Kommentar
Ein beschämendes Spiel der CS mit extremer Armut in Mosambik
Red. Der Kreditskandal in Mosambik gilt als grösster Finanzskandal in Schwarzafrika der letzten Jahrzehnte. Die Credit Suisse ist in diesen Skandal mit einem Milliardenkredit involviert und hat ihre Sorgfaltspflichten krass verletzt. – Thomas Kesselring informiert auf Infosperber bereits seit 2016 über den Fall.
Am kommenden Donnerstag, 30. April, hält die Credit Suisse ihre Generalversammlung ab. Dank Corona muss sich die Chefetage nicht mit kritischen Fragen auseinandersetzen. CEO Tidjane Thiam ist im Februar abgetreten, als Folge der Beschattungsaffären 2019. Im Nachgang dieser Evenements hatte er konsequent Nichtwissen behauptet.
Urs Rohner hingegen ist immer noch VR-Präsident. Angesprochen auf die Rolle der CS beim Kredit-Skandal mit Mosambik behauptete er an der letzten GV ebenfalls, von nichts gewusst zu haben: Erst durch die Klageschrift der US-Bundesanwaltschaft Ende 2018 habe man auf der Chefetage von den Machenschaften in der Londoner CS-Filiale bei der Kreditvergabe erfahren. Eine vorgängige interne Untersuchung scheint also nie angeordnet worden zu sein.
Die Beschattungsaffäre war bloss eine Schmierenkomödie im Vergleich zur Dimension des Mosambik-Debakels: Als 2016 die geheimen Milliarden-Kredite aufflogen, froren IWF und Geberländer die Entwicklungshilfe ein. Die Auslandhilfe (Foreign Grants) sank von rund 700 auf 200 Millionen Dollar, also um mehr als zwei Drittel, und das Nationalprodukt (GDP) von 17 auf 11 Milliarden, also um mehr als einen Drittel. Das Wirtschaftswachstum schrumpfte von 7 Prozent in den Jahren bis 2014 auf die Hälfte in den Jahren nach 2015, die einheimische Währung verlor die Hälfte an Wert, die Lebensmittelpreise stiegen im Landesdurchschnitt um bis zu 40 Prozent und in dicht bevölkerten ärmeren Regionen bis zu 80 Prozent.
Über die Hälfte der Mosambikaner leben in absoluter Armut
Konsequenz: Die absolute Armut wuchs von 46 Prozent auf 55 bis 60 Prozent, also um rund einen Viertel. Bei einer Bevölkerung von 30 Millionen bedeutet dies, dass von der absoluten Armut statt bisher 13,8 heute 16,5 bis 18 Millionen Menschen betroffen sind.1 Diesem Zuwachs entspricht ein Drittel bis die Hälfte der Schweizer Bevölkerung.
Angesichts dieser Schadensdimension ist die Haltung der CS-Führung zum Mosambik-Skandal – erst schweigen, dann abwiegeln (an den GVs 2017 und 2018) und schliesslich nichts gewusst haben wollen – schlicht deplorabel.
Unsere Medien empörten sich zwar über die Bespitzelungen, hatten aber am Verhalten der CS-Chefs zum Kredit-Schlamassel nichts auszusetzen. Die NZZ machte nach der Bespitzelungskomödie Radau, aber seitdem Thiam abgetreten ist, gibt sie wieder Ruhe. Thiam hatte nichts mit dem Mosambik-Skandal zu tun, er kam später.
Kein Aufarbeiten des Skandals
Zwar ist die CS nicht die Hauptschuldige am Kreditdebakel. Hohe mosambikanische Funktionäre, eine russische Bank, die Schiffbaufirma des Libanesen Iskandar Safa und zwei zu seinem Imperium gehörende (praktisch unbekannte) Firmen mit Sitz in der Schweiz sassen alle mit im Boot. Aber die CS ist ein Flaggschiff der Schweizer Wirtschaft. Die Art, wie sie der Aufarbeitung des Skandals ausweicht, ist höchst beschämend.
Mehr als das: Im Januar erhob die CS gegen Mosambik, das gegen die Täter geklagt hatte, eine harsche Gegenklage. Damit will sie das Land, das von den Krediten nie profitiert hat, zur Rückzahlung des CS-Milliardenkredits zwingen. Hofft die Bank denn wirklich, die Ausbeutung der 2010 im nördlichen Romuva-Becken entdeckten Gasfelder werde an der Bevölkerung vorbei für die Schuldentilgung eingesetzt? Oder bereitet sie sich auf eine juristische Schlacht vor? Gemäss Agentur Reuters ermittelt die US-Bundesanwaltschaft gegen die CS inzwischen auch im Fall Mosambik.
Mit dem erhofften Gas-Manna für Mosambik wird es vorläufig nichts
Neu aufgetauchte Schwierigkeiten lassen bezweifeln, dass die Strategie der CS, mit einem blauen Auge davonzukommen, aufgehen kann: Die seit Oktober 2017 just in der mosambikanischen Gas-Region schwelenden kriegerischen Auseinandersetzungen nahmen in den vergangenen Monaten an Intensität stark zu und produzierten bereits Zigtausende Flüchtlinge und intern Vertriebene. Sogar eine Putin-nahe russische Söldnerorganisation, die sogenannte «Wagner-Truppe», die letzten September in der Region die Ordnung wiederherstellen wollte, wurde von den Aufständischen in die Flucht geschlagen. Nun weitet sich der Krieg weiter nach Süden aus. Die Regierung verbietet Medienleuten unter Strafandrohung den Zugang in die Konfliktregion. Man weiss immer noch nicht, wer eigentlich die Angreifer sind. Es wird vermutet, es seien Islamisten. Die Gegend ist überwiegend muslimisch. Eher wahrscheinlich: Es sind wohl ausufernde Gewalt-Proteste gegen eine Politik, die alle Mittel in die Ressourcenförderung steckt und die Bevölkerung so behandelt, als ob sie nicht existierte. Das Gebiet gehört zu den ärmsten in Mosambik.
Bereits am Anfang dieses Jahrzehnts hätten die Gasförderung und -verflüssigung beginnen sollen. Die wachsende Gewalt und der Sturzflug der Gaspreise machen jetzt aber den beauftragten Firmen zu schaffen. Exxon-Mobile, das die Hälfte der Förderlizenzen erwarb und Investitionen von 27 bis 30 Milliarden Dollar in Aussicht stellte, entschloss sich deshalb jüngst, das Projekt vorerst um fünf Jahre zu verschieben. ENI und Total, die sich in die andere Hälfte teilen, warfen das Handtuch zwar noch nicht. Trotzdem fragt es sich, wie klug die Strategie der CS ist, Millionen in den juristischen Krieg gegen eines der ärmsten Länder der Welt zu investieren, das neben wirtschaftlichen Havarien mit Gewaltexzessen und sich häufenden Naturkatastrophen fertigwerden muss. Das Land ist nach zwei Zyklonen letztes Jahr und einem dritten in diesem Jahr nun auch mit der Corona-Epidemie und dem Rückzug von Investoren konfrontiert.
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FUSSNOTE
1 Vincenzo Salvucci et al. [UNU-WIDER, Juni 2018]: Simulating the effect on households’ real consumption and poverty of the increase in prices that followed the 2015–16 economic crisis in Mozambique: https://www.wider.unu.edu/sites/default/files/Publications/Working-paper/PDF/wp2018-61.pdf [Nur Abstract: https://ideas.repec.org/p/unu/wpaper/wp2018-61.html]
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Die Rolle der Credit Suisse im Mosambik-Skandal
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Wenn nicht endlich ein Systemwechsel in der Geldschöpfung vollzogen wird, werden wir immer wieder solche Nachrichten lesen müssen. Weil dank dem, dass die privaten Banken soviel Geld wie nachgefragt wird, aus der Luft erzeugen dürfen, wird es solche Machenschaften geben, weil das zuviel geschöpfte Geld für die Gewinnmaximierungen angelegt sein will Wenn Vollgeld eingeführt ist und die Kapital-Transaktions-Steuer Realität ist – gekoppelt mit Blockchain-Technologie, wären solche Geldflüsse kaum mehr unentdeckt lange möglich. Also wir warten auf eine höhere Menge von Investigativem JOURNALISMUS. Tschau Mainstream – der Unmut in der Bevölkerung wächst.