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Stefan Mann, Agroscope: «Wir brauchen Saatgut aus dem Ausland.» © SRF

Die Schweiz ist den Saatgut-Konzernen ausgeliefert

Kurt Marti /  Saatgut-Importe verhindern laut Agroscope die Selbstversorgung der Schweiz. Die neue Agroscope-Chefin ist Teil des Problems.

Die Selbstversorgung der Schweiz mit Nahrungsmitteln wäre möglich. Dies folgt aus einer kürzlich veröffentlichten Studie von Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung.

Zitat aus der Agroscope-Medienmitteilung vom 19. Juli 2018:

«Die landwirtschaftlichen Flächen der Schweiz könnten die Selbstversorgung der Bevölkerung mit bis zu 2340 kcal pro Einwohner und Tag erlauben – das zeigen Modellrechnungen von Agroscope im Auftrag des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung. Dieser Wert liegt zwar unter dem heutigen Konsum von 3015 kcal, aber oberhalb der meisten Richtwerte der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung.»

Doch das Agroscope-Modell hat einen Haken, wie Stefan Mann, Leiter Sozioökonomie Agroscope, gegenüber der Tagesschau von SRF erklärte:

«Wenn wir bei bestimmten Kulturen, z. B. bei Zuckerrüben, kein Saatgut importiert bekommen, dann haben wir ein Produktionsproblem. Dann reichen die Vorräte nicht mehr lange und in der Schweiz selber stellen wir Zuckerrüben-Saatgut nicht her. Insofern brauchen wir Düngemittel, Saatgut und auch zum Teil Pflanzenschutzmittel aus dem Ausland, um diese Berechnungen, die wir durchgeführt haben, auch umsetzen zu können.»

Aber wie ist es zu dieser Saatgut-Abhängigkeit der Schweiz vom Ausland gekommen und wie gross ist sie? Wer sind die Gewinner und wer die Verlierer dieser Abhängigkeit? Wo sitzen die politisch Verantwortlichen dieser Abhängigkeit?

Über diese Fragen hat Infosperber unter dem Titel «Die Saatgut-Konzerne diktieren unsern Speisezettel» bereits Anfang 2017 berichtet:

Die Gewinner und Verlierer im Saatgut-Monopoly

«Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern fünf nach zwölf. Die Landwirte müssen den internationalen Saatgut-Multis wie Monsanto die Macht über das Saatgut entreissen und wieder unabhängig werden», forderte der Zürcher Bio-Pionier Martin Ott, Stiftungsrats-Präsident des «Forschungsinstituts für biologischen Landbau» (FiBL) im oben erwähnten Infosperber-Artikel.

Die teilweise hohe Importabhängigkeit der Schweiz beim konventionellen und biologischen Saatgut ist eine direkte Folge der reduzierten Mittel des Bundes für die Pflanzenzüchtung. Von diesem Rückzug des Bundes aus der einst so erfolgreichen Schweizer Saatgut-Züchtung profitierten vor allem die fusionierten, internationalen Saatgutkonzerne Bayer und Monsanto, DuPont und Dow Chemical, Chemchina und Syngenta, die gleichzeitig die internationalen Pestizid-Märkte beherrschen.

Die ersten Verlierer in diesem Monopoly sind die Schweizer Landwirte, die immer abhängiger von den internationalen Konzernen und deren Saatgut-Pestizid-Dünger-Pakete werden.

Das BLW reagierte auf diese negative Entwicklung erst auf einen Vorstoss der grünen Nationalrätin Maya Graf, die im Dezember 2011 ein stärkeres Engagement des Bundes in der Biozüchtung verlangte. Als Reaktion liess der Bundesrat einen Strategiebericht zur Pflanzenzüchtung ausarbeiten. Darin wurde die Biozüchtung ignoriert – zum Ärger der Vertreter des biologischen Landbaus.

Ausgerechnet Eva Reinhard wird Agroscope-Chefin

Die Federführung beim Thema «Saatgut und Pestizide» liegt beim «Bundesamt für Landwirtschaft» (BLW), insbesondere beim «Direktionsbereich Produktionssysteme und natürliche Ressourcen». Diesen BLW-Bereich leitete jahrelang Eva Reinhard, die gleichzeitig BLW-Vizedirektorin (2008 -2014) und stellvertretenden BLW-Direktorin (2014 – 2018) war. In dieser Zeit fielen Reinhard und das BLW durch die servile Nähe zum Netzwerk der Pestizid- und Saatgut-Industrie auf, wie Infosperber berichtete (Landwirtschafts-Amt im Netz der Pestizidindustrie).

Neue Agroscope-Chefin Eva Reinhard / Quelle: admin

Ausgerechnet Eva Reinhard wurde letzten Februar – auf Antrag ihres BLW-Direktionskollegen Bernard Lehmann – vom Bundesrat zur neuen Leiterin von Agroscope gewählt, dessen Vertreter nun gegenüber SRF die Abhängigkeit der Schweiz von Saatgut- und Pestizid-Importen beklagt. Da dürfte zwischen den Agroscope-MitarbeiterInnen und der neuen Chefin noch einiger Konfliktstoff schlummern.

Weiteren Konfliktstoff lieferte Bundesrat Johann Schneider-Ammann nur zwei Wochen nach Reinhards Wahl zur Agroscope-Leiterin, als er die Zentralisierung von Agroscope verkündete. Ausgeheckt wurde das Sparprogramm im BLW, das unter der Leitung der stellvertretenden Direktorin Eva Reinhard stand, die nun dazu berufen wurde, das Spar-Programm in die Tat umzusetzen.

Ziel der Zentralisierung ist eine weitere Kürzung der finanziellen Ressourcen um 20 Prozent, die einem weiteren Schritt des Bundes auf seinem etappenweisen Rückzug aus der inländischen Saatgut-Forschung gleichkommt.

Erneut dürfen sich die internationalen Saatgut- und Pestizid-Konzerne freuen. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Der neuen Agroscope-Chefin weht ein rauher politischer Wind entgegen. Der Nationalrat hat die Zentralisierungspläne mit wuchtiger Mehrheit vorerst gestoppt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

Kuh

Landwirtschaft

Massentierhaltung? Bio? Gentechnisch? Zu teuer? Verarbeitende Industrie? Verbände? Lobbys?

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4 Meinungen

  • am 1.08.2018 um 11:45 Uhr
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    Danke infosperber! Ein weiteres Indiz, dass man in Bundesbern bei der Ämterbesetzung andere Ziele hat, als das Wohl des Landes, wie vom BR zum 1. August behauptet! Dran bleiben!

  • am 1.08.2018 um 13:19 Uhr
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    Eva Reinhard dürfte eine klassische Vertreterin des «Deep State» sein, ja, den gibt es auch in der Schweiz.

    Ziel der Globalisierer ist, über alles die Kontrolle zu haben bzw. zu bekommen. Ein wichtiger Punkt dabei ist die Selbstversorgung aller Staaten, die sukzessive dem politischen Prozess und der Bevölkerung weltweit entzogen wird und in die Hände von globalen Firmenkonglomeraten gelegt werden soll. So fällt es dann viel leichter, die globalen «Hunger Games» zu steuern um gemäss Agenda 21/30 die Weltbevölkerung um 80% zu reduzieren.

    Wir können nur hoffen, dass unsere Politiker/-innen die Gefahr erkennen und steuernd dagegen eingreifen. Die Unterstützung der Bevölkerung ist ihnen gewiss, sobald diese begriffen hat, was hier gespielt wird.

  • am 6.08.2018 um 15:48 Uhr
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    Es ist keine Überraschung dass Eva Reinhard befördert wurde. Sie steht ja ganz im Geiste von BR Johann Schneider-Ammann, dem ersten Diener des globalen Profitdenkens.

  • Pingback: Schweizer Landwirtschaft ohne Saatgut und Pestizide? | Heidis Mist,

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