Frauenrechte sind in Gefahr, wenn Frauen in Gesetzen und Behörden sprachlich nicht mehr genannt werden. © EZ

Rechte und Linke hebeln Gleichstellung aus

Barbara Marti /  Der verfassungsmässige Auftrag, Frauen und Männer gleichzustellen, gerät politisch unter Druck. Aktivistinnen schlagen Alarm.

In der Schweiz sorgte kürzlich die konservative SVP für Schlagzeilen, weil sie in ihrem neuen Parteiprogramm dem «Gender-Terror und Woke-Wahnsinn» den Kampf ansagt. Im medialen Lärm ging unter, dass die SVP dazu nicht nur den Genderstern zählt, sondern auch die Gleichstellungsbüros. Die Partei werde systematischer als bisher auf allen Ebenen Vorstösse zu deren Abschaffung einreichen, sagte SVP-Programmchefin Esther Friedli dem «Tages-Anzeiger».  

Unterstützung für Gleichstellung bröckelt
Fachstellen, die sich für die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern einsetzen, gibt es auf Ebene des Bundes, der Kantone und der Gemeinden. Sie sind seit Jahren politisch unter Druck, obwohl die Gleichstellung in der Schweiz immer noch nicht verwirklicht ist. Einige haben den Kampf um ihre Existenz bereits verloren. Andere können nicht mehr auf die bisherige Unterstützung der Linken zählen.

Frauen verschwinden aus Gesetz und Behörde
Aktuelles Beispiel ist der Kanton Basel-Stadt: Die bisherige Abteilung «Gleichstellung von Frauen und Männern» wird mit den Fachstellen «Diversität und Integration» und «Rechte von Menschen mit Behinderungen» zusammengeschlossen und heisst ab März Abteilung «Gleichstellung und Diversität». Frauen verschwinden damit sprachlich. Und die bisherige Leiterin der Abteilung «Gleichstellung von Frauen und Männern» wird von der Leiterin zur «Stabsmitarbeiterin». Das sind nicht nur sprachliche Änderungen, sondern auch inhaltliche. 

SP-Politikerin unterstützt Änderungen
Verschwinden sollen die Begriffe «Frauen» und «Männer» auch weitgehend aus dem kantonalen Gleichstellungsgesetz. Die Regierung will sie durch einen Geschlechterbegriff ersetzen, «der alle Menschen umfasst, die durch die bestehende Geschlechterordnung benachteiligt werden». SP-Grossrätin Melanie Nussbaumer unterstützt die Gesetzesrevision. Das neue Gesetz fokussiere zwar nicht auf die Gleichstellung der Frauen, sagte die 36-Jährige gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Sender SRF. «Doch alle bisherigen Ressourcen und Projekte bleiben bestehen und werden weitergeführt.» Der neue Gesetzesauftrag, LGBTQI-Menschen vor Diskriminierung zu schützen, sei wichtig: «Die Diskriminierung führt bei manchen LGBTQI-Personen zu psychosozialen Problemen, ausserdem ist die Suizidrate unter ihnen erhöht.»

Gleichstellung und Diskriminierungsschutz sind nicht dasselbe
Auch für Frauenrechtsaktivistinnen ist der Diskriminierungsschutz für LGBTQI-wichtig. Doch dieser dürfe nicht auf Kosten der Gleichstellung von Frauen gehen, die immer noch nicht verwirklicht sei. Sie fordern, das bisherige Gesetz beizubehalten, das Politik und Behörden explizit beauftragt, Frauen und Männer gleichzustellen. Im Namen der Plattform «Justitia ruft» schrieb die frühere SP-Nationalrätin Margrith von Felten: «‹Justitia ruft› wehrt sich gegen ein Gesetz, das Frauen – bekanntlich die Bevölkerungsmehrheit – wegdefiniert, obwohl ihre Gleichstellung sein Kernthema wäre.» Die Biologin Martina Meier sagte in der «Sonntagszeitung»: «Gleichstellung bedeutet, ein bisher nicht mit gleichen Chancen ausgestattetes Kollektiv – die Frauen – so zu fördern, dass es dem anderen Kollektiv – den Männern – gleichgestellt ist.» Hingegen gehe es bei LGBTQI-Personen um den Schutz der Einzelnen vor Diskriminierung. Dieser Diskriminierungsschutz müsse in einem separaten Gesetz sichergestellt werden und dürfe nicht auf Kosten der Gleichstellung der Frauen geschehen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Die Autorin ist Redaktorin und Herausgeberin des Online-Magazins «FrauenSicht».
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

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Gleichstellung und Gleichberechtigung: Angleichung der Geschlechter – nicht nur in Politik und Wirtschaft.

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