Unstatistik: Chinas CO2-Ausstoss grösser als der Nordamerikas
Wen überrascht es, dass die Schweiz mehr Treibhausgase oder Abfälle produziert als etwa Liechtenstein?
Unter anderen die NZZ und die «NZZ am Sonntag».
Beide Zeitungen verglichen die Emissionen an Treibhausgasen oder CO2
- von China mit über 1400 Millionen Einwohnern mit denen
- der USA und Kanadas mit zusammen 362 Millionen Einwohnern.
Die «NZZ am Sonntag» erstellte am 26. August 2018 mit solchen Vergleichen eine Rangliste der «grössten Luftverschmutzer» der Welt: China auf Rang 1 mit 28 Prozent aller CO2-Emissionen und Nordamerika auf Rang 2 mit «nur» 17 Prozent. Auf Rang 4 mit 8 Prozent Westeuropa mit 298 Millionen Einwohnern.
Grafik in der NZZ am Sonntag vom 25. August 2018. Zahlen des Jahres 2015
Eine vergleichende Länder-Rangliste macht meistens nur Sinn, wenn sie Emissionen, Abfälle oder Ausgaben für das Militär oder für das Gesundheitswesen pro Kopf berechnet und vergleicht.
CO2-Emissionen in Tonnen pro Kopf von dreissig Ländern im Jahr 2013 (Quelle: Statista):
Internationale Vergleichszahlen darf man nicht aufs Komma genau nehmen. Nicht berücksichtigt sind hier der Verbrauch von grauer Energie: Ein Land, das viele Waren importiert, kommt besser weg als ein Land, das viele Waren exportiert.
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Absolut richtige Klarstellung. Nur pro Kopf Emissionen machen Sinn im Vergleich.
Die Klarstellung, dass die GRAUEN EMISSIONEN hier nicht drin sind (auch in den – korrekteren – pro Kopf Statistiken) ist mir etwas klein geraten.
Wenn «dank» der Globalisierung unsere zB europäische oder schweizerische Nachfrage nach industriellen und Konsumgütern immer stärker von CHINA befriedigt wird, dann müsste dies ja uns Nachfragenden angerechnet werden.
Ein Ländervergleich mache im allgemeinen nur mit Relativierung Sinn, also z.B. pro Kopf – das stimmt tatsächlich oft, aber es hängt vom Ziel des Vergleichs ab. Wenn es, wie hier, darum geht, zu sehen, wie gross die Umweltbelastung der verschiedenen Länder ist, wären pro-Kopf-Zahlen unsinnig, den die Umwelt wird nicht genauso wenig von pro-Kopf-Anteilen belastet, wie sie von Prozenten wäre, sondern leider von absoluten Mengen. Die Grösse eines Landes, vor allem seine Bevölkerungsgrösse, ist dabei zentral, sie herauszudividieren wäre eine Fälschung. So sorry, weder pro-Kopf- noch absolute Zahlen sind an sich richtig oder falsch, sondern immer nur in Abhängigkeit von der gesuchten Aussage.
Balthasar Glättli ist zuzustimmen: Die Auswirkung der Importe und Exporte ist nicht nur eine Frage hinter dem Komma. Laut einer Nature-Studie von 2015 verdreifacht sich der Pro-Kopf-Ausstoß der Schweiz, wenn man anstelle des gängigen Produktionsprinzips das Konsumprinzip anwendet:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_CO2-Emission#Verzerrung_durch_Export_und_Import