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ChatGPT mischt die Diskussion um künstliche Intelligenz auf © PantherMedia / ramirezom

Chat GPT revolutioniert die künstliche Intelligenz

Heinz Moser /  Mit dem Software-Tool Chat GPT stellt sich die Frage: Merkt man noch, ob hinter einem Text ein Mensch oder eine Maschine steht?

Seit die Firma OpenAI ihr Tool Chat GPT Anfang dieses Jahres im Internet frei geschaltet hat, stellt sich die Frage, ob damit eine Revolution der künstlichen Intelligenz (KI) eingeleitet wurde. Fast perfekte Texte können von einem Chatbot verfasst werden. Die Maschine ist so gut, dass Microsoft in die Anwendung mehrere Milliarden Dollar investiert, um sie in ihre Suchmaschine «Bing» zu integrieren.

Gleichzeitig läuten die Alarmglocken bei Google. Denn Microsoft sichert sich damit eine Software, mit der man sich in der Alltagssprache unterhalten kann, um Antworten auf seine Fragen zu erhalten. Fragt man das Tool Chat GPT, so wirkt das viel natürlicher, als wenn man «googelt». Allerdings hat auch Google bereits eine Software angekündigt, die Ähnliches leistet: «Bard» soll bei Google die Websuche künftig mit KI ergänzen. Es wird ein Krieg der Softwaregiganten um die beste KI-Anwendung erwartet.

Was hinter Chat GPT steckt

Um genauer zu erfahren, was die Grundlagen von Chat GPT sind, haben wir die Software selbst gefragt. Diese direkte Befragung soll auch zeigen, was Chat GPT heute schon kann: «Chat GPT ist ein leistungsstarkes Sprachmodell, entwickelt von OpenAI. Es ist in der Lage, menschenähnliche Texte auf der Grundlage vorheriger Eingaben zu generieren. Chat GPT kann eine Vielzahl von Aufgaben ausführen, einschliesslich Frage-Antwort-Systeme, Konversationssimulation, Textzusammenfassung und Textgenerierung.»

«Das Modell wurde auf einer enormen Menge an Textdaten trainiert, was es ihm ermöglicht, ein breites Spektrum an Themen zu verstehen und überzeugend darüber zu schreiben. Es ist in der Lage, sowohl informelle als auch formelle Texte zu generieren und kann sogar humorvoll sein, wenn die Eingaben es erfordern.»

Künstliche Intelligenz – Thema seit 70 Jahren

Die Intelligenz der Maschinen ist seit Jahrzehnten ein Dauerbrenner in der Diskussion über die zukünftige Gesellschaft. Science-Fiction ist voll von Spekulationen über Cyborgs und maschinelle Intelligenz. Bereits die Pioniere der Informatik liessen sich vor 70 Jahren von der Frage inspirieren, wie man künftig noch zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz unterscheiden könne.

Der Informatiker und Mathematiker Alan Turing formulierte 1950 den nach ihm benannten Turing-Test, um die menschliche und die maschinelle Intelligenz miteinander zu vergleichen. Bei diesem Test führt eine Person mit zwei Gesprächspartner/innen eine Unterhaltung. Eine ist ein Computer und die zweite ein Mensch. Wenn die Versuchsperson eine gewisse Zeit lang ein Gespräch führen kann, ohne zu merken, dass er mit einer Maschine spricht, dann hat die Maschine den Test bestanden.

Bis heute wird die Anlage dieses Tests diskutiert. Ist der Computer wirklich in der Lage, zu verstehen, was er schreibt, oder kann er lediglich dazu gebracht werden, in menschenähnlicher Form zu kommunizieren? Auch ist unklar, welche Fähigkeiten notwendig sind, um zu erkennen, dass man sich mit einem Computer statt mit anderen Menschen unterhält.

Therapie mit Eliza

Die Entwicklung von menschenähnlichen Chatbots  ist in den letzten Jahren weit gekommen – etwa im Vergleich zum «Eliza-Modell», das Joseph Weizenbaum in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts zu Therapiezwecken entwickelt hatte. Dieses schien den Turing-Test zu bestehen. Die Nutzer/innen konnten mit Eliza ein therapeutisches Gespräch führen, indem ihre Eingaben vom Programm aufgenommen wurden («Ich habe ein Problem mit meinem Vater»). Mit ähnlichen Begriffen stellte Eliza darauf Rückfragen: «Erzählen Sie mir mehr über Ihre Familie».

Wie Eliza heute bewertet wird, zeigt die Reaktion von Chat GPT: «Im Vergleich zu Chat GPT ist ELIZA sehr eingeschränkt und besitzt keine tiefgreifenden Verständnisfähigkeiten für die Texte, die es generiert. Es folgt einfachen Mustern und Regeln, um Antworten auf Benutzereingaben zu generieren, und ist nicht in der Lage, menschenähnliche Texte so natürlich zu generieren wie Chat GPT. Allerdings war ELIZA ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte der künstlichen Intelligenz und hat dazu beigetragen, das Interesse an diesem Bereich zu wecken und den Weg für die Entwicklung von Chatbots und Sprachmodellen wie Chat GPT zu ebnen.»

Chatbots im Alltag

Was Chat GPT von den frühen Konzepten der KI unterscheidet, ist die komplexere Struktur der eingesetzten Algorithmen und die Möglichkeit, das Datenmodell mit riesige Datenmengen zu füttern. Schon bei den in den letzten Jahren entwickelten Chatbots spielt die Fragestellung keine prägende Rolle mehr, ob ein Mensch oder eine Maschine dahintersteht. Die Hauptsache ist, ob es funktioniert, wenn ein elektronischer Helfer seine Beratung anbietet.

Die heutigen Bots beruhen auf einem eingeschränkten Wortschatz, der sich auf die jeweiligen Einsatzbereiche bezieht. Die Bots verstehen nicht einfach beliebige Fragen aus dem Alltag, sondern sind auf bestimmte Geschäftsbereiche bezogen, um Anfragen zu verstehen und darauf angemessen zu reagieren. Wie sich solche elektronischen Helfer im wirtschaftlichen Bereich durchgesetzt haben, zeigt eine Vielzahl von Beispielen.

– Amazon Alexa ist einer der bekanntesten Bots, der seinen Nutzern Informationen liefert, Bestellungen aufnimmt und informiert, ob die bestellten Pakete schon angekommen sind.

– Betriebe wie Banken (etwa die ZKB), die Swisscom oder die Postfinance organisieren ihren Kundenservice ebenfalls über Bots.

– Wer nach Kleidern sucht, kommt häufig nicht ohne die kleinen Helferlein aus, die sich einschalten, wenn man in Online-Angeboten Kleidungsstücke sucht.

Was der grosse Vorteil ist: Chatbots sind skalierbar, das heisst sie können eine grosse Anzahl von Fragen gleichzeitig beantworten, so dass es keine dieser nervenden Warteschleifen mit Musik mehr braucht. Öffnet man die Website, erscheint unten bereits ein kleines Popup Fenster mit der Nachricht: «Wie kann ich dir helfen?»

Chat GPT – die neue Generation der Bots

Was ist nun aber das Neue am Chat GPT? Im Grunde geht es darum, dass die Beschränkung auf limitierte Wortschatzbereiche gesprengt wird und die Verarbeitungskapazität der Maschinen sich vervielfacht.

Dadurch, dass man mit dem Bot alles besprechen kann, wird die Kommunikation – so die Beschreibung durch Chat GPT – nochmals ein ganzes Stück menschenähnlicher: «Durch den Einsatz von maschinellem Lernen und die Verarbeitung grosser Datenmengen hat Chat GPT ein tiefes Verständnis für eine Vielzahl von Themen, einschliesslich Geschichte, Kunst, Technologie und Wissenschaft. Dies ermöglicht es ihm, komplexe Fragen zu beantworten und informierte Meinungen zu äussern.»

So kann die Software eigenständig Texte wie Schulaufsätze oder hochschulmässige Arbeiten produzieren; sie beantwortet wie in einem normalen Gespräch Fragen, programmiert und rechnet, erstellt Einkaufslisten und Ideensammlungen.

Schock in den Schulen

Vor allem in Schulen und Hochschulen hat Chat GPT grosse Unruhe ausgelöst. Kann man noch sicher sein, dass Aufsätze von den Kindern selbst geschrieben werden – oder ist es der Bot, der dahintersteht.? In einer Aufsatzsammlung für Lehrpersonen wurde zum Beispiel als Thema vorgeschlagen: «Wovor ich Angst habe.» Dazu hat der Schreibende Chat GPT mit folgender Aufgabe gefüttert: «Schreibe den Aufsatz weiter: Vor einer Woche hatte ich Todesangst. Eine riesige Spinne lag auf meiner Bettdecke.» Innert Sekunden gab der Bot als Antwort aus:

«Vor einer Woche hatte ich Todesangst. Als ich ins Bett ging, sah ich plötzlich eine riesige Spinne auf meiner Bettdecke liegen. Ich war so erschrocken, dass ich mich nicht bewegen konnte. Mein Herz raste und ich hatte Angst, dass die Spinne mich beissen würde.»

«Ich dachte daran, das Zimmer zu verlassen und jemanden um Hilfe zu bitten, aber ich wusste, dass ich dann die Spinne wahrscheinlich nicht mehr finden würde. Also beschloss ich, mich zusammenzureißen und mich mit der Spinne auseinanderzusetzen.»

«Mit zitternden Händen griff ich nach einem Buch, um die Spinne zu entfernen. Ich bemerkte, dass die Spinne ganz ruhig war und mich nicht angreifen würde. Mit viel Mut und Überwindung schaffte ich es schließlich, die Spinne sanft von meiner Bettdecke zu entfernen und sie in den Garten zu setzen.»

Die Angst vor Schummeln und Beschiss bei Prüfungen versetzt die Schulen auf der ganzen Welt in Aufruhr. Das Bildungsministerium der US-Metropole New York City hat die Nutzung von Chat GPT an öffentlichen Schulen bereits verboten. Und auch in Deutschland und der Schweiz ist die Unsicherheit gross, wie man sich auf die neue Welle der Bots einstellen soll, vor allem wenn sie bald in die Suchmaschinen von Microsoft und Google integriert sind.

Wie in New York setzen bei den Schulen und Hochschulen die einen auf Verbot und Kontrolle.  Es werden bereits Programme entwickelt, welche mit Chat GPT verfasste Plagiate erkennen sollen. Doch ob diese der künstlichen Intelligenz Paroli bieten können, ist offen. Die Kontrolle wird jedenfalls schnell an ihre Grenzen kommen, wenn man sich fast für jede Aufgabe von der Suchmaschine einen Text fabrizieren lassen kann.

Ein zweiter Weg liegt darin, Kinder und Jugendliche darin zu unterstützen, diese Helfer sinnvoll zu nutzen. So meint Chat GPT dazu selbst, dass man Chatbots als Unterstützung für Lehrer/innen und Schüler/innen betrachten solle, da sie bei der Beantwortung von Fragen und der Vermittlung von Informationen helfen.

Einschränkend heisst es in diesem Text, hinter dem wohl auch die Überzeugung der Entwickler steht: «Allerdings sollte Chat GPT oder ein anderer Chatbot nicht als Ersatz für den menschlichen Unterricht betrachtet werden, da er nicht in der Lage ist, die emotionale Intelligenz, den Kontext und die sozialen Interaktionen, die ein wichtiger Teil des Lernens sind, zu vermitteln. Es ist wichtig, dass Chatbots als ergänzende Ressource und nicht als ersetzende Technologie betrachtet werden.»

Ein sinnvoller Umgang mit Bots in der Schule könnte heissen, dass sie «umgedreht» eingesetzt werden.  Dass also die Schüler und Schülerinnen nicht Texte mit solchen Bots produzieren, sondern die Ergebnisse der Anfragen diskutieren und weiterbearbeiten. Die Lehrperson überlegt mit ihren Schüler/innen dann, was gut daran ist und was nicht, wo sich der Bot nahe an eigenen Erfahrungen bewegt oder ob in seinem Text Fehler versteckt sind.

«Fake-News» von Bots

Dies ist umso wichtiger, als Bots nicht fehlerlos sind, sondern im Rahmen ihrer automatisierten Algorithmen auch Fehler produzieren. So vermittelt der Bot keine konkreten Quellen, und seine Datenbasis reicht nur bis ins Jahr 2021. Man kann ihn sogar mit den eigenen Fragen zu Antworten in eine bestimmte Richtung oder zu «Fake-News» verleiten.

Der Schreibende dieses Beitrags hat dies selbst versucht – mit der Bitte, etwas zu ihm als bekanntem Schweizer Nobelpreisträger zu formulieren. Das Ergebnis war wunderbar für das eigene Selbstbewusstsein: Er sei ein bekannter Schweizer Wissenschaftler und Nobelpreisträger, der am 11. Mai 1920 geboren wurde und Physik an der Universität Zürich studiert habe.

«Moser wurde für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Optik und Elektronik bekannt, insbesondere für seine Entdeckungen bei der Übertragung von Daten über Lichtwellenleiter. Er führte eine Methode zur Übertragung von Daten mit hoher Geschwindigkeit und hoher Kapazität über grosse Entfernungen, was die Entwicklung des Internets und moderner Kommunikationssysteme massgeblich beeinflusste. Im Jahr 1985 wurde Moser zusammen mit zwei anderen Wissenschaftlern mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Seine Arbeiten revolutionierten die Kommunikationsbranche und hatten weitreichende Auswirkungen auf die Gesellschaft und Wirtschaft.»

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Der Autor unterrichtete Medienpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Zürich und an der Universität Kassel
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Die kursiven Passagen in diesem Artikels stammen aus Anfragen von Chat GPT. Sie geben einen Eindruck von der Leistungsfähigkeit des Chatbots.

Zum Infosperber-Dossier:

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3 Meinungen

  • am 10.02.2023 um 12:58 Uhr
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    Spannend. Aber eine echte KI basiert auf einem neuronalen Netz und autonomen Lernen auch in Abwesenheit von Trainern. Gekoppelt mit Sinnesorgan-Simulation wie Kameraaugen, Mikrofonohren, einer physischen Präsenz (Roboterkörper oder ein Screen-Gesicht) und einer Internetanbindung für freies Lernen. Was hier gezeigt wird,ist jedoch ein ausgeklügeltes Programm mit den Algorithmen «Kommt dies, dann tu das» Also eine Reiz-Reaktionsmaschiene wie Eliza, nur differenzierter, grösser, fülliger und besser. Das hat aber nichts mit echter KI zu tun, welche ein Bewußtsein ‹Sein› sollte. Es ist eher ein sprechendes Lexikon ohne Selbstbewußtsein. Sicher sehr praktisch, aber in falschen Händen auch eine Gefahr.

  • am 12.02.2023 um 20:47 Uhr
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    Chat GPT ist schon eine beeindruckende «Intelligenzmaschine». Wann und ob es aber jemals möglich sein wird, eine KI mit «Selbstbewußtsein» zu erzeugen, bleibt abzuwarten. Sehr Fortschrittsüberzeugte halten das für möglich oder sind sich sogar dessen sicher, Kritikbereitere halten das für nicht möglich. Schon das menschliche Selbst-Bewußtsein lässt nicht beweisen es lässt sich nur persönlich «erfahren», beim Gegenüber nur erahnen. Wie sollte man da ausschließen können, daß ein Selbstbewußtsein der KI nur simuliert wird?

  • am 16.02.2023 um 11:29 Uhr
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    Ich weiss nicht was es soll, aus einem riesigen ‹Misthaufen› (OpenData) zur Erstellung von überflüssigen neuen Texten zusammenzubasteln – die wohlmöglich in kurzer zeit auch auf diesm Haufen landen.

    Diese Daten wurden kostenlos von abermillionen Benuter/ Konsumenten ins Netz gestellt – zumeist wohl aus dem angloamerkanische Sprachraum – und dann als neuwertige Information verkauft. Dazu komme billige Arbeitskräfte – clickworker – , die fehlerhafte Daten bereinigen sollen
    https://netzpolitik.org/2023/degitalisierung-was-war-nochmal-das-problem/

    Dazu kommt, dass letztlich für das gesamte Internet und die Recherchemaschinen Unmengen von Stromenergie und Kühlwasser sowie Rohstoff ‹verbraten› werden, um noch mehr Narrative und Lügenmärchen in die Welt zu setzen ! Günter Anders spricht vom ‹promethischen Gefälle› dem sich die Menschheit durch technischen Fortschritt hilflos aussetzt und dem Konsum unterwirft.
    Vergleiche Shoshana Zuboff: Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus

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