Kommentar

Warme Luft – draussen und im Bundeshaus

Hanspeter Guggenbühl © bm

Hanspeter Guggenbühl /  Der Nationalrat macht die Revision des CO2-Gesetzes zur Lachnummer. Lustig ist das nicht.

Der Dezember begann in der Schweiz, wie der November endete: Mit milden Temperaturen. Sie lassen erahnen, was der prophezeite und bereits spürbare Wandel des Klimas langfristig bringt: Heisse Sommer, milde Winter, weniger Schnee, stärkere Regen, heftigere Stürme, Flüchtlingsströme aus überschwemmten Küstenregionen und austrocknenden Landgebieten.

Warme Luft produziert momentan auch der Nationalrat, der im Bundeshaus die Revision des CO2-Gesetzes berät. Einerseits beschloss er, der globale Temperaturanstieg sei auf «deutlich weniger als 2 Grad und möglichst 1,5 Grad Celsius» zu beschränken; damit folgt er dem Beschluss der globalen Klimakonferenz von Paris. Andererseits lehnte er es ab, ein Ziel zur Reduktion der klimawirksamen CO2-Emissionen im Inland gesetzlich zu verankern. Das ist, wie wenn ein Automobilist am Horizont ein Rotlicht erblickt und erkennt, dass er bremsen muss, aber weiter aufs Gaspedal drückt.

Die Irrationalität der jüngsten parlamentarischen Gesetzesarbeit folgt einem langjährigen Muster: Schon seit Jahrzehnten fordern Wissen-Schaffende, Regierungen sowie Nicht-Regierungsorganisationen, wir müssten den Ausstoss von Treibhausgasen gegen Null senken – je später wir beginnen, desto stärker –, um die Klimaerwärmung zu begrenzen. An internationalen Konferenzen und in nationalen Parlamenten setzt die Politik zuweilen auch entsprechende Etappenziele. Doch die Massnahmen oder Unterlassungen, die nötig wären, um diese Ziele zu erreichen, blieben und bleiben auf der Strecke. Denn umweltpolitisches Handeln tangiert wirtschaftspolitische Interessen, und diese haben im Konfliktfall stets Vorrang.

Beides zusammen geht nicht: Wir können nicht den Ausbau von Flughäfen fördern und die Treibhausgase des Luftverkehrs vermindern, nicht Autobahnen verbreitern und erwarten, der umweltbelastende Verkehr werde abnehmen. Wir müssen uns nicht wundern, dass wir schon das bestehende gesetzliche Ziel, den CO2-Ausstoss im Inland bis 2020 um 20 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken, deutlich verfehlen, wenn wir mit Steuerdumping zusätzliche Unternehmen und Menschen samt zusätzlichem fossilen Energiekonsum ins Land locken. So besehen zeugt es fast schon von zynischer Ehrlichkeit, wenn der Nationalrat jetzt darauf verzichtet, ein neues inländisches Reduktionsziel fürs Jahr 2030 gesetzlich zu verankern.

Himmlisches Gelächter aber löst der Nationalrat aus, wenn er gleichzeitig ins nationale Gesetz schreibt, die globale Erwärmung müsse «möglichst auf 1,5 Grad» begrenzt werden. Diese Forderung kann er nur an den lieben Gott richten. Denn die Erdbevölkerung kann das 1,5-Grad-Ziel nur erreichen, so haben Klimaforscher ausgerechnet, wenn sie ihren Konsum von Kohle, Erdöl und Erdgas bis 2050 netto auf Null senkt. Wer dieses globale Ziel ernst nimmt, kann nicht einen unbegrenzten Teil der notwendigen Reduktion mit Ablasszahlungen in andere Staaten verschieben, die ihren fossilen Energieverbrauch ja selber auf Null reduzieren müssen.

Etwas verlacht fühlen sich auch Gutgläubige, welche die Erkenntnisse der Klimaforschung ernst nehmen, die Anforderungen an den Ausstieg aus der fossilen Energie studieren und über die Konsequenzen in den Medien informieren. Haha, ist doch nur ein Scherz, ruft ihnen jetzt die bürgerliche Mehrheit aus der grossen Schweizer Parlamentskammer zu. Für die nachfolgenden Generationen sind die Konsequenzen der unwirksamen Klimapolitik – Hochwasser, Dürren, drohende Hungersnöte und Klimakriege – leider nicht so lustig.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

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Die Klimapolitik kritisch hinterfragt

Die Menschen beschleunigen die Erwärmung der Erde. Doch kurzfristige Interessen verhindern griffige Massnahmen.

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8 Meinungen

  • am 5.12.2018 um 13:18 Uhr
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    Politiker sind nunmal grössere Erzeuger von Kabarettpossen, als die Kabarettisten selbst. Ganz egal in welchem Zusammenhang und welche Richtung.

    Seit 2015 beantwortet mir niemand die simple Frage, von WELCHER genauen Temperatur (das muss ein errechneter Wert aus vielen Daten sein) man eigentlich mit «Paris» die damaligen 2 Grad und nunmehrigen 1,5 Grad «Nichterwärmung» eigentlich einhalten will? Da finden sich über 30 unterschiedliche «Globaltemperaturen» bei nur etwas Recherche. Jeder meint offenbar irgendwas Anderes?

    Bei einer kürzlichen Anhörung im deutschen Bundestag, wurde etwa der Klimaforscher Levermann vom PIK Potsdam befragt, was seinen Informationen nach, trotz recht weniger Quelldaten und fast keinen von der Südhalbkugel, wohl damals die «Globaltemperatur um 1850» gewesen sei, auf die man sich ja öfters als Grundlage einer Erwärmung bezieht. Die im Fernsehen gezeigte Antwort von Herrn Levermann war: «Ziemlich genau 15 Grad Celsius.»

    Das weckte dann bei Manchen dort Erstaunen und Heiterkeit. War doch auch aus dem PIK und bei der deutschen Bundesregierung schon zu lesen gewesen, die «aktuelle Globaltemperatur» betrage etwa 14,8 Grad und ein paar Kommastellen mehr. Das ergäbe aber seit 1850 damit rechnerisch nunmal eine Abkühlung! Rätsel über Rätsel

    Wenn also der Schweizer Nationalrat diese Forderung nach «Erwärmung» müsse «möglichst auf 1,5 Grad» begrenzt bleiben, dann soll er doch bitteschön auch mal die konkreten Ist- und Soll-Temperaturen dazu auflisten.

  • am 5.12.2018 um 14:22 Uhr
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    Lieber Hanspeter

    Wir vergiften Boden und Wasser, als ob wir von Luft und Liebe leben würden. Wobei wir die Luft auch noch vergiften…

  • am 5.12.2018 um 16:57 Uhr
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    Mir ist gar nicht zum lachen zumute. Reine – heilige ? …- Wut steigt hoch wenn ich mir bewusst werde dass, wie Sie sehr richtig schreiben, TATSÄCHLICH , «wirtschaftliche Interesse» von unseren Politikern und Bunderäten höher gewichtet werden als das Abwenden von kommenden Klima-Katastrophen und anderen naturzerstörenden Auswirkungen unserer Zivilisation. Es ist mir schleierhaft, wie diese Damen und Herren, unter diesen jetzt allgemein bekannten Umstände, solche Fehlentscheide mit guten Gewissen fällen können – aber vielleicht sind etliche unter ihnen doch etwas schlaflos ? Schon wenigstens das wäre ihnen hoch anzurechnen ….

  • am 7.12.2018 um 09:28 Uhr
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    @Eisenkopf geht mir auch so, der Bezug dieser 2° C fehlt.
    Beziehen sich diese 2° C auf die Durchschnittstempertur der ‹kleinen Eiszeit› (ca. 1600- 1800) oder auf die der ‹Mittelalterlichen Warmzeit› (ca. 900 – 1350)?
    Dies ist ein Unterscheid von ca 5°, wobei es im Mittel der ‹Mittelalterliche Warmzeit› um ca. 2- 4° C wärmer und in der ‹kleinen Eiszeit› war es ca. 1- 3° C kälter als heute.

    NB: Seit die kleine Eiszeit zu Ende ging wird es wärmer – ist logisch sonst wäre sie nicht zu Ende. Dieser Aspekt wird in den Diskussionen jedoch immer ausgeschlossen, Filterblase?

  • am 9.12.2018 um 09:39 Uhr
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    @Eisenkopf und @Herzog. Das ist der klassische Irrtum bzgl. Messgenauigkeit von Absolut- und Differenzwert. Wir kennen die Veränderung sehr viel zuverlässiger (weltweit) also den Absolutwert. siehe die Diskussion dazu hier:
    https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/verwirrspiel-um-die-absolute-globale-mitteltemperatur/

    Redaktionelle Zusammenfassung für alle, die diesen Link nicht laden können:
    Bei der Bemessung der absoluten Durchschnitts-Temperaturen gibt es grössere Schwankungen (bis plus/minus 1 Grad, je nach Periode) als bei der Bemessung der Differenz. Grund: Der absolute Temperatur-Durchschnitt hängt von der Menge und Platzierung der Messstellen ab. 1860 zum Beispiel gab es weniger Messstellen als heute. Genauer lässt sich also die Differenz bemessen. Hie beträgt die mögliche Abweichung nur 0,05 Grad nach oben oder unten. Darum stützten sich die Klimaforscher und die Klimaziele auf die Differenz der Temperaturen. Die Differenz zwischen der globalen Durchschnitts-Temperatur ums Jahr 1860 und ums Jahr 2017 beträgt rund 1 Grad (plus/minus 0,05 Grad). Hanspeter Guggenbühl

  • am 10.12.2018 um 13:55 Uhr
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    Mir scheint, die Herren Eisenkopf und Herzog führen die Diskussion (absichtlich?) auf ein Stumpengeleise mit der Frage: Verglichen mit welcher Temperatur sollen es denn + 2 Grad mehr sein? Tatsache ist, dass man (die Differentialrechnung hat es gezeigt) mit Differenzen und Differentialen sehr gut arbeiten kann. Das zeigen diverse Simulationen, z.B. in diesem Artikel:
    https://www.ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2015/12/unklare-klimaziele.html
    Darum: Die Frage nach der «Globaltemperatur um 1850» führt genauso in die Irre wie die Behauptung, die Klimaerwärmung sei nicht v.a. menschgemacht. Beides ist v.a. eines: Nicht zielführund, sondern vernebelnd, auf Zeigewinn (wofür?) erpicht!

  • am 17.12.2018 um 15:36 Uhr
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    Replik @ Diener & Kuhn
    In Art. 2 vom Pariser Abkommen (SR 0.814.012) steht nun mal was von einem ‹Temperaturanstieg von 1,5 – 2 °C über die durchschnittliche, vorindustrielle Erdtemperatur›.
    Wenn die Frage nach dieser Bezugstemperatur als ‹irreführend› und als ‹Vernebelung› bezeichnet wird, dann verstehen sie offensichtlich die Frage nicht.

    Es ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass wir bei klimaschwankungen ernsthafte Probleme haben.

    Es ändert auch nichts an der Tatsache, dass sowohl der Verbrauch fossiler Brennstoffe als auch die Bevölkerungsexplosion eine Sackgasse ist.

    Link zum Pariser Abkommen
    https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20162916/201810040000/0.814.012.pdf

  • am 4.02.2019 um 17:39 Uhr
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    Das hyper ventilieren der Klima Päpste ist fast nicht mehr auszuhalten ! Inzwischen sollten aber auch die letzten CO2 Anhänger realisiert haben, dass die Sonne das Klima macht und nicht der Mensch. Weil in der Erdgeschichte bei viel höheren CO2 Werten die Temperatur abnahm und sich nicht erhöhte und vor allem nie ein Zusammenhang zwischen CO2 und Temperatur bestand.
    Das CO2 Problem dient nur den CO2 Steuern und dem schlechten Gewissen der Menschen, welche nun dank dem Klima Wahn mehr Abgaben und Steuern zahlen dürfen. In der Schweiz wird aber nicht gespart, was auch die Zunahme von grossen Autos und SUV’s zeigt.
    Zudem sind einige der grössten Umwelt Sünder dem Abkommen gar nicht beigetreten, weil sie wissen, dass das Abkommen ausser Steuern nichts bringt.

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