Österreich: Kein Geld mehr für die Gleichberechtigung
Als eine der ersten erwischte es das mehrfach ausgezeichnete feministische Magazin «an.schläge». Es folgten Fraueninitiativen, Frauenhäuser, Präventionsprojekte, feministische Medien- und Integrationsprojekte. Österreich hat zahlreichen Frauen- und Familienorganisationen die finanzielle Unterstützung gekürzt oder ganz gestrichen. Die meisten erfuhren erst Ende Juli davon, viele vorerst sogar nur mündlich.
Darunter der Verein «One Billion Rising Austria» (Obra), der sich gegen Gewalt gegen Frauen einsetzt und dem mit 5‘500 Euro das gesamte Budget gestrichen wurde, oder auch der Dachverband Österreichischer Frauenring, der auf 7‘980 Euro verzichten muss, oder auch Organisationen wie der Österreichische Berg- und Kleinbäuer_innen-Verein. Eine nicht vollständige Liste hat «DerStandard» veröffentlicht.
Viele Frauenorganisationen wirtschaften prekär
Für die frauenpolitischen Vereine ist das ein herber Schlag. Viele dieser Organisationen sind in ihrer Existenz bedroht. Einige wirtschaften schon jetzt an der Grenze des Machbaren und stützen sich in hohem Mass auf ehrenamtliche Arbeit.
Die österreichische Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) begründet die Einschnitte mit einer generellen Kürzung für das Frauen- und Familienministerium sowie einer Umschichtung von Mitteln in Richtung Gewaltschutz. Das Budget für das Frauenministerium wurde für 2018 um 180’000 Euro gekürzt, für 2019 fallen nochmals 230‘000 Euro weg.
Prävention fällt unter den Tisch
Zeitgleich wurden Programme wie Lehreinheiten zur Gewalt in der Familie bei der Polizei gestrichten. Vor dem Hintergrund der Kriminalstatistik ist das unverständlich. Trotz eines leichten Rückgangs von Gewalttaten nahmen Tötungsdelikte und Vergewaltigungen in Österreich 2017 zu. Zwei von drei erfassten Gewalttaten waren Beziehungsdelikte.
Maria Schwarz-Schlöglmann, Vorsitzende des Bundesverbandes der Gewaltschutzzentren, wies allerdings darauf hin, dass es sich bei den zusätzlichen Mitteln für den Gewaltschutz nur um eine vertraglich zugesicherte Inflationsabgeltung handle, die mehrheitlich die steigenden Personalkosten abdecke. In den kommenden Jahren erhält auch der Bereich Gewaltprävention weniger als 2015 und 2016. Für 100 zusätzliche Frauenhausplätze, die Bogner-Strauss angekündigt hatte, werden nach ihren Worten zunächst Bedarfsermittlungen angestellt, was bis 2022 dauern könne.
Volksbegehren fordert Rücktritt der Familienministerin
Die Kürzungen haben zu anhaltenden Protesten geführt. Kritik kam neben der SPÖ («ein Budget ist nichts anderes als in Zahlen gegossene Politik») auch von den Gewerkschaften. Ein Volksbegehren vom 20. Juli fordert den Rücktritt von Bogner-Strauss.
Besonders frauenfreundlich, schreibt eine Kommentatorin in «Die Wienerin», sei die österreichische Politik derzeit nicht. Seit ihrem Amtsantritt habe die Regierung Kurz in Österreich bereits die Höchstarbeitszeit verlängert, Kinderbetreuungsplätze gekürzt und Alleinerziehende schlechter gestellt. Burschenschaften hätten sich dafür über mehr Geld freuen dürfen.
Dass das Thema Gewalt gegen Frauen nun in den Bereich der inneren Sicherheit verschoben werde, passe ins Bild. Frauenrechte interessierten die rechtskonservative Regierung nur, wenn es «fremde Täter» gebe. Deren Zahl ist laut oben erwähnter Statistik bei Gewaltdelikten von 2008 bis 2017 von 109 auf 635 Tatverdächtige angestiegen. Die Zahl der «inländischen Tatverdächtigen» stieg im selben Zeitraum allerdings ebenfalls: von 135 auf 516.
Zum Glück ist noch nicht aller Tage Abend: Das Magazin «an.schläge» zum Beispiel wird dem Kahlschlag vermutlich entgehen. Bereits im Februar machte die Monatszeitschrift ein Crowdfunding, da sie schon im Jahr 2000 Erfahrungen mit einer blau-schwarzen Koalition aus ÖVP und FPÖ gemacht hatte. Auch damals waren dem Magazin die Mittel gekürzt worden.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Femminismus ist das reine Gegenteil von Gleichberechtigung.
Als Feindbild ‹Mann› bin ich froh, dass deren Finanzierung endlich gestrichen wurde.