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Donald Trump sieht sich selber als erfolgreicher Bauherr. Beim Bau des Grenzzauns hat er versagt © pixabay

Trumps «Mauer» sprengt Budget um Milliarden

Tobias Tscherrig /  Eine Recherche zeigt, dass der Grenzzaun zwischen den USA und Mexiko für den US-Steuerzahler deutlich teurer ist als versprochen.

Der Bau einer Grenzbefestigung zwischen den USA und Mexiko war 2016 eines der zentralsten Wahlversprechen von Donald Trump. Er wollte die Mauer aber nicht nur bauen – vor allem sollte sie von Mexiko bezahlt werden. Wie Trump sagte, sollte die gesamte Grenzbefestigung zwischen 8 Milliarden und «höchstens 12 Milliarden Dollar» kosten.

Recherchen des US-amerikanischen Non-Profit-Newsdesks für investigativen Journalismus «ProPublica» und der Internetzeitung«The Texas Tribune» zeigen nun, was von dem Versprechen übriggeblieben ist. Demnach haben nachträgliche Änderungen an Bauverträgen den Preis der Grenzbefestigung um mehrere Milliarden erhöht. Kosten, die von den USA übernommen werden müssen.

Allerdings könnte Trumps Projekt noch einmal deutlich teurer werden: Joe Biden hat versprochen, im Falle seiner Wahl zum US-Präsidenten die bestehenden Bauverträge für die Grenzbefestigungen zu kündigen. Sollte dies geschehen, würden die Bauunternehmen wahrscheinlich Abfindungen erhalten, die sich nach dem Umfang der bis zum Zeitpunkt der Vertragskündigung geleisteten Arbeit richten. Deshalb beeilen sich die involvierten Baufirmen nun, so viele Arbeiten wie möglich fertigzustellen – um dann die grösseren Abfindungen zu erhalten.

200 Vertragsänderungen führen zu Mehrkosten in Milliardenhöhe
Wie «ProPublica» und «The Texas Tribune» in ihrer Recherche aufzeigen, führten nachträgliche Änderungen an den vergebenen Bauverträgen dazu, dass die Kosten der Grenzbefestigung um Milliarden gestiegen sind. Ein Beispiel: Im Mai 2019 vergab das United States Army Corps of Engineers (USACE) zwei Aufträge im Wert von 788 Millionen Dollar, um 83 Meilen Zaun entlang der südwestlichen Grenze zu ersetzen.

Die Projekte sollten bis im Januar 2020 abgeschlossen sein. Vier Monate nach Beginn dieses Jahres erhöhte die Regierung den Wert der Aufträge dann aber um mehr als eine Milliarde Dollar – ohne den Vorteil von neuen Ausschreibungen zu nutzen, durch die die Kosten für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler niedriger ausgefallen wären. Innerhalb eines Jahres nach der ersten Vergabe der beiden Bauaufträge hatte sich der Wert der Aufträge mit Gesamtkosten von über drei Milliarden Dollar dann bereits mehr als verdreifacht. Das Geld stammt aus der Finanzierung der militärischen Drogenbekämpfung.

Die Recherchen zeigen, dass die Kostenexplosion der beiden Bauvorhaben kein Einzelfall ist. Die Journalistinnen und Journalisten fanden mehr als 200 abgeänderte Bauverträge, die manchmal nur wenige Wochen oder Monate nach den Abschlüssen der ursprünglichen Verträge geändert worden waren. Wie «ProPublica» und «The Texas Tribune» berichten, ergeben sich daraus seit 2017 Mehrkosten in Milliardenhöhe. Allein die Kosten für Zusatzvereinbarungen und Änderungsaufträge – mindestens 2,9 Milliarden Dollar – sollen ungefähr ein Viertel der insgesamt vergebenen Gelder ausmachen und mehr sein als das, was der Kongress in jedem der letzten drei Jahre ursprünglich für den Bau der Grenzbefestigung bewilligt hatte.

Spender sollen von Vertragsvergaben ohne vorherige Ausschreibung profitiert haben
Dabei hatte Trump im Wahlkampf 2016 verkündet, seine Fähigkeiten als Bauherr und Geschäftsmann würden es seiner Regierung ermöglichen, die Mauer kosteneffizienter als seine Vorgänger zu bauen. «ProPublica» und «The Texas Tribune» haben auch dieses Versprechen auf seine Wahrheit hin überprüft: «Alles in allem kostet die Grenzbefestigung von Trump pro Meile etwa fünfmal mehr als Zäune, die unter den Regierungen Bush und Obama gebaut wurden.»

Von den vergebenen Bauaufträgen, die von «ProPublica» und «The Texas Tribune» identifiziert wurden, haben vier Unternehmen die überwiegende Mehrheit der Mittel – etwa 9 Milliarden Dollar – erhalten. Spitzenkader der berücksichtigten Firmen seien häufige Geldgeber für republikanische Kandidaten, schreibt «ProPublica».

So erhielt zum Beispiel «BFBC LLC» , eine Tochtergesellschaft von «Barnard Construction» im Mai 2019 einen Bauauftrag im Wert von 142 Millionen Dollar zugesprochen. Der Vertrag hat eine unbefristete Laufdauer und blieb in technischer Hinsicht zuerst undefiniert. Vier Monate nach der Unterzeichnung wurde der Vertrag konkretisiert: Plötzlich beliefen sich die Kosten auf 440 Millionen Dollar. Sechs Monate später gab es eine weitere Änderung über 172 Millionen Dollar, anscheinend für den Bau von «zusätzlichen Meilen» in der Nähe von Yuma. Weitere Einzelheiten wurden nicht angegeben.

Im April, nur eine Woche, nachdem demokratische Kongressabgeordnete darauf gedrängt hatten, die Gelder für die Grenzmauer in die Bekämpfung der damals explodierenden Coronavirus-Pandemie umzuleiten, erhielt BFBC ihre bisher grösste Vertragsänderung: 569 Millionen Dollar für 17 zusätzliche Meilen in San Diego und El Centro – oder 33 Millionen Dollar pro Meile. Der Zusatzauftrag über eine halbe Milliarde Dollar wurde ohne Ausschreibung vergeben, weil die Firma bereits «mobilisiert sei und in unmittelbarer Nähe arbeite».

Das Government Accountability Office (GAO) ist der Rechnungshof, der als überparteiliches Untersuchungsorgan dem Kongress der Vereinigten Staaten unterstellt ist und unter anderem staatliche Vergaben im Hinblick auf Korruption, Effizienz und Missmanagement überprüft.

Die Kongressdemokraten forderten das GAO auf, das zu untersuchen, was der demokratische Senator Jack Reed als «Vertrag ohne Ausschreibung für einen offenbar politisch verbundenen, privaten Auftragnehmer» bezeichnete. Denn der Eigentümer der BFBC ist ein langjähriger Spender, der seit 2017 fast 200’000 Dollar für republikanische Anliegen und Kandidaten gespendet hat.

Vergaben sollen geprüft werden
Gegenüber «ProPublica» und «The Texas Tribune» bemängeln Experten die häufige Anwendung von Zusatzvereinbarungen, mit denen Arbeit zu bestehenden Bauverträgen hinzugefügt und die Kosten erhöht wurden. Diese Praxis sei darauf hinausgelaufen, dass «einer kleinen Gruppe vorausgewählter Baufirmen – viele mit Führungskräften, die an Trump oder andere Republikaner gespendet hatten – Verträge ohne vorherige Ausschreibung» zugesprochen wurden. Zusätzlich seien einige Verträge und Zusatzvereinbarungen abgeschlossen worden, ohne dass die Öffentlichkeit darüber informiert wurde.

Gegenüber «ProPublica» und «The Texas Tribune» teilte das GAO mit, dass es die nachträglichen Vertragsveränderungen prüfe. Es wird erwartet, dass der entsprechende Bericht Anfang 2021 veröffentlicht wird.

Eigentlich ist das nachträgliche Hinzufügen von zusätzlichen Arbeiten in einem Bauvertrag nichts Ungewöhnliches. Wie aber Stan Soloway, Präsident und CEO von Celero Strategies und ehemaliger stellvertretender Unterstaatssekretär für Beschaffungen und Reformen während der Clinton-Administration, gegenüber «ProPublica» erklärt, lassen sowohl die Schnelligkeit und der Umfang der Zusatzvereinbarungen sämtliche Warnlampen aufleuchten. Bei vielen Zusatzvereinbarungen gebe es nicht einmal genügend Informationen, um festzustellen, ob sie problematisch sind. Dazu kommt, dass in den USA keine Behörde eine umfassende Liste aller Grenzmanagement-Aufträge und ihrer Änderungen bereitstellt. Es existieren nur unvollständige Listen, in denen selbst grundlegendste Fakten fehlen: Zum Beispiel, wozu die nachträglich hinzugefügten Arbeiten überhaupt dienen.

Wettbewerbsregeln ausgehöhlt
Im Februar verzichteten die US-Behörden auf die Einhaltung von zehn Vertragsgesetzen, um den Bau der Befestigung an der südwestlichen Grenze zu beschleunigen. Weiter sind Regeln abgeschafft worden, die den Vertragswettbewerb und die Beteiligung von Kleinunternehmen fördern sollten.

Bei der Vergabe zusätzlicher Gelder durch nachträgliche Vertragsveränderungen gaben die zuständigen Behörden oft eine «zwingende Dringlichkeit» an – womit die Regeln, die den Wettbewerb unter den Baufirmen fördern sollten, weiter ausgehöhlt wurden. Bauexperten sagten gegenüber «ProPublica» und «The Texas Tribune», diese Dringlichkeit sei wenig glaubwürdig. Sie führe auch dazu, dass die Arbeiten nicht an die billigsten Anbieter vergeben würden. Entlang der Grenze seien zudem Umwelt– und Baumängel sowie Verletzungen von Arbeitsbestimmungen die Folge.

In einem Bericht der Aufsichtsbehörde über das Ministerium für Innere Sicherheit vom Juli ist vermerkt, dass die Kosten für die Grenzbefestigung exponentiell ansteigen könnten, da die Zoll- und Grenzschutzbehörde (CBP) «schlecht geplant» habe. Die Behörde habe nicht vollständig nachgewiesen, dass sie die Fähigkeit besitze, möglicherweise Milliarden von Dollar auszugeben, um eine gross angelegte Akquisition zur Sicherung der Südgrenze durchzuführen. Solange sie ihre Beschaffungsplanung und -verwaltung nicht verbessere, könne jedes zukünftige Bauvorhaben länger dauern als geplant, mehr kosten als erwartet und weniger dazu beitragen, die Südgrenze zu sichern.

Vollmundige Versprechen, von der Realität eingeholt

Es ist längst bekannt, dass der Bau der Grenzbefestigung nicht vom Fleck kommt. Trump kämpfte mit politischem und juristischem Widerstand, der Streit zwischen dem Noch-Präsidenten und dem Kongress um die Finanzierung der Mauer führte zwischen Ende 2018 und Ende Januar 2019 zur längsten Haushaltssperre in der Geschichte der USA. Schliesslich rief Trump den nationalen Notstand aus und nahm Milliarden US-Dollar aus dem Budget für Verteidigung, um sie für die Finanzierung der Grenzbefestigung zu nutzen. Zwischenzeitlich untersagte ihm ein US-Gericht, bestimmte Teile des Verteidigungshaushalts einzusetzen. Der mehrheitlich konservativ besetzte Oberste Gerichtshof gab am Ende jedoch vorläufig grünes Licht.

Tatsache ist, dass die «Mauer» eigentlich ein hoher Metallzaun ist und bisher auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler der USA gebaut wurde. 15 Milliarden US-Dollar stammen aus Mitteln des Heimatschutzministeriums, des Verteidigungsministeriums und aus einem Spezialfonds. Bisher gab es dafür nicht viel: Insgesamt ist die Grenze zu Mexiko 3144 Kilometer lang, seit dem Amtsantritt von Trump wurden knapp 600 Kilometer der Grenzbefestigung gebaut, weitere 221 Kilometer befinden sich im Bau. Auf 524 Kilometern wurden allerdings veraltete oder baufällige Grenzbefestigungen ersetzt, nur auf 72 Kilometern wurde an Stellen gebaut, an denen bisher keine Barrieren existierten.

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Dossier: US-Politik unter Donald Trump


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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US-Politik unter Donald Trump

Weichenstellungen: An seinen Entscheiden ist Trump zu messen, nicht an seinen widersprüchlichen Aussagen.

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2 Meinungen

  • am 18.11.2020 um 16:23 Uhr
    Permalink

    "Schliesslich rief Trump den nationalen Notstand aus und nahm Milliarden US-Dollar aus dem Budget für Verteidigung, um sie für die Finanzierung der Grenzbefestigung zu nutzen». Budget für «Verteidigung"? Damit ist wohl die Kriegskasse gemeint. Wieviele Kriegsopfer konnten so wohl vermieden werden?

    Übrigens wurde der Grenzzaun schon lange vor Trump begonnen:
    Im September 2006 verabschiedete der Kongress den Secure Fence Act of 2006, der die Option schuf, Grenzbarrieren auf insgesamt 1400 Kilometer zu erweitern;[US-Präsident George W. Bush unterzeichnete es am 26. Oktober 2006. Bushs Nachfolger Obama befürwortete das Gesetz ebenfalls. In den acht Jahren der Regierung Obama wurde der Grenzschutz kontinuierlich ausgebaut.

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 19.11.2020 um 09:16 Uhr
    Permalink

    Als ich 1972 die Grenze bei el Paso überschritt, gab es in Ciudad Juarez jede Menge «maquiladores», kostengünstige Zulieferfirmen, welche von der US-Regierung bewusst zur «Verbesserung der Margen der US-Firmen» im grenznahen Gebiet gefördert wurden. Damals gab es noch keine Mauer.

    Ähnliche Firmen wurden auch in Puerto-Rico gefördert, was nicht zuletzt von der Schweizer Pharma ausgiebig genutzt wurde bis diese privilegierten Positionen 2006/07 abgeschafft wurden.

    Nach dem Vietnamkrieg verlegten die US auch einiges an Arbeitsplätzen nach Südostasien usw. Das war offizielle US-Politik bis Herr Trump darin die «bösen Machenschaften» der Drittweltländer unter der Führung Chinas «entdeckten».

    Aus den 70er-Jahren stammten übrigens auch die Zollpräferenzen für «Entwicklungsländer», n.b. nach Abschluss der europäischen Freihandelsabkommen, welche diese Präferenzen praktisch zur Makulatur gemacht hatten.

    Trotzdem hat Trump alls diese «bösen» Sachen den Chinesen in die Schuhe geschoben, obwohl sie damals noch nicht im GATT am Kapitel 4 mitgearbeitet hatten und die WTO noch nicht einmal auf den politischen Reissbrettern bestand.

    Natürlich gab es auch das Public Law 480, welches durch massive Subentionen der US-Nahrungsmittelexporte die Konkurrenz in der Dritten Welt eliminieren half und eine entsprechende Abhängigkeit eben dieser Länder förderte.

    Auch das gehört, gemäss Trump, zu den Intrigen Chinas. Soviel Revisionismus bei einem einzelnen Autor — das hat offenbar System.

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