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Sie bringen Geld und Ablenkung: Smartphones in Kinderhänden. © SRF

Swisscom wirbt für Handys im Primarschulalter

Pascal Sigg /  In einer Broschüre empfiehlt das Unternehmen Handys ab sieben Jahren und bewirbt Kinderabos. Fachleute warnen.

Tausende Schweizer Familien erhalten einen Medienratgeber der Swisscom. Darin wirbt das Unternehmen des Bundes dafür, dass Kinder zwischen 7 und 10 Jahren ihr erstes Handy erhalten. Dies hat der «K-Tipp» (Paywall) jüngst recherchiert und aufgezeigt, dass auch einzelne Schulen der Swisscom auf den Leim kriechen und den Ratgeber an Schülerinnen, Schüler, Eltern und Erziehungsberechtigte verteilen.

Die Broschüre heisst «Mein erstes Handy». Und so argumentiert die Swisscom: «Im Alter von 7 bis 10 Jahren sind die Kinder empfänglicher für die Lenkung durch die Eltern, das Zeitfenster ist besonders günstig für Medienerziehung. Danach beginnen sich Kinder von den Eltern zu lösen und Freund*innen werden wichtiger.»

Überspitzt: Je früher, desto besser. Je länger Sie mit dem Handy fürs Kind warten, desto grösser das Risiko des Kontrollverlusts.

Im «K-Tipp» ärgert sich eine Mutter über die Broschüre, welche der Sohn aus der Schule nach Hause brachte. Denn die Swisscom macht auch Empfehlungen für die Bildschirmzeit. Diese lagen deutlich über den Regeln der Familie. Zudem wirbt die Swisscom auch gleich für eigene Handyabos. Damit kommt mit dem Medienratgeber aus der Schule gleich auch Werbung in die Familien.

Kritik von Lehrpersonen

Exakt dies kritisiert der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz. Dieser legte in einem Papier fest, wie sich Unternehmen in der Bildung engagieren sollen. Beat Schwendimann, Leiter Pädagogik beim Verband, sagte dem «K-Tipp»: «Es ist nicht angebracht, dass die Infobroschüre Werbung für Abos der Swisscom enthält.» Das widerspreche den vom Verband festgelegten Grundsätzen. Diese Regeln habe auch die Swisscom unterzeichnet.

Der Telecomkonzern schreibt auf Anfrage des «K-Tipp», man achte darauf, im Umfeld von Schulen keine werberischen Inhalte einzusetzen. Doch gleichzeitig teilte die Swisscom dem «K-Tipp» auch mit, dass über 7000 Schulen und Private ein kostenloses Abo für die Medienratgeber des Unternehmens haben. Und weitere Schulen und Institutionen hätten 35 000 Exemplare der Broschüre «Mein erstes Handy» bestellt.

In Irland spannen Eltern und Schulen zusammen

Derweil verbannen immer mehr Schulen die Smartphones. Im Rahmen der Berichterstattung über das Smartphone-Verbot an den Schulen in Köniz kam auch die Neurowissenschaftlerin Barbara Studer zu Wort. Sie plädiert generell für einen möglichst späten Zugang zu Smartphones – ab frühestens 14 Jahren. Ähnliches fordert schon länger eine Reihe von Fachleuten. So sagte der Zürcher Pädagoge und Psychotherapeut Beat Kissling Infosperber in einem Interview über Kinder im Primarschulalter, Medienkompetenz hiesse in diesem Alter zuerst einmal Medienabstinenz.

Wie das gehen kann, zeigte ein Beitrag der SRF-Sendung «10 vor 10». Demnach haben in der irischen Gemeinde Greystones fast alle Eltern eine Verzichtserklärung unterschrieben. Damit verpflichten sie sich, ihren Kindern bis 12 Jahre kein Smartphone zu kaufen.

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Der Autor ist Vater zweier Kinder im Kindergartenalter.
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Pascal Sigg

Pascal Sigg ist Redaktor beim Infosperber und freier Reporter.

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