Sperberauge

Polizei und Internetprävention

Heinz Moser © zvg

Heinz Moser /  Instruktoren der Zürcher Kantonspolizei warnen in den Schulen vor den Gefahren des Internets.

Die Kantonspolizei Zürich verstärkt gemäss der «NZZ» das Engagement der Polizei in der Medienbildung mit zusätzlichen Unterrichtsstunden in der 4. Klasse und in der 1. Sekundarschule. Cybermobbing und der Missbrauch intimer Fotos («Sexting») stehen dabei im Mittelpunkt.

Obwohl an Pädagogischen Hochschulen die Medienbildung als Fach für die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer auf dem Plan steht, trauen sich scheinbar viele Lehrkräfte nach wie vor nicht zu, solche Fragen selbst im Unterricht aufzunehmen. Sie sind froh, wenn sie die unangenehme Aufgabe an Externe abgeben können. Reinhard Brunner, Chef der Präventionsabteilung der Polizei, begründet dies jedenfalls damit, dass solche Zusatzlektionen von der Lehrerschaft gewünscht werden.

Die Themen, die von der Präventionstruppe der Polizei behandelt werden, betreffen denn auch Fragen, die «polizeinah» sind: Umgang mit dem Gesetz, Respekt und Gewalt im Allgemeinen und in der 1. Sekundarschule speziell auch Sexting und Cybermobbing. Vergleicht man diese Stossrichtung mit den Zielen der Medienbildung, wie sie im Lehrplan 21 angelegt sind, so ist dieser Unterricht arg auf die Gefahren des Medienzeitalters verengt. Denn es geht im zukünftigen Lehrplan nicht allein um die Gefahren. Ebenso wichtig ist es, Spass und Interesse an den Medien zu vermitteln, um an der Mediengesellschaft selbstbestimmt, kreativ und kritisch teilzuhaben.

Was Jugendliche möchten

In der gerade erschienenen Sinus-Studie 2016 («Wie ticken Jugendliche 2016?») äussern sich Jugendliche zu ihren Erwartungen zum Unterricht über Medien. Eindeutige Antwort: Sie wünschen sich weniger Orientierung an den Gefahren; sie möchten auch mehr über die Chancen der digitalen Medien erfahren. Wichtig ist ihnen, wie solche Chancen umgesetzt werden können, ohne sich Risiken auszusetzen. Der Sinus-Bericht wörtlich:

«Allgemein bemängelt wird, dass Technik zwar genutzt, jedoch nicht wirklich erklärt wird. Gern wüsste man, wie ein Computer oder das Internet eigentlich ‘funktionieren’. Gewünscht wird ein stärkerer Fokus auf technische Aspekte (wie man beispielsweise Windows mit einem Apple-Handy verbindet), ein tieferes Verstehen der benutzten Programme und eine grössere Relevanz der gelehrten Inhalte für das tägliche Leben.»

Die Jugendlichen finden, dass die Lehrerinnen und Lehrer nicht nur Mahner sein sollten. Die Ausrichtung auf die Gefahren wird aber nochmals verstärkt, wenn nun auch noch die Polizei «Lehrerlis» spielt. Schon deshalb ist es kaum sinnvoll, dass die Polizei die Aufklärung über die Medien zu einem wesentlichen Teil an den Schulen selbst übernimmt. Vor allem wenn dann noch bekannt wird, dass sie für dieses neue Engagement ihre Lektionen zur Verkehrssicherheit abbauen wird.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Der Autor war Medienpädagoge an der Pädagogischen Hochschule Zürich und an der Universität Kassel

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