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Grossbanken in London © australian

Kotau vor Grossbanken: NZZ schreibt Klartext

Urs P. Gasche /  Westeuropas Regierungen agierten als Wortführer ihrer Banken und torpedierten strengere Eigenkapitalvorschriften.

«Die einstigen Forderungen von Ökonomen nach einer radikal einfacheren, aber schärferen Regulierung verstauben in den Universitätsbibliotheken – zumindest bis zur nächsten Finanzkrise». So kommentiert NZZ-Wirtschaftsredaktor Jürg Müller die neuen Eigenkapitalvorschriften, welche der «Basler Ausschuss für Bankenaufsicht» unter dem Namen «Basel III» am 7. November verabschiedet hat. Dem Ausschuss gehören Vertreter der Zentralbanken und der Aufsichtsbehörden von 27 Ländern an.
Hier der Kern der Beschlüsse:

  • Grossbanken dürfen wie bisher ihr vorgeschriebenes Eigenkapital aufgrund eigener Modelle selber berechnen;
  • Das so berechnete Eigenkapital darf bis zu 27,5 Prozent tiefer sein, als wenn es nach dem Standardmodell des Ausschusses berechnet würde;
  • Bis zum Jahr 2022 können Grossbanken ihr Eigenkapital sogar bis zu 50 Prozent tiefer berechnen. Die maximale Abweichung von 27,5 Prozent gilt erst im Jahr 2027;
  • Diese Vorgaben sind für die Grossbanken erst dann bindend, wenn sie die Parlamente der einzelnen Staaten in die nationale Gesetzgebung aufgenommen haben.

Im neuen komplizierten Regelwerk würden sich etliche Klauseln gegenseitig relativieren. Deshalb müsse ein detailliertes Studium noch abklären, «wie stark nun die Bankenregulierung verwässert oder verschärft wurde», schreibt die NZZ vom 8. Dezember unter dem Titel «Die Bankenregulierung erhält ihre definitive Form».
Die Antwort wissen bestimmt die Grossbanken, welche den Regierungsvertretern die Details des Regelwerks eingeflüstert haben. Europas Grossbanken hätten sich für lockerere Regeln eingesetzt als die US-Banken, weil sie viele relativ sichere Hypotheken in ihren Büchern hätten und im Wettbewerb mit den US-Banken nicht benachteiligt werden wollten. Deren Regierungen hätten sich von ihren Banken «überzeugen» lassen: «Die nationalen Regulatoren setzten sich für ihre Anliegen ein», stellt die NZZ fest. Zustande gekommen sei nicht ein Kompromiss zwischen nationalen Regulierungsbehörden, sondern «vielmehr ein Kompromiss zwischen Banken unterschiedlicher Länder».
Einig waren sich die Grossbanken aus Europa und den USA offensichtlich darin, dass die neuen Vorgaben erst nach einer fast ewigen Übergangsfrist bis 2027 eingehalten werden müssen. Auch davon konnten sie ihre Regierungen «überzeugen».
Lapidar stellt NZZ-Redaktor Jürg Müller fest: «Das ist eine lange Zeit, in der in der Bankenbranche noch viel passieren kann.»
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2 Meinungen

  • am 10.12.2017 um 17:42 Uhr
    Permalink

    Die NZZ schreibt «Die einstigen Forderungen von Ökonomen nach einer radikal einfacheren, aber schärferen Regulierung verstauben in den Universitätsbibliotheken». Damit sind drei Hauptprobleme angesprochen: (1) Die Regeln sind viel zu kompliziert. (2) Sie erlauben den Banken, die notwendigen Eigenmittel nach eigenen Formeln zu berechnen. Das ist, wie wenn Porschefahrer ihre Höchstgeschwindigkeit auf Grund ihrer besonders leistungsfähigen Bremsen selbst bestimmen dürften. (3) Da nur die grossen Banken die Möglichkeit haben, diese zwei Fehler auszunutzen, werden diejenigen Banken bevorzugt, welche für die Wirtschaft am gefährlichsten sind.
    Es bräuchte nur eine einzige, einfache Regel: «Die echten Eigenmittel betragen mindestens 10 Prozent der Aktiven und Eventualengagements» (Leverage Ratio). Europäische Grossbanken müssten die Eigenmittel ungefähr verdoppeln.
    Und noch eine Weisheit, die man auch ohne Ökonomiestudium versteht, heisst «Viel Eigenkapital ist gut, wenig Eigenkapital ist schlecht». Diese gilt nicht nur für die Bankkunden, sondern auch für die Banken selbst.

  • am 11.12.2017 um 21:31 Uhr
    Permalink

    @Hans Geiger: Ich stimme mit Ihnen überein, dass der Welt in der derzeitigen, explosiven Situation dieses «Regelwerk» Basel III gar nichts bringt.
    Hingegen verkennen Sie in Ihrem Lobgesang auf mehr Eigenkapital für Banken fundamental, dass jede Eigenkapitalerhöhung für jede Bank einen Verlust an Eigenkapital-Rendite bedeutet und damit einen tieferen Aktienkurs, eine tiefere Marktkapitalisierung. Deswegen und auch weil über die Marktkapitalisierung die Gehälter & Boni der Teppichetagen festgesetzt werden, wird Ihre Forderung nach höherem Eigenkapital für Banken NIE funktionieren. Es ist ein Luftballon, nicht einmal ein Experiment. Träumen Sie weiter.
    Dagegen löst die Vollgeld-Initiative bereits 2018 (und nicht erst 2027) viele sehr wichtige Probleme für uns Bürger, wie Too-big-to-fail (keine Staatsgarantie mehr für Krisenbanken – diese widerspricht freier Marktwirtschaft sowieso fundamental!), absolut sichere Zahlungsverkehrs-Konten für alle Bürger, womit auch die nur zu 1.5% versprochenen Gelder des nicht vorhandenen Bankenrettungs-Fond hinfällig würden und der Staat, d.h. wir alle erhalten die Gewinne aus der Geldschöpfung, und nicht mehr die Privatbanken.
    Aber Sie vertreten ja nur die Interessen der Banken und Zentralbanken. Die Interessen der normalen Menschen in diesem Land scheint Sie weniger zu kümmern. Im Gegensatz zu Ihnen, wird die Jugend die Zeche des aktuellen Geld- und Bankensystems noch bezahlen müssen.

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