Osaka

Waffenstillstand im Handelskonflikt: US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping © New China TV/YouTube

China–USA: Streit beigelegt – zumindest vorläufig

Peter G. Achten /  Donald Trump und Xi Jinping müssen aus innenpolitischen Gründen punkten. Deshalb werden die Handelsgespräche wieder aufgenommen.

Freier globaler Handel stand Ende Juni im Mittelpunkt des jährlichen Gipfeltreffens der zwanzig mächtigsten Industriestaaten und Schwellenländer in der japanischen Stadt Osaka. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping äusserte das, was viele Staats- und Regierungschefs – mit Ausnahme natürlich von US-Präsident Trump – dachten: Der Protektionismus und Unilateralismus der Vereinigten Staaten habe die globale Stabilität und das internationale Wirtschaftswachstum schwer beeinträchtigt.
«America first»
In der Tat hat Trump seit seinem Amtsbeginn kontinuierlich seine Wähler und alle Welt wissen lassen, dass unter dem Slogan «America first» Protektionismus zum Wohlstand beitragen werde. Doch gegen den Ausdruck «Protektionismus» in der Schlusserklärung des G-20-Gipfeltreffens wehrten sich die Amerikaner bis zum Schluss. Mit Erfolg. Schliesslich einigte man sich beim Thema Freihandel in geschwurbeltem Diplomaten-Chinesisch auf ein «freies, faires, nicht-diskriminierendes, transparentes, vorhersehbares und stabiles Handelsumfeld». Zudem wurden einmal mehr «notwendige Reformen» der von Trump verachteten UN-Welthandelsorganisation (WTO) angemahnt, insbesondere von deren Schlichtungsverfahren.

Abbruch der Gespräche
Überschattet wurde der G-20-Gipfel vom Handelsstreit der beiden grössten Wirtschaftsmächte der Welt. China generierte 2017 kaufkraftbereinigt (PPP) 18,2 Prozent des weltweiten Brutto-Sozialprodukts, die USA 15,2 Prozent. Zudem waren im gleichen Jahr China für 11,5 Prozent des Welthandels verantwortlich, die USA für 11,1 Prozent. Dass der Handelskonflikt zwischen Peking und Washington weltweite Folgen hat, ist für Ökonomen in Ost und West klar.
Nach rund zwölf Monaten des von den USA angefachten Handelsstreits und nach elf Verhandlungsrunden wurden die amerikanisch-chinesischen Gespräche im Mai unversehens abgebrochen. Washington machte Peking dafür verantwortlich, weil China die Zusagen bezüglich Marktzugang, Urheberrechtsschutz und forcierter Technologietransfer zurückgenommen habe. Peking wiederum beschuldigte Washington, mit unmässigem Druck immer wieder andere Forderungen gestellt zu haben. Was genau zum Abbruch der Verhandlungen geführt hat, bleibt undurchsichtig. Nach dem Treffen von Trump und Xi am G-20-Gipfel im vergangenen Dezember in Argentinien, wurde wieder verhandelt. Zu 95 Prozent, so hiess es danach noch im April aus Verhandlungskreisen, sei man sich einig. Doch dann das Ende der Gespräche mit Eskalation und wüsten Drohungen.

Xi: «Zusammenarbeit und Dialog»
Eine Woche vor dem G-20-Gipfel in Osaka konsultierte Parteichef Xi Jinping das Politbüro. «Sowohl China als auch die USA profitieren von einer Zusammenarbeit und verlieren in einer Konfrontation», so Xi, «Zusammenarbeit und Dialog sind besser als Reibungen und Konfrontation». Xi Jinping, obwohl «Kern» der Partei, hat sich im Politbüro nochmals der Zustimmung des obersten, 25-köpfigen Parteiorgans versichert. Xi wie die ganze allmächtige Kommunistische Partei sind zwar nicht von Volkswahlen abhängig wie Donald Trump, doch sie sind angewiesen auf die Zustimmung vor allem der immer grösser werdenden, wohlhabenden und aufgeklärten Mittelschicht. Xi zu Lektionen aus früheren Krisen: «Warum war unsere Partei imstande, einen Sieg nach dem andern zu erringen? Weil wir resolut auf das Ziel nationaler Verjüngung zumarschiert sind und so die Unterstützung des Volkes gewannen.»
Trump: «Ein sehr, sehr gutes Treffen»
In Osaka kamen sich beide Seiten offensichtlich wieder näher. Xi und Trump trafen sich, wie genau protokolliert wurde, 80 Minuten lang. «Es war sein sehr, sehr gutes Treffen», so Trump danach, «besser als erwartet». Inhaltlich sagte Trump: «Wir erheben keine zusätzlichen Zölle und sie werden unsere landwirtschaftlichen Produkte kaufen.» Nach sechswöchigem Unterbruch werden also die chinesisch-amerikanischen Handelsgespräche wieder aufgenommen. Die USA erheben «vorläufig» keine zusätzlich angedrohten Zölle auf chinesische Waren im Wert von 300 Milliarden Dollar. Zudem darf der IT-Riese Huawei weiter von amerikanischen Firmen beliefert werden. «Wenn wir zu einem Deal kommen», so Trump, laut eigenem Bekunden der beste Dealmaker der Welt, «wäre das ein sehr historisches Ereignis».
Kompromisse und Konzessionen von beiden Seiten
Die amtliche chinesische Nachrichten-Agentur Xinhua (Neues China) bestätigte die Wiederaufnahme der Handelsgespräche und zitiert Parteichef Xi: «China begrüsst aufrichtig die Wiederaufnahme der Handelsgespräche, um die Differenzen mit den USA zu bereinigen. Die Verhandlungen sollten auf der Basis von Gleichheit und gegenseitigem Respekt beruhen und die beidseitigen legitimen Interessen berücksichtigen». «Bei Punkten», fügt Xi laut Xinhua an, «welche Chinas Souveränität und Würde betreffen, muss China seine eigenen Kerninteressen sichern und verteidigen.» Das heisst mit andern Worten, China will sich seine Wirtschaftspolitik nicht von den USA diktieren lassen.
US-Finanzminister Steven Munich – zusammen mit US-Handelsrepräsentant Robert Lighthizer für die Verhandlungen verantwortlich – meinte kurz vor dem G-20-Gipfel in Osaka, dass «ungefähr neunzig Prozent» eines chinesisch-amerikanischen Deals unter Dach seien: «Ich glaube, es gibt einen Weg, das zu komplettieren.» Auch Chinas Vize-Handelsminister und Mitglied des chinesischen Verhandlungsteams, Wang Shouwen, gibt sich moderat optimistisch: «Wir sollten uns gegenseitig halbwegs treffen, was heisst, dass beide Seiten Kompromisse eingehen und Konzessionen machen».
Im Gegensatz zum Burgfrieden am G-20-Gipfel in Buenos Aires, wo man sich auf eine Frist von drei Monaten einigte, wurde diesmal in Osaka keine Frist gesetzt. So hiess es etwa von amerikanischer Seite, die angedrohten Zollerhöhungen seien «vorläufig» ausgesetzt. Singapurs Premierminister Lee Hsien Loong sprach nach dem Gipfeltreffen von einer «Periode der Unsicherheit des multilateralen Handelssystems».
Der chinesisch-amerikanische Handelskonflikt geht jetzt also in die zweite Verlängerung. In der Fussballsprache ausgedrückt: Penalty-Schiessen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

Zum Infosperber-Dossier:

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Sicherung von Rohstoffen und Energie auf der halben Erde; Territoriale Konflikte im südchinesischen Meer; Taiwan

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US-Politik unter Donald Trump

Weichenstellungen: An seinen Entscheiden ist Trump zu messen, nicht an seinen widersprüchlichen Aussagen.

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2 Meinungen

  • am 1.07.2019 um 13:45 Uhr
    Permalink

    Wenn das so einfach wäre, hoffentlich bleibt der US Präsident so hart und unnachgiebig, wie auch der Bundesrat in Bezug auf das Rahmenabkommen sein müsste….!

  • am 2.07.2019 um 15:54 Uhr
    Permalink

    Wer ist der bessere Dealmaker ?
    Der einen kurzfristigen Sieg riesengross aufbauscht oder der,
    der eine langfristige Strategie weiter verfolgen kann, die da lautet Zeit gewinnen.
    Der grösste Teil des chin. Volkes wird erst Recht hinter Xi u. der sogenannten kommunistischen Partei stehen, denn die mögen auch keine nationale Demütigung.
    Davon haben sie noch durch die englischen Kaufherren, dem Opium und der militärischen Überlegenheit des British Empire genug.

    @Beda Düggelin sei gesagt, das Trump-Lager ist vom Meistbietenden käuflich.

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