Nie dagewesene Flüchtlingsströme wegen Klimawandel
Ob es Naturkatastrophen wie Dürren, Fluten und Stürme sind, die das Land unbewohnbar machen, die Gletscherschmelze oder der steigende Meeresspiegel, der den Bewohnern den Boden unter den Füssen wegschwemmt: Klimaflucht wird in naher Zukunft sehr viele Menschen betreffen. Das geht aus einem Report hervor, welche die gemeinnützige «Environmental Justice Foundation» (EJF) im November veröffentlicht hat.
Bis zum Ende des Jahrzehnts werde es zig Millionen Betroffene geben, bis zum Ende des Jahrhunderts könnten es mehr als eine Milliarde sein. Die EJF warnt vor einer Flüchtlingswelle von bisher unbekanntem Ausmass und ruft die Regierungen der Welt auf, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, um Klimaflüchtlinge zu schützen.
«Eine existenzielle Bedrohung unserer Zivilisation»
«Wenn Europa denkt, es habe heute ein Migrationsproblem…warten Sie 20 Jahre ab», zitiert die EJF den US-Brigadier General im Ruhestand Stephen A. Cheney. «..wir sprechen hier nicht von ein, zwei Millionen, sondern von 10 oder 20 [Millionen Menschen]».
David King, ehemaliger wissenschaftlicher Berater der Regierung Grossbritanniens, hält die Entwicklung «langfristig für eine existenzielle Bedrohung unserer Zivilisation».
Der Klimawandel und seine Rolle in Konflikten
Darüber, wie viele Klimaflüchtlinge es bereits gibt, gehen die Meinungen auseinander. «Die Zeit» schrieb im Mai 2017 unter Bezug auf eine von Greenpeace beauftragte Studie von 20 Millionen Flüchtlingen, die 2015 ihre Heimat wegen des Klimawandels verlassen mussten, andere Quellen geben höhere Zahlen an.
Eine Flüchtlingswelle, die an Europa bisher vorbeigeht
In Europa blieb das bisher vergleichsweise unbemerkt. Seit 2008 haben sich laut EJF 95 Prozent der klimabedingten Migration und 99 Prozent aller Todesfälle durch Wetterereignisse in den Entwicklungsländern ereignet. Die meisten Klimaflüchtlinge fliehen bisher in die Nachbarländer oder in die Megastädte, um dort ein Auskommen zu suchen oder sie stecken in Auffanglagern fest.
Bevor es zu solchen Wanderungsbewegungen kommt, ist bereits viel passiert. Die Ressourcen wurden knapper, Konflikte um Land, Wasser und andere lebenswichtige Ressourcen nahmen zu. An einen schonenden, vorrausschauenden Umgang mit dem Land ist unter solchen Umständen nicht mehr zu denken. Die letzten Bäume werden abgeholzt, das verbliebene Land übernutzt, bis es aufgegeben werden muss.
Krieg durch Klimawandel
Einen rechtlichen Status haben Klimaflüchtlinge bisher nicht. Wer als Klimaflüchtling gilt, ist von anderen Migrationsursachen schwer zu trennen. Eigentlich müsse man einen guten Teil aller Kriegsflüchtlinge dazuzählen, argumentiert der EJF-Report am Beispiel Syrien, wo vor Kriegsausbruch wegen anhaltender Dürren 1,5 Millionen Menschen in die grossen Städte migriert sind.
Bewaffnete Auseinandersetzungen in ohnehin instabilen Gebieten werden häufiger werden, prognostiziert der Report. Der Klimawandel sei mit eine Ursache dafür, dass Kriege geführt werden und Menschen aus Kriegsgebieten flüchten. Er wirke wie ein Brandbeschleuniger für ohnehin schwelende Konflikte, sagt der Geschäftsführer der «Environmental Justice Foundation», Steve Trent.
«Der Klimawandel wartet nicht»
Dennoch sei es nicht zu spät, Massnahmen gegen die Emmission von Treibhausgasen einzuleiten und die Ärmsten und Schwächsten der Welt zu schützen. Nur müsse man jetzt damit ernst machen. «Der Klimawandel wartet nicht, und auch wir können uns das nicht erlauben. Morgen ist für Klimaflüchtlinge zu spät», appelliert Trent an die Weltgemeinschaft.
_
Diesen Beitrag hat Daniela Gschweng aufgrund eines Berichts des «Guardian» und anderer Quellen erstellt.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine.
"Morgen ist für Klimaflüchtlinge zu spät"
Morgen ist es auch zu spät für jene, welche die Flüchtlinge aufnehmen (müssen).