Ellexx reiche Frau

Die Finanzplattform Ellexx will «die Geldlücken im Leben von Frauen schliessen». Es gelingt ihr aber nicht, ihre eigenen Geldlücken zu schliessen. © Depositphotos

Ellexx: Wer die Frauenfirma hinterfragt, ist sexistisch

Esther Diener-Morscher /  Für die Ellexx-Gründerinnen ist Kritik an ihrer Frauen-Finanz-Plattform vor allem eines: Frauenfeindlich.

Ellexx ist eine Finanzplattform für Frauen. Sie soll Frauen bei ihrer Finanzplanung helfen. Allerdings hat Ellexx derzeit selber Probleme mit der Finanzplanung: «Ellexx bleibt weit hinter den eigenen Wachstumszielen zurück», schrieb die «Handelszeitung» (Bezahlschranke). «Es läuft nicht gut.» Das zu schreiben wagte eine Frau: Tina Fischer, eine Wirtschaftsjournalistin, die bei der Handelszeitung das Ressort Management leitet.

Patrizia Laeri, eine der Ellexx-Gründerinnen, reagierte prompt auf die missliebige Einschätzung des Geschäftsgangs: «Ich kenne als ehemalige Wirtschaftsjournalistin die Medien und ihre Mechanismen. Gerade der Wirtschaftsjournalismus ist fest in Männerhand», schrieb sie auf Linkedin und stellte dann die Journalistin als willenlose Vollstreckerin von Männerbefehlen dar: «Ich weiss auch, wie perfide es redaktionsintern abläuft. Die männlichen Chefredaktoren delegieren solche Aufträge gerne an jüngere Kolleginnen à la: ‹Schreib mal eine richtig harte, kritische Geschichte über eines der wenigen von Frauen gegründeten Start-ups›.»

Es ist durchaus üblich, dass die «Handelszeitung» Unternehmen an den Pranger stellt, die nicht so geschäften wie sie behaupten. Hätte die Zeitung im Fall von Ellexx schweigen sollen, weil das Unternehmen von Frauen gegründet worden ist? Tina Fischer hatte nur – wie es sich für eine Wirtschaftsjournalistin gehört – darauf aufmerksam gemacht, dass die Ankündigungen und Versprechen der Ellexx-Gründerinnen nicht zu den Zahlen passen, die das Jungunternehmen schreibt.

Die Frauen-Finanzplattform hätte letztes Jahr gemäss ihrem eigenen Plan eine Million Franken an Einnahmen erzielen sollen. Effektiv waren es laut «Handelszeitung» knapp 300’000 Franken. Dem stehen Personalkosten von über einer Million Franken gegenüber. Die Verluste nagten auch an den Reserven, warnte Fischer.

Laut der Rechnung der «Handelszeitung» bleibt der Firma kaum mehr etwas von den 1,4 Millionen Franken übrig, welche sie im Rahmen eines «Crowd-Investings» von vertrauensseligen Anlegerinnen erhalten hat.

Auf Anfrage von Infosperber wollen die Ellexx-Frauen keine Zahlen liefern. Sie betonen aber, wie «hervorragend» ihre Plattform «im Vergleich mit ähnlichen Fintechs und Benchmarks auf dem Schweizer Markt» abschliesse.

Den Artikel in der «Handelszeitung» kontern sie mit dem Vorwurf, es handle sich dabei um ökonomischen Sexismus. «Er zielt darauf ab, ganze weibliche Existenzen wirtschaftlich zu vernichten und zu verhindern, dass sie wirtschaftlich erfolgreich sind.» Und sie glauben nicht, dass der Artikel von Tina Fischer stamme: «Die männliche Chefredaktion hat die vermeintliche Recherche über Monate vorangetrieben, schliesslich aber nicht unter eigenem Namen publiziert.»

EllexxGründerinnen
Die Ellexx-Gründerinnen Patrizia Laeri, Simone Züger und Nadine Jürgensen (v.l.n.r.)

Das ist Ellexx

Ellexx ist eine Finanzplattform für Frauen. Sie will die Geldlücken im Leben von Frauen schliessen, deshalb lautet das Motto «Close the Gaps». Auf der Website heisst es: «Frauen haben im Schnitt viel weniger Geld als Männer. Warum? Die Ungleichheit beginnt im Kindsalter und zieht sich durch das ganze Finanzleben der Frau. Das wollen wir hier gemeinsam ändern.»

Derzeit arbeiten nur noch zwei der drei Gründerinnen für Ellexx: Die ehemalige SRF-Wirtschaftsredaktorin Patrizia Laeri und die Anwältin Nadine Jürgensen. Die Designerin Simone Züger hat das Unternehmen verlassen.

Ellexx wird unter anderem von ihren Abonnentinnen und durch die Vermittlung von Finanzprodukten und Versicherungen finanziert. Das Jahres-Abo mit Online-Seminaren und Finanztipps kostet 199 Franken pro Jahr.

Nach Angaben der Betreiberinnen ist die Abo-App nach zwei Monaten bereits über 8000 Mal heruntergeladen worden. Wie oft nach dem Herunterladen tatsächlich ein Abo gelöst worden ist, sagen sie nicht.

Die frauenfreundliche Ellexx-Anlage: ein Verlustgeschäft

Ellexx wirbt auf ihrer Website für ein eigenes Aktienprodukt: «Wenn dir insbesondere die Gleichberechtigung von Frau und Mann am Herzen liegt, dann haben wir die Lösung für dich: Mit dem Ellexx-Gender-Equality-Basket investierst du in 30 ausgewählte Unternehmen, die Diversität und Inklusion ernst nehmen.»

Zustande gekommen ist die Anlage, indem «wir monatelang mit unserem Investment-Partner Migros-Bank frauenfreundliche und nachhaltige Firmen gefiltert und jeden Titel einzeln recherchiert haben.»

Doch diese aufwändige Recherche nützt den Anlegerinnen finanziell rein gar nichts: Die Anteile haben seit der Ausgabe vor drei Jahren 12 Prozent an Wert verloren und werden noch zu 88 statt 100 Franken gehandelt.

Infosperber wollte von Ellexx wissen, warum sie Frauen ausgerechnet ein riskantes und teures Produkt empfiehlt. Ellexx schrieb, dass ein Vergleich des Erfolgs erst nach fünf Jahren möglich sei, dass auch andere solche Produkte schlecht abgeschnitten hätten und dass das Produkt «eher nicht für Anfängerinnen geeignet» sei.

Die eigentliche Antwort kommt in einem Nebensatz: «Uns stehen für unsere Kooperation mit der Migros-Bank 0,4 Prozent zu.»

Wenn Ellexx ihren Anlegerinnen wirklich einen guten Dienst erweisen möchte, würde sie ihnen einen so genannten ETF, einen Exchange Traded Fund, empfehlen. Die UBS bietet zum Beispiel mehrere Geschlechtergleichheits-ETF an. Sie haben in der gleichen Zeit, in welcher der Ellexx-Fonds 12 Prozent verloren hat, bis zu 15 Prozent gewonnen.

Die Doula-Versicherung

Die Ellexx-Gründerin Nadine Jürgensen ist auch Kolumnistin im Magazin des Tages-Anzeigers. Dort berichtete die Juristin Nadine Jürgensen, die sonst eher über Frauen und Geld schrieb, plötzlich über ihre Gewalterfahrungen bei den Geburten ihrer beiden Kinder und schrieb als Fazit: «Was mir und anderen widerfahren ist, soll sich nicht stetig wiederholen: Mütter brauchen eine engere Betreuung, idealerweise 1:1, beispielsweise mithilfe von Doulas.» Doulas sind nicht-medizinische Geburtsbegleiterinnen.

Ein paar Monate später lancierte Ellexx eine «frauenfreundliche und faire Zusatzversicherung». Sie sei «ab 32 Franken pro Monat» erhältlich, heisst es auf der Website. Diese Versicherung zahle unter anderem eine Doula.

Was dort nicht steht: Die Versicherung kostet für Frauen je nach Alter und Wohnort nicht 32 Franken, sondern mehr als das Doppelte, nämlich rund 70 Franken. An die Kosten für eine Doula zahlt sie alle zwei Jahre maximal 1200 Franken. Es lohnt sich nicht, nur deswegen eine teure Zusatzversicherung abzuschliessen.

Infosperber wollte von Ellexx wissen: «Widersprechen solche Angebote nicht Ihrem Anspruch, Frauen das richtige Finanzverhalten zu vermitteln?»

Ellexx antwortete: «Wir sind stolz darauf, eine Zusatzversicherung lanciert zu haben, die als eine der ersten die Kosten für Doulas übernimmt.»


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Keine
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