Kremlin

Die «East StratCom Task Force» beschuldigt dem Kreml der bewussten Desinformation. © EEAS

Sogar die Covid-19-Krise wird von der EU geopolitisch genutzt

Christian Müller /  Eine spezielle EU-Einsatztruppe für die politische Kommunikation Richtung Osten behauptet, Russland desinformiere absichtlich.

Es gibt nichts, das es nicht gibt. So gibt es zum Beispiel die «East StratCom Task Force» seit 2015. Sie ist Teil des «European External Action Service (EEAS)», hat ein Jahresbudget von 3 Millionen Euro und beschäftigt 16 Leute vollamtlich.

Eine «Task Force» ist eine Einsatztruppe. «StratCom» ist die Abkürzung für «Strategische Kommunikation». «East» zeigt, gegen wen diese strategische Kommunikation gerichtet ist: gegen Osten, sprich: gegen Russland.

Und was genau macht die «East StratCom Task Force»?

«Die Task Force entwickelt Kommunikationsprodukte (!) und -kampagnen, die darauf ausgerichtet sind, die EU-Politik in den Ländern der ‹Östlichen Partnerschaft› (Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Moldawien und Ukraine) besser zu erklären. Sie arbeitet eng mit den EU-Institutionen und den EU-Delegationen in den Ländern der ‹Östlichen Partnerschaft› zusammen. Die Task Force unterstützt in enger Zusammenarbeit mit anderen EU-Akteuren die umfassenderen Bemühungen der EU zur Stärkung des Medienumfelds in der Region der ‹Östlichen Partnerschaft›. Die Task Force berichtet und analysiert Desinformationstrends, erklärt und entlarvt Desinformationsberichte und sensibilisiert für Desinformationen, die vom russischen Staat, aus russischen Quellen und aus dem Medienraum der östlichen Nachbarschaft stammen.» So der Text auf der Website «euvsdisinfo.eu», dort allerdings in Englisch.

Das könnte man auch kürzer und einfacher formulieren: Die «East StratCom Task Force» tut alles, um die politische Information in jenen Ländern, die an Russland grenzen, aber (noch) nicht in der EU sind, zu überwachen und zu steuern.

Die Covid-19-Krise als Beispiel

Jedermann hat es in den letzten drei Wochen in den Medien gelesen, gehört oder gesehen: Die Meinungen über die Covid-19-Krise gehen selbst unter renommierten Ärzten, Virologie- und Epidemie-Spezialisten weit auseinander. Viele warnen vor dem Virus und fordern noch härtere Massnahmen, etwa der Zürcher Uni-Spital-Arzt Adriano Aguzzi. Andere warnen vor der Panik und rufen zu mehr Besonnenheit und Zurückhaltung auf, in extremer Weise etwa Dr. Rolf Kron aus Bayern oder der an der Johns-Hopkins-University in Epidemiologie ausgebildete Spezialist Dr. Wolfgang Wodarg. Die freien Medien und nicht zuletzt die Social Media verbreiten alle denkbaren Beurteilungsvarianten. Die Meinungen gehen weit auseinander, die Information innerhalb der EU ist breitgefächert.

… und in Russland?

Wer russisches Fernsehen schaut oder russisches Radio hört, der weiss es: Auch in Russland gingen und gehen die Meinungen über die Gefahren von Covid-19 weit auseinander. Es gibt Experten, die warnen vor der Gefahr des Virus, und es gibt Experten, die warnen vor der Panik. Auch in Russland ist die Bandbreite der Beurteilungen gross. Nicht anders als innerhalb der EU.

Das hat offensichtlich auch die «East StratCom Task Force» gesehen. Was aber schliesst sie daraus? In einem speziellen Artikel zur Covid-19-Krise schreibt sie unter anderem: «Die wichtigste Aufgabe für jede Art von Botschaft, die von kremlfreundlichen Medien an ein internationales Publikum gesendet wird, besteht darin, Zwietracht zu säen. Pro-Kreml-Desinformationsstellen überschütten das Zielpublikum mit Dutzenden verschiedenen Aussagen, Versionen, Erklärungen, ‹Leaks›, ‹sensationellen Enthüllungen› und Verschwörungstheorien. All dies zielt darauf ab, das Vertrauen in die Bemühungen des Gesundheitssystems, der Behörden, der nationalen und internationalen Institutionen zu mindern. Panik und Misstrauen zu säen, ein Bild eines bevorstehenden Zusammenbruchs zu schaffen, einen Zusammenbruch von Institutionen anzudeuten. Da behauptet die eine Informationsquelle, dass die Informationen über das Coronavirus übertrieben sind, die andere, dass wir vor der Apokalypse stehen.»

Unterschiedliche Meinungen: im Westen ein Zeichen für Demokratie, in Russland gezielte Desinformation

Warum unterschiedliche Meinungen zur Covid-19-Krise in der EU und in Russland etwas ganz anderes sind, erklärt im gleichen Artikel die «East StratCom Task Force» so:

«Die kremlfreundlichen Desinformationsstellen versuchen nicht, ‹eine Idee zu verkaufen›, sondern das Publikum zu verwirren. Während die Journalisten seriöser Nachrichtenagenturen Quellen und Daten sorgfältig nachprüfen, verbreiten die Desinformationsstellen ‹alternative Fakten›. Die Informationen sind mit Lügen besetzt; ein Nebel von Fälschungen verschleiert die Fakten. Informationslücken werden missbraucht. Informationen haben in einem autoritären Staat oder einer autoritären Organisation eine ganz andere Funktion als in einer demokratischen Gesellschaft. In einem demokratischen Diskurs kann und wird eine Aussage oder eine Meinung in Frage gestellt. Kritik und Dissens sind der Kern der Demokratie. In der autoritären Gesellschaft geht es bei jeder Aussage um Loyalität. Loyalität gegenüber einem Führer, einer Sache, einer Marke, einer Ideologie, einem Glauben … Ob die Aussage auf Tatsachen beruht oder nicht, ist irrelevant. Die Aussage in Frage zu stellen, würde bedeuten, den Führer, die Sache, die Marke in Frage zu stellen.»

So ist es also: Die EU erlaubt unterschiedliche Meinungen als Beweis für demokratische Verhältnisse. In Russland aber haben unterschiedliche Meinungen, zum Beispiel die Warnung vor dem gefährlichen Virus auf der einen und die Warnung vor der Panik auf der anderen Seite, das Ziel der Desinformation.

Was aus Russland kommt, ist eh nur «Propaganda»

Die EU beschäftigt eine spezielle Einsatztruppe, die «East StratCom Task Force» mit einem Jahresbudget von 3 Millionen Euro und 16 mehrsprachigen Spezialisten, die den Auftrag haben, selbst eine internationale Krise wie die jetzige Covid-19-Krise politisch zu nutzen und insbesondere die rund 72 Millionen Einwohner und Einwohnerinnen in sechs Ländern ausserhalb der EU, die an Russland grenzen, mit der «richtigen» Information zu versorgen. Denn was aus Russland kommt, sei ja eh nur «Propaganda».

Diese «richtige» Information ist allerdings immer die gleiche. Sie entspricht dem politischen Auftrag der «East StratCom Task Force»: Was aus Russland kommt, kommt aus dem Kreml, ist unglaubwürdig und dient in erster Linie der Desinformation.

Ja, auch in Russland wird, wie überall und in allen Ländern, vieles gesagt und geschrieben, was besser nicht gesagt und geschrieben würde. Und es gibt, wie überall und in allen Ländern, auch in Russland die politische Propaganda. Die Frage sei trotzdem erlaubt: Muss wirklich auch eine Pandemie, die weltweit unzählige unschuldige Opfer fordert, missbraucht werden, um – im offiziellen Auftrag der EU – Hass auf Russland zu schüren? Wäre die Covid-19-Pandemie nicht vielmehr und endlich ein Anlass, um über gemeinsame Probleme und Bedrohungen nachzudenken?

Nachtrag heute Sonntagmorgen: Auch die «NZZ am Sonntag» widmet in der heutigen Ausgabe diesem Thema einen Artikel. Die Headline: «Moskau will mit Corona-Fake-News verunsichern». Dass es EU-seitig die «East StratCom Task Force» gibt, wird dabei selbstverständlich nicht erwähnt.

Nachtrag heute Sonntagmittag: Seit gestern Abend weiss man, wenn man es wissen will, dass Russland bereit ist, Italien zu helfen, und neun Flugzeuge mit Ärzten, Epidemie-Spezialisten und Material nach Italien schickt. Wenigstens Radio SRF hat es kurz gemeldet und auch im «Echo der Zeit» am Abend wurde es erwähnt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Zum Autor deutsch und englisch.

Zum Infosperber-Dossier:

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Coronavirus: Information statt Panik

Covid-19 fordert Behörden und Medien heraus. Infosperber filtert Wichtiges heraus.

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13 Meinungen

  • am 22.03.2020 um 12:19 Uhr
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    Dass sich EU und NZZ widerspruchslos durch die amerikanische Deep-State-Propagandamaschinerie führen lassen, wird nun sonnenklar. Die Masken sind gefallen. Da nützen auch die anti-Coronavirus-Masken nichts…

  • am 22.03.2020 um 13:43 Uhr
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    Wer am meisten Geld hat im Westen, der kauft sich die Mainstream-Medien und deren Schreiberlinge – alles klar? Sowas heisst natürlich nicht Zensur, sondern Fake-News-Eliminierung. Und sie haben es weit gebracht, die schweizer Zeitungen drucken fast alle denselben Text. Wie weit die Medien zensiert sind in Russland Russland? Jedenfalls finden dort andere Vorkommnisse statt, als hier im Westen dargestellt wird. Dass es dort auch mal was Gutes ist, kann in ja gar nicht sein (jedenfalls in den Köpfen der Mainstream-Medialer.

  • am 22.03.2020 um 14:01 Uhr
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    Bravo, Herr Müller. Dazu gibt es nur eines zu sagen: Die EU sollte ihrem Namen zwei Buchstaben hinzufügen: SA. Leider wird sich nichts ändern, bis sich diese Organisation von einer Union zu einer Föderation gewandelt hat. Das schreibe ich als europäischer Bürger deutscher Nation.

  • am 22.03.2020 um 16:03 Uhr
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    Ja, die EU, zerstrittener Laden, der behauptet, er repräsentiere Europa. Und mit diesem Laden soll nun die Schweiz dringlich ein Rahmenabkommen abschliessen?
    Horst Teltschik, Stv. des Kanzleramtes unter Kohl, beschreibt in seinem ausgezeichneten Überblick «Russisches Roulette, vom kalten Krieg zum kalten Frieden», was NATO und EU gegängelt von den USA seit der Perestroika alles verkachelt haben, u.a. im Umgang mit Russland.

  • Portrait_Jacques_Schiltknecht
    am 22.03.2020 um 16:14 Uhr
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    Das letzte, was wir brauchen, sind saloppe Besserwisserei, wie sie Wodarg zelebriert.Kontroversen, die Wodarg schürt, werden viele Menschen verunsichern. Ich verstehe nicht, was in diesen Kollegen gefahren ist, und noch weniger, warum Müller diesen «Hansdampf in allen Gremien» quasi noch als «Altenative» empfiehlt. Schade um den Artikel von Chr. Müller, der sehr gut, wenn auch einseitig, den Missbrauch der Krise durch die Regierungen vieler Länder anprangert. Die «Hilfe» von China und Russland an Italien ist ja sooo selbstlos! Jacques Schiltknecht

    Auch wenn die Übersterblichkeit letztlich fast nur uns Alte betrifft: Die Verletzlichkeit unserer frenetischen, interdependenten Wirtschaftsweise und die Spannungen zwischen den Grossmächte, wie 1913, nur viel gefährlicher in einer ökologisch destabilisierten Welt, ist nun entlarvt. Daran wird Helikoptergeld nicht ändern.

  • Christian Müller farbig x
    am 22.03.2020 um 16:39 Uhr
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    @Jacques Schiltknecht: Es geht in diesem meinem Beitrag ausdrücklich NICHT darum, welcher Virologe recht hat. Das interessiert Sie als Mediziner. Mich als Historiker interessiert das Verhalten der staatlichen Institutionen AUSSERHALB des Gesundheitswesens. Dass eine Pandemie dazu benützt wird, politische Propaganda zu machen, finde ich – und zu dieser Meinung stehe ich – echt peinlich. Die Geschichte lehrt, wie schnell aus einer Krise auch ein Krieg werden kann. Da sollten «Task Forces» wie die von mir erwähnte – auf gut Schweizerdeutsch – einfach mal «den Latz halten». Gerade in Zeiten, in denen auch die nukleare Bedrohung wieder wächst, wäre eine Pandemie ein guter Anlass, über die gegenwärtige Situation nachzudenken und andere Prioritäten zu setzen, zum Beispiel mehr Geld in den Zivilschutz zu investieren statt ins Militär. Das war meine Message. Offensichtlich ist sie so nicht angekommen.
    Mit Dank für Ihr Interesse und freundlichen Grüssen, Christian Müller

  • am 22.03.2020 um 17:19 Uhr
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    Fake News oder Wolfgang Wodarg als ernstzunehmenden Experten zu zitieren, als Teil einer «wissenschaftlichen» Debatte, ist nicht nur fahrlässig, sondern man muss sich fragen, ob der Autor einfach nur billige politische Stimmungsmache betreiben will. Das Erwähnen W. Wodargs beruflicher Ausbildungslaufbahn ist dabei Indiz genug.

    https://www.nzz.ch/wissenschaft/coronaviruas-wolfgang-wodarg-verkennt-fakten-zu-covid-19-ld.1547589

    Natürlich gibt es zu Hauf Schrottmeldungen im Internet, wie die erwähnten Videos von Rolf Kron oder Wolfgang Wodarg. Aber speziell wenn solche von staatlichen Stellen und Medien verbreitet werden, ist das nicht mehr «eine normale Meinungsvielfalt», sondern beabsichtigte Desinformation – egal ob sie nun aus Putinscher oder Trumpscher Küche stammt (letzterer beschränkt sich wenigstens auf Twitter und seine Pressemeldungen). Diese so zu benennen ist Pflicht unserer Medien.

    @Christoph Müller. Wenn Sie das nächste Mal über Covid19 berichten, nehmen Sie doch erst Rücksprache mit Urs Gasche, der dieses Thema besser beherrscht.

  • am 22.03.2020 um 18:25 Uhr
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    Da kommt einem die Galle hoch, wie dreckig solche gegen Russland operieren.
    Involvierte muss der Russische Staat zur Fahndung ausschreiben, aburteilen und möglichst Lebenslang nach Sibirien schicken !

  • am 22.03.2020 um 23:41 Uhr
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    Der realitätsferne Notfallplan mit der flachen Grippewelle ist total gescheitert.
    Die Regierungen hätten von den Erfahrungen aus Asien lernen können – verschliefen sie.
    Also muss jemand der Sündenbock sein.

  • Portrait_Lukas_Fierz
    am 23.03.2020 um 10:55 Uhr
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    Man ist ja schon befremdet zu lesen: «Die Meinungen über die Covid-19-Krise gehen selbst unter renommierten Ärzten, Virologie- und Epidemie-Spezialisten weit auseinander.» Und dann wird Aguzzi genannt, eine weltweit anerkannte Ikone der Virusforschung, dessen begründetem Ruf nach verschärften Massnahmen der Bundesrat inzwischen (zu spät) gefolgt ist, und im gleichen Atemzug Schwätzer wie Wodarg, der das Coronavirus für nicht schlimmer hält als die Grippe (obschon die Grippe seit 100 Jahren nirgends auf der Welt das Gesundheitssystem in die Knie gezwungen hat), gar nicht zu reden von Dr.Rolf Kron, der die Epidemie als menschengemachte Volksverhetzung bezeichnet. Interessant wären nur die wirklichen Fakten. Aufgabe des Journalismus wäre, die Fakten zu trennen von den Fake-News, und zwar unabhängig ob diese aus Deutschland, der EU oder aus Russland stammen.

  • am 24.03.2020 um 11:31 Uhr
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    Man stelle sich kurz vor was aus allen interessierten oppositionellen Zeitgenossen wird wenn sich Zensurbestrebungen, die ja niemals aufhören und wofür es mächtige Interessen gibt die sich auch in der Schweiz manifestieren, am Ende durchsetzen.
    Ja das es dann in der Tat Lizenzen vom Staat braucht um eine Webseite betreiben zu dürfen und diese beim Webhoster vorgelegt werden muss.

  • am 26.03.2020 um 10:55 Uhr
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    Zum Thema Corona: Ist Ihnen schon aufgefallen, wie blau der Himmel über der Schweiz momentan ist?! Ja, GeoEngineering ist eben nur eine » Verschwörungstheorie»… Von wegen! Nun sehen wir die Beweise: Keine Flugzeuge = keine Sprühaktionen. Und auch die von Meteo CH bezeichneten «Schleierwolken» (in USA nennt man sie «neue Wolken") bilden sich nicht mehr. Na, alles klar?

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