Trumps Kehrtwende in Afghanistan
Ende August machte US-Präsident Donald Trump eine Kehrtwende um 180 Grad. Er verkündete eine von seiner Administration als «neu» verkaufte Strategie der USA in Afghanistan. Der Präsident überraschte seine WählerInnen mit der Absicht, die Zahl der am Hindukusch stationierten US-Soldaten von 8400 auf über 12‘000 zu erhöhen. Um das dortige «Drehkreuz für Terroristen» zu zerstören, «müsse der Kampf gegen Al-Kaida und die Terrormiliz IS verschärft und eine Übernahme des Landes durch die Taliban aktiv verhindert werden», erklärte Trump.Von nun an werde Sieg klar so definiert: «Unsere Feinde angreifen, den IS auslöschen, Al-Kaida zerquetschen, die Taliban davon abhalten, Afghanistan zu übernehmen und Terror-Anschläge gegen Amerika verhindern, bevor sie geschehen.» Für den Einsatz werde es keine zeitlichen Vorgaben mehr geben. «Amerikas Feinde dürfen nicht glauben, dass sie unsere Pläne kennen oder einfach abwarten können, bis wir gehen.Wir werden nicht wieder Staatsaufbau betreiben – wir werden Terroristen töten.»
Überraschend kam diese Ankündigung einer neuen Eskalation des Krieges, weil Trump während seines gesamten Präsidentschaftswahlkampfes in den Jahren 2015/16 das militärische Engagement der USA in Afghanistan immer scharf kritisiert und für den Fall seines Wahlsieges den sofortigen Abzug aller US-Truppen versprochen hatte. «Wenn man aber hinter dem Schreibtisch des Oval Office sitzt und Entscheidungen treffen muss, stellen sich die Dinge oft anders dar», begründete Trump seinen Sinneswandel.
Der Krieg ist längst gescheitert
Diese Erklärung klingt wenig glaubwürdig. Zumal die grossspurig verkündete «neue» Strategie tatsächlich nicht neu ist, sondern lediglich ein militärisch leicht eskaliertes «Weiter so» im seit nunmehr über 16 Jahren währenden und längst gescheiterten «Krieg gegen den Terrorismus». Staatsaufbau, den Trump jetzt beenden will, haben die USA in Afghanistan ohnehin nie betrieben. Und die in den letzten Jahren von US-Truppen durchgeführte Ausbildung afghanischer Armee-und Polizeikräfte hat – bei gleichzeitig fortgesetzter Unterstützung Washingtons für die korrupte Präsidentschaft in Kabul sowie fortgesetzter Kooperation mit bestimmten Warlords – auch nicht zur Stabilisierung des Landes beigetragen.
Die Taliban reagierten prompt auf die angekündigte Aufstockung der US-Truppen mit einer scharfen Erklärung: «Solange sich auch nur ein einziger US-Soldat in Afghanistan befindet, werden wir unseren heiligen Krieg mit Entschlossenheit fortsetzen.» Sollten die USA nicht vollständig abziehen, werde Afghanistan «zu einem Friedhof für die Supermacht».
Rohstoffe im Wert von einer Billion US-Dollars
Welche Motive stecken tatsächlich hinter Trumps Kehrtwende? Vieles deutet darauf hin, dass für diese Entscheidung Trumps die reichen Bodenschätze Afghanistans ausschlaggebend waren. Das Land am Hindukusch verfügt im Norden über grosse Erdöl- und Erdgasfelder. Von noch grösserem Interesse für die USA dürften die erheblichen Vorräte Afghanistans an den begehrten seltenen Erden, an Gold, Silber, Kupfer, Kobalt, Eisen, Chrom, Uran, Bauxit und vielen andern Metallen sein.
Trump habe sich vom korrupten Präsidenten Afghanistans, Ashraf Ghani, überzeugen lassen, dass Afghanistan eines der rohstoffreichsten Länder sei, in dem US-Konzerne riesige Geschäftsmöglichkeiten hätten, berichtete Ende Juli die «New York Times» in einem Artikel, aus dem «Infosperber» einige Auszüge zitiert hat («In Afghanistan locken riesige Rohstofflager», «Infosperber» vom 23.8.2017). Nach Darstellung der «New York Times» habe Gahni Trump zugesagt, dass US-Konzerne in Afghanistan Rohstoffe im Wert von einer Billion (1000 Milliarden) US-Dollars ausbeuten könnten.
«Die Beute gehört dem Sieger»
Auch Indien, Kanada, arabische Emirate und andere Länder haben grosses Interesse an lukrativen Geschäften bei der Ausbeutung der afghanischen Rohstoffvorkommen. China hat laut NYT bereits einen Vertrag über drei Milliarden Dollars abgeschlossen, um 40 Kilometer südöstlich von Kabul eine Kupfermine zu bauen. Die NYT zitiert US-Beamte mit der Aussage, Präsident Trump wolle nicht, dass die bisher in Afghanistan über 3500 US-Armeeangehörigen gefallen seien und die USA über 750 Milliarden Dollars ausgegeben hätten, nur um zuzusehen, wie China Rohstoffe wie Kupfer oder seltene Erden ausbeute.
In einem Gespräch mit Angestellten der CIA habe es Präsident Trump bedauert, dass die USA unter seinem Vorgänger Barak Obama so viele Truppen aus dem Irak zurückgezogen haben, ohne sich vorher das Erdöl zu sichern. Es gelte doch «die alte Regel», dass «dem Sieger die Beute gehöre» (zitiert nach NYT).
Diese Darstellung Trumps ist allerdings falsch. 2003, nach dem Sturz des irakischen Herrschers Saddam Hussein durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der USA war es eine der ersten und vordringlichsten Amtshandlungen des Chefs der von Washington eingesetzten Besatzungsverwaltung, Paul Bremer, die bis dato hauptsächlich von russischen, chinesischen und französischen Unternehmen gehaltenen Ausbeutungsrechte an irakischen Ölfeldern für US-amerikanische und britische Firmen zu sichern.
Das Leiden der Bevölkerung geht weiter
Das Wissen um die Bodenschätze in Afghanistan ist nicht neu. Schon im Jahr 2010 hätten US-Behörden den Wert der unberührten Rohstofflager in Afghanistan auf fast eine Billion Dollars geschätzt, schreibt die NYT. Doch der damals noch fast landesweite Krieg mit bis zu 100‘000 in Afghanistan stationierten Soldaten der von den USA und der NATO geführten Interventionsallianz liess die Erschliessung und Ausbeutung von Rohstoffen nicht zu. Auch nach dem Abzug von 90 Prozent der ausländischen Truppen seit Ende 2011 haben sich die Rahmenbedingungen kaum verbessert.
Die Ausbeutung der Rohstoffe sei erst in den Anfängen, weil die Sicherheit nicht gewährleistet, die Korruption gross sei und es an Strassen, Brücken und Eisenbahnen fehle, zitiert die NYT einen Sprecher des Pentagons. Es ist allerdings kaum zu erwarten, dass die von Trump verkündete «neue» Eskalationsstrategie im Krieg gegen Al-Kaida, die Taliban und den IS die Sicherheitslage in Afghanistan und damit auch die Rahmenbedingungen für eine ungestörte Erschliessung und Ausbeutung von Bodenschätzen verbessern wird. Alle Erfahrungen in Afghanistan seit der sowjetischen Invasion Ende 1979 oder auch im Irak seit dem anglo-amerikanischen Krieg von 2003 sprechen dagegen.
Sicher ist nach der Eskalationsentscheidung Trumps nur, dass der jetzt schon längste Krieg seit dem 30-jährigen Waffengang in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf unbestimmte Zeit weitergehen und die Zahl der zivilen Opfer in der afghanischen Bevölkerung weiter steigen wird.
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Dieser Artikel ist in leicht veränderter Form in der Friedenszeitung Nr. 22 vom September 2017 erschienen.
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Siehe
- In Afghanistan locken riesige Rohstofflager, Infosperber vom 23. August 2017
- Mehr US-Truppen für Nato-Krieg in Afghanistan, Infosperber vom 20. Juni 2017
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine.
Meines Wissens lagern auch in den Böden Nordkoreas Schätze, insbesondere die sog. seltenen Erden. (Falls ich falsch informiert bin, wollen man mich bitte korrigieren.
Herr Moser, Ihr Wissen ist richtig !
siehe auch Mineralienatlas
"In Bezug auf Bodenschätze ist Nordkorea einer der reicheren Staaten Asiens. Es gibt Kohle, Eisenerz, Wolfram, Magnesit und Graphit. Außerdem sind Gold, Silber, Kupfer, Blei, Zink und Molybdän zu finden. Neueren Berichten nach sollen in Nordkorea (Jongju) riesige Mengen an Seltenen Erden (SEE) im Boden liegen; man schätzt die 6-fache Menge des schon riesigen Vorrats von China!!!"
https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Nordkorea
Trump wollte etwas ausscheren, wird aber aktuell vom «Council on Foreign Relations» auf Linie gebracht.