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Zeugung im Reagenzglas © Solis Invicti/Flickr/CC

Reagenzglas-Embryonen-Tests sind ein Menschenrecht

Barbara Marti /  Eltern dürfen im Reagenzglas hergestellte Embryonen auf Abnormalitäten untersuchen, entschied der Menschenrechts-Gerichtshof.

Italien verstösst gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, weil es verbietet, im Reagenzglas gezeugte Embryonen auf Erbkrankheiten zu untersuchen. Das entschied der Europäische Gerichtshofes für Menschenrechte. Italien kann das Urteil noch bei der Grossen Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte anfechten.
Ein rechtskräftiges Urteil hätte Auswirkungen auf die Gesetzgebung anderer Länder, die es verbieten, Embryonen vor dem Einpflanzen in die Gebärmutter zu testen (Präimplantations-Diagnose). Dazu gehören neben Italien auch die Schweiz und Österreich.
Abtreibung erlaubt, Embryo-Test verboten
Geklagt hatte ein Paar aus Rom, das ein Kind mit Mukoviszidose bekam. Eine weitere Schwangerschaft brach die Frau ab, weil der Fötus wieder an dieser Erbkrankheit erkrankt war. Um eine weitere Abtreibung zu verhindern, wollte das Paar eine Zeugung im Reagenzglas machen und den Embryo anschliessend testen lassen. In Italien ist die Präimplantations-Diagnose (PID) jedoch verboten. Hingegen ist die Abtreibung eines an Mukoviszidose erkrankten Embryos erlaubt.
Das sei ein rechtlicher Widerspruch, sagt der Gerichtshof für Menschenrechte. Falls Einschränkungen bei der PID weiter gehen als bei Abtreibungen, sei dies ein unverhältnismässiger Eingriff in das Privat- und Familienleben der Eltern (Artikel 8 der Menschenrechtskonvention). Das Gericht berücksichtigte auch, dass von 32 untersuchten Staaten, welche die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet haben, nur noch drei die PID verbieten: Italien, die Schweiz und Österreich.
Italien rechtfertigte das PID-Verbot unter anderem mit dem Schutz der Gesundheit der Mutter. Dem hält der Gerichtshof entgegen, dass die erlaubte Abtreibung für die Mutter viel risikoreicher sei.
Urteil formell nur für Italien bindend, aber…
Falls diese das Urteil in letzter Instanz bestätigt, gebe es in Österreich Handlungsbedarf, sagt Georg Kathrein, Chef der Zivilrechtssektion im Justizministerium. Voraussetzung sei alllerdings, dass die italienische Rechtslage mit der österreichischen vergleichbar sei. Rechtlich zwinge ein Urteil Österreich zwar nur zum Handeln, wenn Betroffene aus Österreich klagen. «Der gute Ton» gebiete es aber, dass ein Konventionsstaat Entscheidungen des Menschenrechtsgerichtshofes nachvollziehe, so Kathrein in der «Presse». Die österreichische Bioethikkommission hatte kurz zuvor der Regierung empfohlen, die Präimplantations-Diagnosen zuzulassen.
Volksentscheid in der Schweiz
In der Schweiz will der Bundesrat die PID erlauben. Falls das Parlament diesem Vorschlag zustimmt, wird in letzter Instanz das Volk über die Präimplantations-Diagnose (PID) abstimmen.

Das Urteil (französisch).


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Die Autorin ist Herausgeberin und Redaktorin der Zeitschrift «FrauenSicht».

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