Corona-Pandemie: Lobbyisten haben Nachholbedarf
Zwischen dem 7. und dem 25. September treffen sich National- und Ständerat zur Herbstsession im Bundeshaus. Während der Session ist unter anderem auch die Corona-Pandemie ein grosses Thema.
Im Bundeshaus wird aber nicht nur über die Pandemie diskutiert, vielmehr prägt sie das Bild in Bundesbern. Um die Ratsmitglieder zu schützen, wurden im Nationalrats- und Ständeratssaal sowie in den Kommissionszimmern zwischen den Sitzplätzen Trennwände aus Plexiglas installiert. Eine Maskenpflicht gibt es zwar nicht, trotzdem wird das Tragen von Masken im Parlamentsgebäude aber dringend empfohlen.
Lobby-Anlässe: Als ob nichts wäre
Während vieles getan wird, um die Abgeordneten im Bundeshaus zu schützen, setzen sie sich andernorts den Gefahren einer Ansteckung aus. Zum Beispiel bei den zahlreichen Lobby-Anlässen, bei denen Organisationen, Verbände und Unternehmen zu Tisch laden – so, als würde es die Pandemie nicht geben. Wie die Plattform für eine transparente Politik «Lobbywatch» schreibt, ist von einigen Ausnahmen abgesehen, bei den Lobbyisten wenig von Vorsicht und Zurückhaltung zu spüren.
So finden während der Herbstsession fast 50 Lobby-Veranstaltungen für Ratsmitglieder statt, das sind praktisch gleich viele wie zu «normalen» Zeiten. Der Verband der Gastrobranche habe seinen traditionellen Parlamentarierabend im Kornhauskeller wegen des Coronavirus abgesagt. Eine Absage gab es auch von auto.schweiz, der «Auto- und Transportabend» fällt ins Wasser.
In einigen Einladungen werde zumindest darauf hingewiesen, dass die Corona-Massnahmen selbstverständlich eingehalten würden, bei anderen Veranstaltungen sei die Teilnehmerzahl beschränkt. «Sonst aber herrscht in Bundesbern im September zumindest was die Lobbyanlässe angeht ‹Business as usual’», schreibt «Lobbywatch». Das Fazit: «Im Bundeshaus gelten während der Herbstsession strenge Corona-Massnahmen. Ausserhalb der Sitzungen laden jedoch Lobbyorganisationen, Unternehmen und Verbände ein, als ob nichts wäre. Die Lobbyisten haben Nachholbedarf.»
Kontaktlose Intensivierung von Kontakten?
Zu den knapp 50 Lobby-Veranstaltungen, an denen Lobbyisten den Kontakt zu den Parlamentarierinnen und Parlamentariern suchen, gehören zum Beispiel der Sessionsanlass «Arbeitswelten im digitalen Zeitalter – wie gestalten wir den Wandel?» von ePower. Zum Anlass im Hotel Bellevue Palace gehört ein anschliessendes Nachtessen. Auch die Swisscom ist mit dem Anlass «Einblick in die Wiener 5G-Initiative» mit von der Partie, hier wird den Parlamentarierinnen und Parlamentariern ein «kulinarischer Gruss aus Wien» gereicht. Die Auslandschweizer-Organisation wartet im Hotel The Bistrol mit einem Frühstück auf, Economiesuisse lädt zum Parlamentariertreffen «Weltwirtschaft am Scheideweg?» mit anschliessendem Nachtessen.
Die Wirtschaftsfrauen Schweiz laden zu einem Themenabend mit Apéro, Die Swiss Shipowners Association reichen ein Sessionsfrühstück. Die Fondation pour la promotion du Goût warten in einer Schweizer Genusswoche mit der kulinarischen Vielfalt der Kantone St. Gallen und Graubünden auf, die Schweizerische Public Affairs Gesellschaft lädt zum Sessionsanlass mit Apéro in der Krone Bar. Auch die SBB sucht den Kontakt zu den Parlamentarierinnen und Parlamentariern der Schweiz, sie lädt zu einem Morgenanlass ins Tibits.
Die genannten Veranstaltungen mögen als Beispiel herhalten, die komplette Liste der Lobbyanlässe, die während der Herbstsession stattfinden, ist auf «Lobbywatch» abrufbar. Was bleibt ist die Frage: Wie werden die Massnahmen gegen die Ausbreitung der Pandemie an gemeinsamen Morgen- und Nachtessen, an Apéros und Stehlunches in Restaurants, Bars und Clubs gewährleistet?
Lobbyisten: Seit Monaten keinen Zugang mehr zur Wandelhalle
Fest steht, dass die Lobbyisten und Lobbyistinnen der verschiedensten Organisationen, Verbände und Unternehmen Nachholbedarf haben. Wie «Lobbywatch» bereits im August schrieb, haben die Profi-Lobbyisten nämlich seit über einem halben Jahr keinen Zugang mehr zur Wandelhalle des Bundeshauses. Wie die Spitzen von National- und Ständerat beschlossen hatten, wurde das wegen der Corona-Pandemie stark eingeschränkte Zutrittsregime für Lobbyisten für die Herbstsession nur leicht gelockert. Zugelassen sind nur die persönlichen Mitarbeitenden der National- und Ständeratsmitglieder sowie Botschafterinnen und Botschafter.
Lobbyisten müssen draussen bleiben. Sie gelangen üblicherweise – wie auch die persönlichen Mitarbeiter – dank der Zutrittsausweise ins Bundeshaus, die jede Parlamentarierin und jeder Parlamentarier an zwei beliebige Personen verteilen kann.
Zugang zu geheimen Protokollen
Allerdings stehen auch auf der Liste der persönlichen Mitarbeiter Personen, die keinen Zutritt ins Bundeshaus haben. Das bestätigten die Parlamentsdienste gegenüber «Lobbywatch». Denn um gemäss der neuen Sonderregelung Zugang zur Wandelhalle zu erhalten, müssten diese Personen gleichzeitig auf der – separat geführten – Liste der persönlichen Mitarbeiter aufgeführt sein.
«Lobbywatch» erklärt die separat geführte Liste mit den Worten: «Diese Liste gibt es, weil seit der neuen Legislatur eine Regeländerung persönlichen Mitarbeitern der Zugriff zu den vertraulichen Protokollen der Kommissionen erlaubt. Kommissionssitzungen sind nicht öffentlich, die Protokolle dazu folglich nur dem Kreis der Parlamentarier zugänglich – und neuerdings eben den persönlichen Mitarbeitern. Das führte dazu, dass noch vor wenigen Monaten mehrere Verbandsvertreter und Kommunikationsberater als «persönliche Mitarbeiter» von Parlamentsmitgliedern figurierten – offensichtlich, um sich so Zugang zu den geheimen Protokollen zu sichern.»
«Zutrittsregelung für das Bundeshaus sind absurd»
So zeigt die aktuelle Corona-Zutrittsregelung für Gäste gemäss «Lobbywatch» «vor allem auch die ganze Absurdität der geltenden Zutrittsregelung für das Bundeshaus.» Und: «Die Lobbyisten – die weiterhin keinen Zugang zur Wandelhalle haben – beweisen ihrerseits gerade seit Monaten, dass sie auch von aussen bestens auf die Mitglieder von National- und Ständerat einwirken können. Es ist Zeit, das geltende System grundsätzlich zu überdenken.»
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Infosperber-Dossier:
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
keine
Es wäre an der Zeit, die rechtswidrige Bevormundung der Bevölkerung mit Corona-Lockdown und ähnlichem Unsinn zu beenden. Was fehlt ist eine offene Diskussion über das Thema!