UBSUZH_Vertrag

Noch immer sind im Vertrag zwischen der UBS und der Uni Zürich zahlreiche Stellen abgedeckt © UBS UZH

Der Fall UBS/Uni Zürich ist auch ein Fall NZZ

Christian Müller /  Der sogenannte Sponsoring-Vertrag zwischen der UBS und der Universität Zürich gibt viel zu reden. Die NZZ aber schweigt.

Infosperber hat darüber berichtet: Im Februar 2013 haben die Zürcher Philosophie-Professorin Ursula Pia Jauch und der Berner Staatsrecht-Professor Markus Müller zusammen mit weiteren 25 Erstunterzeichnern den «Zürcher Appell» lanciert. Es war ein Aufruf zur sauberen Trennung von wissenschaftlicher Forschung und privatwirtschaftlichen Partikular-Interessen. Anlass zu diesem vielbeachteten Appell gab der – damals noch geheimgehaltene – Vertrag zwischen der UBS und der Universität Zürich über die Gründung eines «UBS International Center of Economics in Society» am Institut für Volkswirtschaftslehre der Uni Zürich, an das die UBS 100 Millionen Franken zu zahlen bereit war. Der Appell ist zwischenzeitlich von über 1500 Leuten, vor allem Professoren und Uni-Studenten, unterzeichnet worden.

Inzwischen musste der Vertrag aufgrund eines Begehrens von Matthias Daum, Redaktor bei den Schweizer Seiten der Wochenzeitung «Die Zeit», und Marcel Hänggi von der WoZ und des Entscheides des zuständigen Verwaltungsgerichts veröffentlicht werden. Im in englischer Sprache abgefassten Vertrag kommt zum Vorschein, dass die Befürchtungen der Initianten des «Zürcher Appells» mehr als berechtigt waren. Die UBS erhält gemäss Vertrag nämlich das Recht für Auftritte an der Uni Zürich, die dazu geeignet sind, ihr durch zahlreiche Fehlspekulationen und Betrügereien ramponiertes Image PR-mässig wieder reinzuwaschen. Noch sind im veröffentlichten Vertrag allerdings etliche Stellen schwarz abgedeckt, womit natürlich auch die Bemühungen der beiden Journalisten um absolute Transparenz noch nicht zum Stillstand gekommen sind.

Seltsames Verhalten der NZZ

Schon im März 2013 hat Infosperber darauf aufmerksam gemacht, dass die NZZ den Fall nur im Zürcher Lokalteil behandelt hat und ihn so sichtbar herunterzuspielen versuchte. Doch auch jetzt nach der Veröffentlichung des Vertrages ist die NZZ auffällig deutlich bemüht, die Geschichte möglichst schnell unter den Teppich zu kehren. Nicht nur durch die erneute Berichterstattung nur im Lokal- und Regionalteil (als ob die Universität Zürich ein Zürcher Lokalinstitut wäre!), sondern auch durch die Kommentierung. Lokalredaktor Walter Bernet zum Beispiel kommentierte die Sache schon im Titel sehr simpel: «Forschung ist nicht tangiert». Und weiter unten ist in diesem Kommentar wörtlich zu lesen: «Es gehört seit einigen Jahren zu den erklärten Zielen der Universität Zürich, in ausgewählten Bereichen im globalen Wettbewerb der Hochschulen an der absoluten Weltspitze mithalten zu können, um die hellsten Köpfe nach Zürich zu bringen. Dieses Ziel ist ebenso erklärtermassen nur mit finanzieller Unterstützung durch Dritte zu erreichen. Die UBS hat das aus durchaus auch altruistischen Motiven in grossem Umfang getan.»

Die UBS tut etwas aus «altruistischen Motiven»? Zum Lachen! Und die Universität Zürich, die zur absoluten Weltspitze gehören will, aber von der NZZ im Lokalteil abgehandelt wird? Kommentar überflüssig.

Schweigen und Aussitzen

Die NZZ versucht sich mit der Herausgabe der Vierteljahres-Beilage «Campus» im Zeitschriftenformat als das Publikationsorgan für die kommenden Akademiker zu profilieren. Doch auch für «Campus» war der UBS/Uni Zürich-Deal bisher kein Thema. Aber auch sonst: Von einer Zeitung, die sich jeden Tag mehrere Seiten Kultur-Berichterstattung leistet und jeden Mittwoch mehrere Seiten «Forschung und Technik» publiziert, hätte man zu dem brisanten Thema «Unabhängigkeit der Wissenschaften» eigentlich einen Leitartikel erwarten können. Nur, wer hätte den schreiben sollen oder wollen? Der Chef des Ressorts Schweiz, René Zeller? Eher nicht. Der FDP-stramme Kommentator pflegt in seinen Argumentationen, so er denn überhaupt argumentiert, mehr die Helebarde und den Morgenstern als das Stilet und ist damit für komplexe Themen per definitionem ungeeignet. Der Chef des Ressorts Wirtschaft, Peter A. Fischer? Wohl kaum. Zu eng sind die Beziehungen zwischen den Banken und den Wirtschaftsleuten der NZZ, zu gross das Anzeigenvolumen der UBS in der NZZ. Der NZZ-Wirtschaftschef kann es sich kaum leisten, dezidiert UBS-kritisch aufzutreten. Der Chef des Kulturteils, Martin Meyer? Auch der nicht, aus anderen Gründen, denn nach dessen Scheidung von der Philosophie-Professorin Ursula Pia Jauch, der Initiantin des Zürcher Appells, ist diese sogar als freie Mitarbeiterin aus den Spalten der NZZ verbannt worden, obwohl sie vorher von 1988 bis 2010, also 22 Jahre lang, als Artikel-Lieferantin hochwillkommen war. Oder der Chefredaktor selbst, Markus Spillmann? Er müsste gegen einen Mann schreiben, der bis drei Jahre vor dem Vertrag selber im Verwaltungsrat der NZZ sass und (immer noch) ein Aushängeschild der FDP ist: exBundesrat Kaspar Villiger.
Der Vertrag mit der Uni Zürich ist UBS-seitig nämlich von keinem Geringeren unterzeichnet als von Kaspar Villiger persönlich, damals VR-Präsident der UBS. Hat man aber in der NZZ je einen wirklich kritischen Artikel über einen aktiven oder ehemaligen Verwaltungsrat lesen können? Über Eric Honegger, der als Swissair-Chef des Swissair-Debakels wegen auch den NZZ-VR-Sitz aufgeben musste? Über Conrad Meyer, unter dessen VR-Präsidium die NZZ ihr ganzes Finanzvermögen veräussern musste und tief in die roten Zahlen geriet? Über Konrad Hummler, der als Privatbankier besonders schlau sein wollte und die aus der UBS-Betreuung verstossenen US-Steuerhinterzieher freudig zu übernehmen bereit war und damit – wen wundert’s – auf die Schnauze fiel?

Kann auch Schweigen eine Haltung sein?

So müssen die NZZ-Leserinnen und -Leser damit leben, dass

a) das traditionsreichste Intelligenzblatt der deutschsprachigen Schweiz zur Wahrung der Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Forschung und Lehre an der Universität Zürich noch keine angemessenen Worte fand (vom Kommentar zur «altruistischen» UBS und einigen anderen lokalen Kurzmeldungen einmal abgesehen), und
b) es noch nicht einmal für nötig befunden hat, der Initiantin des Zürcher Appells, der Zürcher Philosophie-Professorin Ursula Pia Jauch, oder einem anderen Vertreter des «Zürcher Appells» Gelegenheit zu geben, ihre Sicht der Dinge darzulegen, obwohl Ursula Pia Jauch ausdrücklich und schriftlich darum gebeten hat. Ein Brief der Philosophie-Professorin an die NZZ, der Infosperber vorliegt, beginnt so:

«Sehr geehrter Herr Bernet,
Gestatten Sie einer langjährigen (von 1988 bis 2010) freien NZZ-Mitarbeiterin eine kleine Bemerkung über die wissenschaftspolitische NZZ-Berichterstattung, u.a. jetzt auch in Sachen UBS-Deal mit der UZH / ‹Zürcher Appell›: So sehr ich Ihre differenzierte Berichterstattung schätze, wundere ich mich doch, dass die NZZ nie jemandem vom ‹Zürcher Appell› das Wort erteilt oder mit ihm/ihr das Gespräch gesucht hat. Haben Sie nicht die Grösse, dies endlich zu tun? Es gehörte zur journalistischen Fairness.»

Eine Antwort hat die Philosophie-Professorin bis heute nicht erhalten. Die NZZ scheint das ihr unangenehme Problem des Deals zwischen der UBS und der Universität Zürich einfach aussitzen zu wollen.

– – – – – –


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Der Autor hat an der Universität Zürich studiert und in Geschichte und Staatsrecht zum Dr. Phil. I promoviert.

Zum Infosperber-Dossier:

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ETH, Universitäten und Hochschulen lassen sich Lehrstühle, Institute und Forschung von Privaten mitfinanzieren.

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5 Meinungen

  • am 3.12.2013 um 18:54 Uhr
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    Ich habe mich noch nicht näher mit dem konkreten Fall beschäftigt, möchte aber eine kurze Zwischenfrage stellen: Stört primär der Geldgeber UBS oder wendet sich der Autor generell gegen Drittmittel an Universitäten? Ich vermute mal letzteres, denn es ist angeblich «ethisch nicht zu verantworten". Wenn dem so ist, wo bleibt die Kritik an anderen Universitäten? Einem Artikel aus der Handelszeitung vom 12.09.2007 zum Thema Lehrstuhlsponsoring kann man entnehmen, dass z.B. die Uni Basel «[d]ie grösste Erfahrung mit gesponserten Professuren hat […]. 28 Professuren aus praktisch allen Fakultäten sind derzeit ganz oder teilsweise aus Drittmitteln finanziert. Das Geld stammt von Firmen wie Novartis oder Roche, aber auch von Stiftungen und Privatpersonen […]". Roche! Novartis! Aufschrei! Oder doch nicht? Und – was ist mit den Fachhochschulen? Ich gehe schwer davon aus, dass hier die Finanzierung über Drittmittel mindestens gleich hoch sein wird wie bei den Universitäten.

  • am 4.12.2013 um 11:49 Uhr
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    @) Michael Gisiger, lesen Sie doch bitte einfach mal den in wichtigen Teilen publizierten Vertrag durch, den die Uni mit der UBS schloss. Es geht hier nun wirklich nicht um eine akademische Diskussion über «Drittmittel". Uebrigens verdanken wir die Veröffentlichung der Einzelheiten nicht der NZZ als Hüterin des liberalen Erbes (was immer das sei), oder andern sog. Leadmedien sondern zwei jungen Journalisten, die sich auf eigene Faust nicht einfach mit Medienmitteilungen abspeisen liessen.

  • am 4.12.2013 um 16:00 Uhr
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    Solange Politik und Wirtschaft nicht getrennt werden, werden auch die Wissenschaften immer mehr in die Verstrickung mit der Hochfinanz geraten. Ein Prozess welcher sich nur minimieren liesse mit einer strikten, sinnvollen Regulierung des Kapitalismus in der Demokratie. Der Kapitalismus hat der Demokratie zu dienen, und nicht umgekehrt. Doch alle diejenigen, welche über diese Angelegenheiten in der Legislative wichtige Entscheidungsträger sind, gehören selber zur Hochfinanz oder sind damit verstrickt über Verwaltungsratsmandate und andere «Nebeneinnahmen» Die Schweiz wurde zu einer Teil-Plutokratie. Wer mehr Geld hat, lebt länger, hat die bessere medizinische Versorgung, die bessere Ausbildung, das angenehmere Leben. Von Eidgenossenschaft, Demokratie und Schweiz wird bald nicht mehr viel übrig sein, die Schweiz macht dieselben Fehler heute welche die Usa vor 2 Jahren gemacht hat. Alles im Griff auf dem sinkenden Schiff, könnte man da sagen.

  • am 6.12.2013 um 22:13 Uhr
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    Nicht verzagen: Jesus(.ch) bringt Rat

    http://www.jesus.ch/themen/glaube/theologie_philosophie_religion/wissenschaftliche_theologie/177567-das_wort_unseres_gottes_bleibt_ewiglich.html,

    Auszug:

    «Die festliche Wochenende eröffnete der Bildungswissenschaftler Rolf Dubs, Alt-Rektor der Universität St. Gallen, am 29. Oktober mit einem Plädoyer für private Hochschulen. Die Schweiz brauche private Schulen, weil der «Bologna-Prozess» zu einer Bürokratisierung und damit Erstarrung des Hochschulwesens führe. Wettbewerb sei da notwendig. Zudem führt «Bologna» laut Dubs zu einem grösseren Einfluss der Politik auf die Bildung. Dies habe die Nivellierung des Bildungswesens zur Folge. Weiter bieten private Hochschulen hoch qualifizierten Wissenschaftern, die an staatlichen Universitäten keine Stelle finden, eine Chance. Als vierten Grund für private Hochschulen nannte Dubs in seinem Vortrag, dass sie mit ihrem klaren Profil für Sponsoring attraktiv seien. Der Bildungsexperte befasste sich auch mit den laufenden Akkreditierungsbemühungen der STH Basel und formulierte das Ziel, dass man sagen könne: «Wer von Riehen kommt, der ist Spitze!….."

    Genial! Dem Altrektor kann geholfen werden. Vorschlag: Die Öffentliche Hand zieht sich von der Universität St. Gallen zurück. Dafür machen die UBS und die anderen Goldesel in Zuknft exklusiv dort ihr Geldhäufchen. Wenn die CS das gut einfädelt, steuern vielleicht auch noch Finanziers aus Nahost etwas an die KapiTalibanMadrasa bei.

    Werner T. Meyer

  • am 6.12.2013 um 22:49 Uhr
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    @ Meyer – Da braucht es nicht mehr viel, laut dem von mir oben bereits erwähnten Bericht aus der «Handelszeitung» aus dem Jahr 2007 bestritt die HSG bereits damals (fast) die Hälfte ihres Budgets aus Drittmitteln. Im Übrigen sind die Aussagen von Dubs betreffend Bologna nicht ganz unzutreffend. Bürokratisierung, Verschulung und damit einhergehend eine Nivellierung (bedingt durch die starren Curricula) sind Tatsachen. Dass sich Dubs aber ausgerechnet vor den evangelikalen Karren namens STH spannen lässt, verwundert dann doch. Es wäre zudem ein äusserst schlechtes Zeichen, wenn ausgerechnet ein «theologisches» «Institut» die erste private Universität der Schweiz werden würde.

    Aber abgesehen davon, auch hier: Wo liegt das Problem? Private Fachhochschulen gibt es ja bereits in unserem Land.

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