Kommentar
Panik bitte
Ob die Grippe grassiert, die Inflation steigt oder der Dollarkurs fällt – die Medien wissen stets Rat, und der lautet: «Panik ist fehlt am Platz.» Täglich hören oder lesen wir: «Kein Grund zur Panik». Oder am Dienstag im «Tages-Anzeiger» (TA): «Europa sollte nicht in Panik verfallen.»
Auf diese Idee wäre «Europa» allein wohl nie gekommen. Auch der TA-Redaktor nicht. Denn bevor er den guten Rat an Europa als Titel setzte, fragte er den «Experten Tilmann Galler», und der sagte mit Blick auf die Inflation: «Doch deswegen sollte Europa nicht in Panik verfallen.»
Bleibt nur eine Frage: Wann ist Panik – also kopfloses Handeln – denn am Platz. Wann schreibt endlich einer: «Es gibt Grund zur Panik». Oder: «Panik bitte!»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Ich denke, kopfloses Handeln hat die Welt dorthin gebracht, wo sie jetzt ist. Die Hauptursache ist die Gewaltbereitschaft des Menschen. Doch dies verstehen die meisten Zuhörer nicht, solange sie die Arbeiten von Marshall Rosenberg und Martin Buber nicht studiert haben. Denn alle wurden wir mit Gewalt erzogen. Auch wenn es nicht der Gürtel oder die Peitsche war, diese verwenden meist nur die Arbeiterklassen, es gibt noch ganz andere, subtilere Formen von Gewalt, um Menschen dazu zu bringen, auf eine bestimmte Art und Weise zu funktionieren, zu denken und sich gut und bestätigt zu fühlen. Für ein kleines Kind ist Liebesentzug so traumatisch wie für einen Erwachsenen eine schwere Körperverletzung. Die meisten wollen dies niemals zugeben, sie sagen noch als alte Menschen: Ich hatte es verdient. Denn mit den Eltern möchten die meisten Menschen nicht die Übereinstimmung verlieren, so stark sind die emotionalen Prägungen. Die Fehler der Eltern rächen sich über 7 Generationen. Mit einigen wenigen Ausnahmen welche gute Selbstbeobachter und Denker sind, und die seelische Kraft aufbringen, eigene Wege zu gehen. Jegliche Gewalt jenseits von Notwehr ist falsch und ist die Hauptursache des meisten menschengemachten Elendes. Man kann keinen Kopf (Bezogen auf kopfloses Handeln) verlieren, den man nie hatte.