Die Swisscom und das Brotmesser auf dem Geschirrschrank
Ein Herr Björn Wiese, «Head of Customer Interactions Marketing» der Swisscom, hat mir am 15. August geschrieben: «Gute Neuigkeiten für Sie.» Denn: «Ihr Internetabo wird um 50% schneller». Konkret: Statt 20 Mbit/s wie bisher ab 1. Oktober satte 30 Mbit/s.
Diese 30 Mbit/s könne ich noch ganze zwei Monate lang gratis «geniessen». Danach aber – also ab 1. Dezember – koste dieser «Genuss» dann zusätzlich 6 Franken monatlich. Doch das steht viel weiter unten und gut versteckt in dem netten Brief.
Vom «Genuss» zum Verdruss
«Ab damit in den Papierkorb», dachte ich. Denn das neue Angebot brauche ich nicht, weil die bisherigen 20 Mbit/s für meine Zwecke ausreichen. Dann aber sah ich gerade noch rechtzeitig den Hinweis am Schluss des Schreibens: «Falls Sie Ihre Internetgeschwindigkeit sowie den Abopreis wie bisher behalten möchten, können Sie dies einfach bis 25. November 2018 einstellen unter swisscom.ch/stay mit Eingabe Ihrer Vertragsnummer.»
Da hörte nun der kostenlose «Genuss» (mit dem mich die Swisscom wohl zwei Monate lang anfixen wollte …) abrupt auf und der Spass erst recht. So «einfach» nicht mit mir, Herr Wiese! Wie lang Ihr englisch aufgeblasener Titel als «Chef Kundenkontakt Verkauf» (das sind Sie nämlich auf gut Deutsch) auch sein mag! Dass ich als Kunde ein Formular im Internet suchen und mehrere Pflichtfelder ausfüllen muss, nur um etwas nicht zahlen zu müssen, das ich gar nie bestellt habe: Das geht gar nicht!
Was der Bauer nicht bestellt hat, zahlt er nicht
In unserer freien Marktwirtschaft gilt immer noch: Was der Bauer nicht bestellt hat, das bezahlt er auch nicht! Das weiss ich, seit ich fünf Jahre alt war – also seit 1954. Damals brachte uns der Briefträger eines Tages ein längliches Paket auf den Bauernhof, eine Kartonschachtel mit einem schönen Brotmesser darin – und einem netten Brief dazu, dem natürlich auch eine Rechnung beigefügt war. Niemand von der Familie oder den damals noch zahlreichen Angestellten hatte das Brotmesser bestellt.
«Passt alle auf», sagte unser Vater darum nach dem Nachtessen: «Was man nicht bestellt hat, das darf man zwar nicht brauchen, man muss es aber auch nicht zurücksenden – und vor allem nicht bezahlen.» Der Händler, der uns das Messer ungefragt geliefert habe, könne es gemäss geltendem Gesetz hingegen «innert eines Jahres wieder abholen kommen». Er legte die Schachtel mit dem Messer auf den Geschirrschrank im Wohnzimmer, dort blieb sie genau ein Jahr lang unberührt liegen. Der Messerhändler kam sie nie abholen. «Jetzt gehört das Messer nach Recht und Gesetz uns», sagte der Vater danach. Und wir konnten noch jahrelang ein schönes Chromstahl-Brotmesser mit Holzgriff kostenlos «geniessen». Und immer wenn die Mutter oben am Tisch ein Stück Brot abschnitt, dachten wir Kinder daran, dass man nie etwas bezahlen muss, was man gar nie bestellt hat.
Umkehr geltender Marktgesetze
Darum Herr Wiese, schicke ich Ihnen die 10 zusätzlichen Mbit/s, die ich nie bestellt habe, auch nicht per Internet-Formular zurück. (Eine sehr freundliche Frau Meister hat die ungefragte Lieferung inzwischen über die Gratisnummer Ihres Kundendiensts auch schon wieder abgeholt.) Sie hingegen versuchen hier gerade die allgemein geltenden Marktgesetze in ihr Gegenteil zu verkehren (umgekehrte Beweislast quasi). Oder was würden Sie denn sagen, wenn Ihnen im Coop oder in der Migros eine Verkäuferin (Sales Assistant) einfach mal eine Flasche Wein und zwei Schweinswürste ins Einkaufskörbchen legen würde – mit dem Hinweis, wenn sie diese «Neuigkeiten» lieber nicht «geniessen» (und bezahlen) möchten, könnten Sie ja vorne an der Kasse ein Formular ausfüllen? – Na also!
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Niklaus Ramseyer ist seit Jahrzehnten eigentlich recht zufriedener Swisscom-Kunde.
Danke, Herr Ramseyer, für Ihren Hinweis: Ich werde es genauso halten.
– Wir haben noch Kupferkabel-Betrieb.
– Swisscom kriegt es seit Jahren nicht hin, das Signal stabil zu liefern: Wir haben tagtäglich Unterbrüche von 1 bis mehrere Minuten, Swisscom kassiert für diese lausige Leistung, liefert aber nicht.
– Was nützt uns ein höherer Durchsatz (für einen höheren Preis), wenn wir während der Unterbrüche gar kein Signal haben?
Grad habe ich auch ein Schreiben diesbezüglich von Swisscom erhalten. Wunderte mich schon was die wollen und habe den Text durchgelesen. Nein brauche ich nicht, ist das die neueste Methode wie seinerzeit ein Konkurrent von Swisscom, dachte ich noch.
Also abbestellen, was ich nicht bestellt habe bevor es ungewollt nutze und es verrechnet wird. Ja die Brotmessermethode hatte ich auch schon angewendet, aber wie kann ich die nicht bestellten Bits zum Abholen beiseite legen ohne sie gebraucht zu haben.
Also ist es eine Bauernfangmethode die Swisscom anwendet. Pfui.
Absolute Frechheit, was Swisscom hier (wieder einmal) bietet. Das ist das pure Gegenteil von Kundenfreundlichkeit. Und zudem illegal, siehe Geschichte mit dem Brotmesser.
Das Gesetz ist mittlerweile konsumentenfreundlicher, Sie müssen das Brotmesser heute nicht weder aufbewahren noch zurücksenden (neuer Artikel 6a im Obligationenrecht). Nur bei offenkundigem Irrtum müssen Sie den Absender benachrichtigen.
Und das Beste daran; Die Swisscom bietet das sicher nicht uns auf dem Lande an, die wir nur mit der Grundversorgung abgespiesen sind, obwohl wir gleichviel zahlen wie «die in der Stadt». Bei denen kann man’s ja mal mit der Abzocke probieren. Wenn auch nur jeder 3 leer schluckt und zahlt, hat sich’s gelohnt…
Mal schauen, was der Preisüberwacher und der Konsumentenschutz zu dieser ‹kreativen› Praxis meinen.