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Ganz schön viele Daten: Was Google und Facebook über uns wissen, ist erschreckend. © CC

Was Google und Facebook über ihre Nutzer wissen

D. Gschweng /  Die Datenernte, die grosse Internetkonzerne aus ihrer Online-Aktivität einfahren, ist grösser, als Nutzer wahrscheinlich denken.

Kaum jemand macht sich detailliert Gedanken dazu, was Facebook, Google und einige andere alles über ihn wissen und zu welchen Schlüssen die Nutzerinformationen noch führen können. Der IT-Experte Dylan Curran hat für den «Guardian» eine Aufstellung gemacht und aufgelistet, was die Internetkozerne alles über ihn wissen. Ihren Datenhunger einzuschränken ist mühsam, aber möglich.

Standortdaten: Google weiss, wo Sie wann gewesen sind

Es beginnt mit dem «wo». Wenn der Standortdienst des Handys eingeschaltet ist, weiss Google, wo sich der Nutzer beziehungsweise sein Handy gerade befindet. «Jeder Ort, an dem Sie mit Ihrem Handy gewesen sind, ist gespeichert. Von dem Tag an, an dem Sie Google das erste Mal verwendet haben», schreibt Curran.


Currans Standort-Historie zeigt jeden Ort in Irland, an dem er in diesem Jahr bereits gewesen ist. (Dylan Curran)

Ihre persönliche Google-Standort-Historie können Sie hier abrufen: google.com/maps/timeline?pb.

Search History: Google weiss, wonach Sie suchen – auf jedem Gerät

Google speichert alles, was Sie damit suchen. Auf jedem Gerät, das Sie besitzen. Das heisst, selbst wenn Sie Ihre «Search History» auf dem Laptop löschen, gibt es womöglich Daten vom Handy.

Ein Beispiel, was sich mit den Daten anfangen liesse: In der «Location History» der Autorin fand sich eine Reise zum «Infosperber»-Jahrestreffen in Bern. Google weiss, wo das Treffen stattgefunden hat, wann und wie lange. Gewiss gäbe es auch andere Gründe, nach Bern zu reisen. In Kombination mit den Standortdaten anderer Anwesender wäre der Zweck der Reise aber schnell ergründet. Denn natürlich wird auch gespeichert, wer noch am selben Ort gewesen ist. Nun ist das «Infosperber»-Jahrestreffen keine geheime Angelegenheit, genauso wenig wie vielleicht das Treffen von Vertretern einer mittelgrossen Firma. Aber nehmen wir an, jemand sucht während eines Treffens nach dem Begriff «Konkurs». Das klingt ungemütlich, nicht?

Sie können Ihre persönliche «Google Activity History» hier abrufen: myactivity.google.com/myactivity.
Diese umfasst auch Daten, die Google aus der Nutzung von Google Maps und Google Play Store gewinnt, sowie Webpages, die Sie besucht haben.

Apps, Email und YouTube: Google schaut mit

Google weiss natürlich auch, welche Apps Sie auf ihrem Handy installiert haben, wann Sie sie verwendet haben, welche YouTube-Filme Sie sich angeschaut haben, wem Sie E-Mails geschickt haben und was darin stand (falls Sie Gmail verwenden), welche Kalendereinträge Sie gemacht haben und welche Musik Sie hören. Daraus kann man zum Beispiel schliessen, wann Sie zu Bett gehen, was Sie essen, wann und mit wem, welche Hobbies und natürlich auch, welche politischen Ansichten Sie haben.

Google ermöglicht es jedem Nutzer, die über ihn gespeicherten Daten einzusehen. Die Anforderung über diesen Link google.com/takeout ergibt ein mehr oder weniger grosses File, das der Nutzer herunterladen kann. Dylan Curran hat es versucht und ein 5,5 Gigabyte grosses Dokument erhalten. Das entspricht, schreibt er, ungefähr der Grösse von drei Millionen Word-Dokumenten.

Einkäufe, E-Mails, Kontakte und Gesundheitsdaten

Darin befanden sich alle Sucheingaben, die er jemals gemacht hatte, seine Einkäufe über Google, seine Kalendereinträge, die Webpages, die er geteilt hatte, seine E-Mails und Kontakte. Google kannte jedes einzelne Foto, das er gemacht hatte, besass eine Liste der Musik, die er gehört hatte sowie seine Google Fit-Daten. Selbst Dokumente, die er auf dem Google Drive gespeichert und längst gelöscht hatte, fanden sich.


Eine Übersicht über die Quellen, aus denen Google Nutzerdaten gewinnt, aus dem Takeout-Dokument von Dylan Curran (grössere Auflösung). (Dylan Curran)

Natürlich verspricht Google, diese Daten für sich zu behalten und nur zur Erstellung von Werbeprofilen zu verwenden. Wer allerdings in den Besitz des Google-Passwortes kommt, kann detailliert nachvollziehen, was jemand in den letzten Jahren gemacht hat.

Googles Hunger beschränken

Googles Datenhunger lässt sich einschränken. Nutzer können durch ihr Verhalten dafür sorgen, dass ein solcher Datenberg gar nicht erst entsteht. Etwa, indem sie eine alternative Suchmaschine wie DuckDuckGo oder Startpage verwenden, die Standortdienste wenig nutzen und ihre Fotos nicht bei Google speichern.

Viele Sammlungs-Optionen lassen sich zudem ausschalten – in einer meist langwierigen Sitzung. Gesammelte Daten lassen sich rückwirkend löschen.

Wenn Sie das tun wollen, beginnen Sie am besten auf der oben bereits erwähnten Seite der «Activity History», und hangeln sich von dort aus durch die Menüs.

Doch selbst dann bleibt einiges übrig. Einerseits, weil allein die Nutzung von Google Maps, Google Drive, Gmail und anderen Funktionen Daten generiert. Andererseits, weil viele Apps ohne Google-Dienste wie das Standortsystem gar nicht funktionieren. Auch die Hersteller von Apps haben dazu die Möglichkeit, Daten zu sammeln.

Wer denkt, es gäbe so etwas wie private Kommunikation auf Facebook, irrt sich

Auch Facebook stellt zu Werbezwecken Mutmassungen darüber an, was einen Nutzer interessieren könnte. Je nach der Datenbasis ist das soziale Netzwerk dabei zwischen leidlich und ziemlich gut. Dafür zeichnet die Social-Media-Plattform allerdings eine Menge Details auf.

Wer denkt, es gäbe so etwas wie private Kommunikation auf Facebook, irrt sich. Jeder Post, jede Message, jedes File, das versendet wurde, ist gespeichert. Facebook notiert jedes Login, wann und von welchem Gerät aus es geschieht. Alles, was ein Nutzer oder eine Nutzerin jemals geliked haben, jeden Sticker, den sie verwendet haben. Wer Facebook Zugriff auf die persönlichen Kontakte gibt, verschenkt dazu noch die Daten anderer Personen.

Auch Facebook hat stets betont, Daten nicht unvernünftig weiterzugeben, woran nach den Datenskandalen der vergangenen Jahre allerdings Zweifel bestehen. Was mit Ihren Daten und den Rechten daran in Zukunft geschehen könnte, kann niemand vorhersehen. Vorstellbar wäre beispielsweise, dass Ihre Krankenkasse Ihre private Facebook-Kommunikation der letzten zehn Jahre nach dem Stichwort «Knie» durchsucht, um festzustellen, ob es ein aktuelles Problem schon vor Abschluss der Versicherung gab.

Wer sich, analog zu Google, die von Facebook gesammelten Daten herunterladen will, kann das nach dieser Anleitung tun.

Auch das Betriebssystem hört mit – Windows

Falls Sie sich entschlossen haben, Ihre Daten wie zum Beispiel Fotos lieber lokal zu verwalten, ändert das unter Umständen auch nicht viel. Zum Beispiel, wenn Sie mit Windows 10 arbeiten, das ebenfalls Daten sammelt. Auch da aber lässt sich die Datensammelwut von Mikrosoft zumindest einschränken. Dazu muss sich der Nutzer durch ein Menü mit vielen Unterpunkten hangeln und die Prozedur unter Umständen nach jeder grösseren Änderung wiederholen.

Eine Anleitung dazu gibt es beispielsweise von Chip.de.

Windows kann genauso wie Google und Facebook die Menüstruktur jederzeit ändern, weshalb es schwer ist, eine endgültige Empfehlung zu geben. Den Gesetzen zum Datenschutz ist damit Genüge getan. Nutzerfreundlich ist es allerdings nicht.

Die Daten-Sammelei ist auch politisch brisant

Dazu ein kleiner Nachsatz des diensttuenden Redaktors von «Infosperber»: Manche Regierungen mögen ob der endlosen Sammlung von Daten ihrer Bürgerinnen und Bürger gar nicht so unglücklich sein. Sollte in Zeiten eines immer hemmungsloseren Neoliberalismus die Kluft zwischen Reich und Arm nämlich jene Brisanz erreichen, die in vergangenen Zeiten zu Protestmärschen, Aufständen oder gar zu Revolutionen geführt haben, ist es jetzt ein Leichtes, Massenansammlungen zu verhindern. Man kennt mit den gesammelten Daten die Rädelsführer, kann sie vorzeitig aus dem Verkehr nehmen und durch Stilllegung der Kommunikationskanäle jede Art von spontanem Widerstand gegen die Obrigkeit verunmöglichen. Die gesammelten Daten nützen, im Bedarfsfall, nicht zuletzt den Mächtigen. (cm)


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

Privatsphre2

Schutz der Privatsphäre

Internet-Seiten, E-Mails, Telefonanrufe, Handy-Standorte usw. werden flächendeckend erfasst. Wer stoppt´s?

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Eine Meinung zu

  • am 8.07.2018 um 16:27 Uhr
    Permalink

    Für einigermassen Eingeweihte nichts Neues. Was mich zunehmend erstaunt ist die Schizophrenie der Medienwelt. «Wenn sie sich zum Thema äussern wollen, unser Hashtag ist…», sagen die Moderatoren in beinahe jeder Themensendung, auch etwa SRF.Sie öffnen damit Tür und Tor zu Google, Facebook & Co, den technisch genialen Werkzeugen für Datenpornografie!
    Im Artikel empfiehlt mir auch infosperber meine Daten über den Link https://google.com/takeout abzurufen. Tue ich das, ist prompt eine Google-Anmeldung erforderlich und das Theater kann losgehen!
    Ich behaupte, dass Google über mich gar nichts von Belang weiss und ich bitte infosperber, mir das Gegenteil zu beweisen. Auch infosperber hat ja hierzu die notwendigen Daten über mich.
    Mein Schutzverhalten: ich benutze Social Media konsequent nicht, vernetze weder PC noch Mobile mit sensitiven Daten.
    Das einzige Problem, das es zu lösen gälte, ist die unglaubliche Naivität und Ignoranz der Nutzer. Das ist allerdings nicht ganz einfach, wenn ich den Jungen zusehe, wie sie mit Daten umgehen. Leider lernen Sie es sogar an den Hochschulen von ihren Informatikprofessoren, wie ich selbst feststellte.

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