Axpo baut erstes alpines Solarkraftwerk auf einer Staumauer
Das Pumpspeicher-Kraftwerk Linth-Limmern im Glarnerland, das der Stromkonzern Axpo für 2,1 Milliarden baute und 2016 einweihte, ist die grösste Strombatterie der Schweiz. Beim Hochpumpen von Wasser aus dem Limmern- in den 2500 Meter hoch gelegenen Mutt-Stausee frisst es rund einen Fünftel mehr Bandstrom, als es beim Turbinieren des Muttsee-Wassers in Form von Spitzenstrom produziert. Einen kleinen Teil dieses Pumpverlustes kann die Axpo wettmachen, wenn sie eine Fotovoltaik-Anlage an die neue Staumauer des Muttsees montiert.
Ausschnitt der Staumauer des Muttsees als oberster Speicher des 2016 eingeweihten Pumpspeicher-Kraftwerks Linth-Limmern. (Fotomontage 2016: Südostschweiz).
Diesen Vorschlag machte der Schreibende im September 2016 in der «Südostschweiz» und auf Infosperber unter dem Titel «Muttsee kann auch Solarstrom liefern» und illustrierte das mit obiger Fotomontage. Dabei stützte er sich auf Berechnungen des Verbandes «Swissolar». Der Stromkonzern Axpo hat diesen Vorschlag jetzt aufgenommen und daraus ein Projekt entwickelt. Das notwendige Baugesuch will er in den nächsten Tagen einreichen.
Winziger Beitrag, um Stromlücke im Winter zu stopfen
Dieses neue Solar-Projekt stellte die Axpo gestern den Medien vor unter dem Titel «Axpo plant erste alpine Solar-Grossanlage der Schweiz». Dieses Projekt ist in der Detailplanung etwas kleiner und etwas billiger ausgefallen, als wir vor drei Jahren budgetierten, entspricht im Übrigen aber weitgehend unserem Vorschlag aus dem Jahr 2016. Nachstehend die Eckpunkte des Axpo-Projektes an der Muttsee-Staumauer:
- Die installierte Leistung beträgt zwei Megawatt (unser Vorschlag 2016: 2,5 Megawatt)
- Die Investitionskosten für diese Anlage schätzt die Axpo auf 5,5 Millionen Franken.
- Die Anlage wird in einem durchschnittlichen Jahr rund 2,7 Millionen Kilowattstunden (Mio. kWh) Strom erzeugen. Zum Vergleich: Das entspricht einem Anteil von 0,005 Prozent am gesamten Stromkonsum in der Schweiz oder einem Anteil von etwas mehr als 0,13 Prozent an der jährlichen inländischen Erzeugung von Solarstrom im Jahr 2018.
- Die Axpo-Anlage am Muttsee wird rund die Hälfte ihres Stroms im Winterhalbjahr erzeugen; dies dank nebelfreier Lage, Reflexion durch Schnee und stark vertikal ausgerichteten Panels, die einen guten Winkel zum tiefen Sonnenstand im Winter aufweisen. Sie liefert damit einen winzigen Beitrag, um die Schweizer Stromlücke im Winter zu stopfen, während Fotovoltaik-Anlagen im Mittelland lediglich 25 bis 30 Prozent ihres Stroms im Winterhalbjahr erzeugen.
In ihrer Medienmitteilung schreibt die Axpo dazu: «In der alpinen Photovoltaik sieht Axpo einen potentiell vielversprechenden Ansatzpunkt, die Energiestrategie 2050 des Bundes zu unterstützen und gleichzeitig Winterstrom zu liefern.» Sie schränkt aber selber ein: «Um einen wesentlichen Beitrag zu leisten, reicht die Anlage auf der Muttsee-Staumauer natürlich nicht. Man müsste weitere Standorte ausbauen, die nicht in Schutzgebieten liegen und bereits gut erschlossen sind.»
Nachstehend der Text unseres Artikels vom 15. September 2016:
Muttsee kann auch Solarstrom liefern
Hanspeter Guggenbühl / 15. Sep 2016 – Eine Solaranlage an der «längsten Staumauer der Schweiz» könnte viel Winterstrom erzeugen. Für die Axpo ist das «eine Option».
Sie ist die «längste Staumauer der Schweiz», lobte die Axpo, als sie letzte Woche ihr 2,1 Milliarden Franken teures Pumpspeicher-Kraftwerk «Linthal 2015» im Glarnerland einweihte. Für den relativ kleinen Mutt-Stausee (23 Millionen Kubikmeter Inhalt) ist das ein zweifelhaftes Kompliment. Denn bei Wasserkraftwerken geht es darum, mit möglichst kurzen Mauern möglichst viel Wasser zu speichern. Vorteilhaft hingegen wäre, den nach Süden ausgerichteten Betonbau zusätzlich für die Ernte von Sonnenergie zu nutzen.
«Ideale Lage» für Fotovoltaik-Anlage
Konkret: Die Axpo könnte darauf eine Fotovoltaik-Anlage installieren, schlägt der Verband Swissolar vor und präsentiert gegenüber dieser Zeitung folgende Rechnung: Nutzbar wäre eine Mauerfläche von mindestens 13’000 Quadratmetern. Mit modernen Hochleistungs-Solarpanels könnte darauf eine Anlage mit 2500 Kilowatt Leistung installiert werden. Weil die Einstrahlung der Sonne an diesem hochalpinen Standort viel höher ist als im Mittelland, liessen sich hier (bei 1700 Volllaststunden) pro Jahr über vier Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom produzieren; soviel, wie tausend Einfamilienhäuser konsumieren. Und das Besondere daran: Rund die Hälfte der Stromernte fiele im Winterhalbjahr an, wenn Strom nach dem Ausstieg aus der Atomenergie knapper wird als im Sommer.
Auf diesen Vorschlag angesprochen, antwortete Jörg Huwyler, Leiter Hydroenergie der Axpo: «Das ist eine Option. Die Lage ist ideal.» Eine Leitung zur Einspeisung des Solarstroms besteht bereits. Allerdings lasse sich eine Fotovoltaik-Anlage frühestens in drei Jahren installieren, weil zurzeit noch Kontrollmessungen an der Staumauer vorgenommen werden. Voraussetzung aber sei, schränkt Huwyler ein, dass die Axpo für den am Muttsee erzeugten Solarstrom eine kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) erhalte, und dass es keinen Widerstand von Naturschützern gebe.
Den zweiten Vorbehalt entkräftet Raimund Rodewald, Leiter der Stiftung für Landschaftsschutz: «Von uns sind keine Einwände zu erwarten.» Bestehende Bauten wie Staumauern eigneten sich für die Nutzung von Solarenergie, zumal es sich beim Gebiet rund um den Muttsee bereits um eine «Energielandschaft» handle. Ungewiss ist hingegen, ob es auf der KEV-Warteliste in drei Jahren noch Platz für zusätzliche Anlagen hat, nachdem das Parlament in der Vorlage zur Energiestrategie die KEV befristete.
Anlage mit Pionierwert
Der Bau der vorgeschlagenen Solaranlage dürfte sechs bis acht Millionen Franken verschlingen, die Produktionskosten wären mit schätzungsweise 9 bis 12 Rappen* pro kWh ähnlich wie jene des Pumpspeicherwerks. Bei den heutigen tiefen Preisen auf dem Strommarkt bliebe die vorgeschlagene Fotovoltaik-Anlage damit ebenso unrentabel wie alle nicht subventionierten neuen Kraftwerke.
Doch ökonomischen Verlusten stehen andere Vorteile gegenüber: Nachdem das Projekt einer Fotovoltaik-Anlage an den Lawinenverbauungen bei St. Antönien gescheitert ist, liesse sich mit dem vorgeschlagenen Projekt an der Muttsee-Staumauer erstmals erproben, wie gut sich Solaranlagen mit bestehenden alpinen Infrastrukturen verknüpfen lassen. Zudem könnte diese Anlage die negative Energiebilanz des Pumpspeicherwerks (PSW) etwas aufbessern. In Zahlen: Mit der Produktion von vier Millionen kWh Solarstrom kann die Axpo etwa ein Prozent des Pumpstroms ersetzen, den ihr PSW «Linthal 2015» bei guter Auslastung verschlingt, respektive den Pumpverlust um fünf Prozent senken.
Falls der Axpo die Investition von sechs bis acht Millionen Franken zu hoch ist, kann sie das Solarprojekt am Muttsee ihren Mitbesitzerinnen EKZ und SAK anbieten. Denn diese kantonalen Verteilwerke haben genug Geld, nachdem sie ein ähnliches, aber umstrittenes Pionierprojekt am Walensee begraben mussten.
* Beim vom Bund angewandten Zinssatz von 3,8% und einer Amortisationszeit von 30 Jahren
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine.
Auch dies Anlage suggeriert wir könnten unser Winterstromversorgungsproblem mit Photovoltaik lösen. Dazu müsste beim gleich hohem Strombedarf der Schweiz, das Speichervolumen der Seen verdoppelt werden. Zudem wird auch dieser Strom unter berücksichtigung der Transport und Speicherkosten bis er beim Kunden im Winter ankommt 20 Rp/kWh kosten. Den gleichen Strom entschwenden kostet schlicht die Hälfte.
Ich glaube, es braucht ganz einfach beides: Mehr Fotovoltaik installieren UND die Verschwendung von Strom bekämpfen. Etwas höhere Strompreise sehe ich nicht als Promlem, sondern als Faktor, der den sparsamen Umgang mit Strom unterstützen würde.
Urs Anton, diese Anlage suggeriert überhaupt nichts. Sie ist lediglich ein kleiner Teil eines Ganzen, welcher in die richtige Richtung geht. Und es sagt ja auch niemand, dass wir das Problem des Winters allein mit Photovoltaik lösen sollen. Substanzieller, aber gleichwohl nur ein Teil, wäre vermutlich, den Inhalt unserer Speicherseen nicht möglichst gewinnbringend zu nutzen, sondern eben für die Versorgungssicherheit.
Wenn ich mit meiner PV-Anlage am Mittag den Spitzenstrom reduzieren helfe und nur nachts Strombezüger bin, muss nachts weniger gepumpt und am Tag weniger turbiniert werden. So kann ich indirekt die grösste Batterie der Schweiz nutzen, ohne den Nachteil des schlechteren Wirkungsgrades, der beim Turbinieren auftritt.
Dass dieses Verhalten mir monetär kaum entschädigt wird, ist ein anderes Kapitel.