Dollar

Die Saldierung internationaler Geschäfte in Dollar ist ein wichtiger Hebel der Macht © cc

Die Macht des Dollars und der USA beruht auf dem Clearing

Beat Kappeler /  Westliche Grossbanken sind vom Clearing-Verfahren abhängig und unterwerfen sich deshalb der US-Politik. Der Euro schafft es nicht.

Red. Der Artikel «Mit dem Dollar führen die USA die Welt am Gängelband» von Mohssen Massarrat fand grosse Beachtung. Ein zentraler Aspekt sei dabei zu kurz gekommen, sagt Publizist Beat Kappeler, nämlich das Clearing-System, welches in US-Dollar abgewickelt wird.
Absoluter Gehorsam
Ein Machtwort der USA liess die Schweizer Banken alle Konten Viktor Wechselbergs sperren, zwackte ihnen Milliardenbussen wegen des früheren Bankgeheimnisses ab und verlangt von den Europäern, die Sanktionen gegen Putin und den Iran strikt anzuwenden.
Ist etwa ein US-Flugzeugträger den Rhein heraufgefahren? Sind Geheimwaffen abgefeuert worden?
Nein, die Macht, solche Strafaktionen und absoluten Gehorsam einzufordern ist noch viel geheimer – es ist das Dollar-Clearing in New York.
Diese Clearingstelle, eine Saldierungsstelle, erlaubt den Banken, nicht alle Zahlungen unter einander und bilateral auszuführen, sondern nur die Spitzen zwischen Ein und Aus einander gutzuschreiben.
Da der Dollar die Transaktionswährung der Welt ist, rechnen die Grossbanken in Dollar, transferieren in Dollar, und gleichen über eine US-Stelle in New York die Salden aus. Damit kann der amerikanische Staat dort den Hahn zudrehen für alle Banken, die ihm missliebig sind.
Es sind zwei Stellen zwar, eine der Notenbank mit über 6000 zugelassenen Banken (Fedwire Funds), aber nur einem kleinen Anteil der Transaktionen, und eine private mit rund 60 Grossbanken als Teilnehmer. Diese Clearing House Interbank Payments System (CHIPS) bewältigt den Löwenanteil weltweit, und zwar in Tausenden von Milliarden täglich. Kleinere Banken wickeln ihre Transaktionen über diese Grossbanken ab.
Ausschluss aus dem Clearing bringt enorme Nachteile
Verliert also eine Grossbank ihr Recht, sich für diese Abgleichungen ihrer Transaktionen einzuschalten, hat sie enorme Nachteile. Sie muss Kunden wegschicken, sie verliert das Vertrauen der kleineren Banken, die über sie clearen. Und dieses Zutrittsrecht zu den US-Clearingstellen kann eben der Staat für Kriminelle und Verurteilte sperren.
Grossbanken wie die schweizerischen beim Bankgeheimnis, oder wie die meisten angeklagten europäischen und amerikanischen Banken nach der Finanzkrise, haben daher höchstes Interesse zu zahlen, ohne ein Verfahren abzuwarten. Würden sie verurteilt, wären sie «kriminell».
Die amerikanische Methode, Gerichtsverfahren durch solche Vergleiche abzukürzen, steht als juristisches Vehikel bereit – die Milliarden-Ablässe sind die Folge. Nur schon eine angekündigte Untersuchung löst die Unterwerfung aus, denn während eines langfädigen Verfahrens käme Unsicherheit über den Clearing-Zugang auf. Jede Grossbank verspricht sofort, im Verfahren «mitzuarbeiten», liefert alle E-Mails aus und sich damit definitiv ans Messer. Denn sie wollen keinesfalls ein Gerichtsurteil, sondern einen Vergleich.
Kleinere Banken, die nicht einmal in den USA geschäften, müssen bei Russland- oder Iran-Sanktionen ebenfalls spuren, denn die US-Behörden könnten sich für ihre über die Grossbanken beim Clearing eingereichten Geschäfte interessieren, ebenso für jene der Ölfirmen und ihre Banktransaktionen.

Warum es der Euro nicht zu einer Konkurrenz zum Dollar schafft
Europäische Banken dachten auch schon über eine in Europa gelagerte Verrechnungsstelle für Dollars nach. Doch müsste diese ein grosser Wurf werden, und über eine wichtige Zutat verfügen – Liquidität. Nur wenn enorme Summen abgewickelt werden, kann man enorme Summen abwickeln, kurz gesagt. Auch müssen die Grossbanken dahinter bei Ausfällen mit viel Geld geradestehen können.
Der Euro war anfangs als konkurrierender Währungsraum zum Dollar und seinem Clearing gedacht. Doch der überstürzte Start 1999 und die seither aus rein politischen Gründen veranstalteten Flickereien verhindern eine solche Rolle. Solange Italien ein Währungs-Risikoland bleibt, wären amerikanische oder asiatische, chinesische Grossbanken nie anzuziehen. Würde Brüssel hingegen Italien und Griechenland geordnet austreten lassen, wäre der Euro die starke Alternative. Doch das gibt der Kopf nicht zu.

Der Grossteil des Clearings der Transaktionen in Euro seinerseits liegt heute in London, und der Brexit führt zu Gelüsten Frankfurts, Dublins und in Paris, diese Clearingstelle anzuziehen. Doch heute, wie allenfalls künftig, liegt sie nicht im Euro-Gebiet, sondern im Raume des Pfundes. Mit britischem Recht, britischem Know-How, sowie mit der dort vorhandenen Liquidität bleibt sie vielleicht attraktiver, sozusagen neutraler. Zieht das Euro-Clearing hingegen auf den Kontinent, stünden die britischen Banken trotz Austritt aus der EU unter den gerichtlichen Fuchteln der Europäischen Union. Clearing ist Macht.

Das Clearing des Euro kann nie von London in den Euroraum umziehen. Denn wenn ein Faden beteiligter Grossbanken reisst, muss der entsprechende Währungsraum (z.B. Dollar oder Pfund heute) sofort hundert oder mehr Milliarden garantieren und allenfalls auch «drucken» können. Sogar wenn das Euro-Clearing in Frankfurt wäre, würde die EZB auf enormen Protest der Mitgliedsländer stossen, würde sie einfach mal so aushelfen. Die Bundesrepublik aber müsste dann innert Viertelstunden im Bundestag Steuergelder in solcher Höhe sprechen, damit das Loch gestopft würde.

Die USA können die Macht des Dollars nur selber aushebeln
Schon 1575 hatten rund 60 Grossbankiers das europäische Clearing ihrer Wechsel nach Piacenza verlegt, weil der französische Staatsbankrott die Lyoner Messe wie auch die Währung ruinierte.
Auch die Macht der USA übers Clearing wird dauern, so lange der Staat noch solvent ist und der Dollar sich halbwegs hält. Trumps Defizite bedrohen ab 2020 beides. Geld ist ein scheues Reh, die Clearing-Macht flieht mit.
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Dies ist eine leicht ergänzte Fassung eines Artikels, der am 3.6.2018 in der NZZ am Sonntag erschien.
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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Die Euro- und Währungskrise

Noch mehr Geldspritzen und Schulden bringen die Wirtschaft nicht mehr zum Wachsen. Sie führen zum Kollaps.

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2 Meinungen

  • am 15.07.2019 um 14:13 Uhr
    Permalink

    Die Macht des Dollars und der USA beruht -‹unter anderem›- auf dem Clearing.
    Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass es nicht noch weitere Machtmittel um den Dollar gibt. Der sogenannte PETRO-Dollar wird wohl noch gewichtiger sein in Kombination mit den $-Clearing.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Petrodollar
    (Der geübte WIKI-Nutzer beachtet auch stets die Diskussion)

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 15.07.2019 um 18:04 Uhr
    Permalink

    Selbst im Libanon fürchtet ein zuständiger Minister, dass die Löhne an die Hisbollah Minister nicht weiter bezahlt werden könnten.

    In Montevideo hat BBC von einer Apotheke berichtet, welche das in Uruguay legale Cannabis nicht mehr verkaufen kann, weil ihr Kreditgkartenkonto auf Geheiss amerikanischer Banken gesperrt würde.

    Wann kommt das Renminbin-Clearing in Zürich ? Da könnte sogar Handel mit Iran wieder möglich werden.

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