Es ist Zeit, für die SRG auf die Strasse zu gehen!
Die Vielfalt in der Schweizer Medienlandschaft ist hoch gefährdet: Im Bereich der Zeitungen und der privaten Radio- und TV-Stationen sind es gerade noch vier Familien und eine Zürcher Finanz-Gruppe, die das Sagen haben:
Das ist das eine.
Das andere ist: All diese Medien-Gruppen haben ein gemeinsames Interesse: die Demontage des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und Radios SRF, der SRG. Vorkämpferin in diesem Kampf gegen die SRG ist die Blocher-Partei SVP mit ihrer Nationalrätin Natalie Rickli. Mit von der Partie ist schon seit längerem der Schweizerische Gewerbeverband mit Hans-Ulrich Bigler an der Spitze. Und jetzt geht auch «economiesuisse», der Dachverband der Schweizer Wirtschaft unter Präsident Heinz Karrer, auf SVP-Kurs und empfiehlt den Parlamentariern der bürgerlichen Parteien, die SRG mit geeigneten Gesetzen und Massnahmen, insbesondere mit einer Reduktion des SRG-Budgets über eine Gebühren-Halbierung, zu demontieren.
Das ist ein lautstarker Warnschuss! Und eben hat der Nationalrat gezeigt, dass er mit der Demontage der SRG Ernst machen will: Die Beschränkung, dass private Medien-Unternehmen nicht mehr als zwei Radio und Fernsehstationen betreiben dürfen, soll fallen. Und die privaten Medien sollen SRG-Angebote preisgünstig übernehmen dürfen.
Alles zugunsten einer privaten Oligopol-Medienlandschaft, alles zulasten der öffentlich-rechtlichen Medien SRF. Die osteuropäische Oligarchen-Medienszene lässt grüssen!
Peinliche Werbung
Der Verband Schweizer Medien VSM, dem mit Ausnahme von Ringier alle grossen Medienunternehmen angehören, hat eben eine Werbekampagne am Laufen – offiziell eine Kampagne zum Thema Fake News, de facto aber natürlich eine Kampagne für die privaten Schweizer Medienunternehmen. Und was sagt da Nationalrätin Natalie Rickli, die Vorkämpferin der SRG-Demontage, in dieser Werbekampagne? «Unabhängige Medien sind wichtig für unsere Demokratie». Als ob fünf Mediengruppen in der Hand von SVP und FDP-nahen Verleger-Familien unsere Demokratie sicherstellen könnten!
SRF bietet hervorragende Information
Bei aller möglichen Kritik vor allem an Sendungen des Schweizer Fernsehens, es gibt auf SRF absolut hervorragende Informationssendungen, wie sie auch im Ausland nicht leicht zu finden sind. Das Echo der Zeit, das Rendez-vous am Mittag, das Tagesgespräch, Trend, Espresso: alles hervorragende Sendungen!
Allein schon die Auslandredaktion des Schweizer Radios, die Korrespondenten Martin Alioth in Grossbritannien, Urs Bruderer in Osteuropa, Patrik Wülser in Afrika, Karin Wenger in Südostasien, und wie immer sie alle heissen: hervorragende Leute, die vor Ort leben und aktuell berichten und kommentieren können. Da kann keine Zeitung mithalten! Der heute übliche Parachute-Journalism – mal schnell hinfliegen, wenn’s irgendwo brennt – und erst recht der Newsroom-Copypaste-Journalismus – Verteilung der von den grossen Agenturen hereinkommenden Neuigkeiten auf die verschiedenen Kanäle – das kann nicht unsere Lösung sein. Die Auslandredaktion von Radio SRF ist ein Beispiel, wie es sein könnte und sein müsste – sein kann und sein muss.
Die Schweiz braucht öffentlich-rechtliche Medien, in mindestens drei Sprachen, deutsch, französisch und italienisch, für die verschiedensten Zielgruppen, für die verschiedensten Bedürfnisse, als Service public – und am besten mit starken Sendern, damit man die Programme auch 50km nördlich von Basel und 50km südlich von Chiasso noch hören kann. Die privaten Medien, Zeitungen, Radiostationen und regionalen Fernsehsender, sie machen nur, was Profit verspricht. Ist das aber das, was wir wollen – und was wir brauchen?
Es ist Zeit, für die öffentlich-rechtlichen Medien auf die Strasse zu gehen!
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Christian Müller war 25 Jahre lang Journalist und 20 Jahre lang Medien-Manager im In- und Ausland, zuletzt CEO der Vogt-Schild Medien Gruppe in Solothurn. Auf der Lohnliste der SRG war er nie, weder als Journalist noch als Manager.
Danke für diesen Beitrag zugunsten der Pressefreiheit!
Grundsätzlich kann aber Pressefreiheit in Privatbesitz nicht funktionieren. Es ist ein Widerspruch in sich selbst. Privatbesitz bedeutet private Interessen, und die sind nur zufälligerweise auch öffentliche Interessen. Der unsägliche Dauerwerbesender SRF kann nicht wirklich unabhängig sein, wenn er von privaten Inserenten Geld bekommt. Und wie sollen Journalisten unabhängig schreiben können, wenn sie jederzeit entlassen werden können? Alle Medien sollten öffentlich-rechtlich und demokratisch kontrolliert sein. D.h. aber auch, dass sie nicht privat finanziert werden können, ohne ihre Unschuld zu verlieren. Also, weg vom Privateigentum an öffentlichem Gut! Das da ist: Luft, Wasser, Boden, Bodenschätze, Verkehr, Medien, soziale Sicherheit, Gesundheit, Altersvorsorge etc. etc. pp.
Es gibt nichts schlimmeres für die Gesellschaft als das heute herrschende extremkapitalistische System das auf möglichst wenig Aufwand für möglichst viel Ertrag basiert. Deshalb sinkt auch die journalistische Qualität und Integrität so derart. Da ist ein unabhängiger Gegenpol extrem sichtig. Ich finde es aber andererseits unerhört dass jeder Haushalt über 400 Fr. entrichten muss. Mit weniger Luxus-Ansprüchen, mehr Improvisation, Freiheit und Kreativität (a la LoRa usw.) könnten wir eine viel spannendere und bessere SRG haben und 200.– bis 300.– pro Haushalt würden völlig genügen und dabei niemanden überfordern.
Mein lieber Christian Müller, nun irren Sie schon wieder! Als NZZ-Aktonär wird eingetragen, wer eine «bürgerliche Gesinnung» mitbringt, er muss nicht FDP-Mitglied sein, er darf aber nicht einer anderen bürgerlichen Partei angehören, so sind CVP und natürlich, für Sie sehr wichtig, SVP-Mitglieder als Aktionäre ausgeschlossen. Bitte das nächste Mal besser recherchieren, oder Düggeln fragen.
Düggelin forder eine Zwangsmitgliedschaft (CHF 50) bei Infosperber, ob links- oder rechtslastig, dafür fordert er «No Billag». Damit wäre doch die Medienfreiheit Genüge getan, oder?
@Sorry, lieber Herr Düggelin, das ist reine Spitzfindigkeit. Schauen Sie sich die Vinkulierungsbestimmungen an: Der VR darf jeden ablehnen, den er nicht im "Club" haben will, und die Aktionäre müssen eine freisinnig-demokratische Gesinnung haben. Alles klar? (Habe die Vinkulierungsbestimmungen unter dem Artikel jetzt verlinkt. Einfach dort anklicken!) mfG, Christian Müller
@Christian Müller: Sie schreiben „SRF bietet hervorragende Information“. Da haben Sie recht. Ihre Beispiele sind zum Teil gut gewählt. Aber dafür muss ich doch nicht 451,10 Franken zahlen pro Haushalt und Jahr. 200 Franken wären mehr als genug. Und „hervorragende Information“ erhalte ich auch bei der NZZ. Allerdings kostet sie dort 684 Franken. Wenn ich die Zeitung mit meinem Nachbarn teile, bin ich schon 25 Prozent günstiger als bei der SRG. Und das Schöne bei der NZZ ist, dass ich sie nicht abonnieren muss. Wenn ich sie nicht abonniere, kostet sie gar nichts. Und hervorragende Information erhalte ich trotzdem gratis im Online. Zudem: Mit dem Blocher- und SVP-Bashing holen Sie wirklich keine müde Katze hinter dem Ofen hervor. Gehen Sie für SRF auf die Strasse und werben Sie für eine Zwangsabgabe von 100 Franken pro Haushalt. Da kämen nicht nur müde Katzen hinter dem Ofen hervor.
No-Billag Initiative: NEIN, aber Programmrevision nötig!
Nach dem vernünftigen Gebührenentscheid im revidierten Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) muss als zweiter Schritt die Überprüfung der SRG-Programme folgen. Es stellen sich insbesondere folgende Fragen:
1. Warum gehören das permanente Ausstrahlen von Kriminal-, Gewalt- oder Horrorfilmen und die Raser-Animation Formel-1 zum Service public?
2. Warum kann man die Ausstrahlung von Klamauk-Formaten (zum Beispiel Reality-TV) und von seichten, synchronisierten US-Unterhaltungsfilmen nicht einfach den privaten Fernsehkanälen überlassen werden?
3. Wo liegt die Schmerzgrenze bei Sendungen für kleinste Minderheiten? Sollte man solche Minderheiteninteressen nicht besser durch Printmedien abdecken lassen?
4. Warum brauchen wir mehrere Vollprogramme von 6 bis 24 Uhr? Könnte man nicht mehr Wiederholungen ausstrahlen?
Mit Sparmassnahmen an der richtigen Stelle könnten Gebühren gesenkt, die Werbefenster verkleinert oder mehr und bessere eigenständige Sendungen produziert werden.
Übrigens: Die Politik hätte sich schon lange um den konkreten Programmauftrag kümmern können, tat sie aber nicht.
Schliesse mich dem Kommentar von Paul Jud an.
Ich beziehe mich beim Folgenden in erster Linie auf geopolitische Ereignisse:
Ich gebe Herrn Müller Recht, dass die SRG nicht demontiert werden darf, dennoch: Gemäss einer Schweizer Studie bekommen alle von Ihnen genannten privaten Medien, genau wie die SRG selbst, ihre Informationen von nur 3 Medienagenturen, Reuters, dpa und AP.
Sie sprechen die Auslandredaktion der SRG an. Das sind sicher hervorragende Leute. Nur: Wo ist der Nutzen eines Auslandkorrespondenten, der nur vorgefertigte (erwünschte) Informationen nachplappern muss, ohne dabei seine Erkenntnisse, die er vor Ort machen könnte, erzählen zu dürfen, sollten diese nicht dem vorgegeben NATO-Narrativ entsprechen?
"In allen untersuchten Beiträgen des SRF wurden Propaganda- und Manipulationstechniken auf redaktioneller, sprachlicher und audiovisueller Ebene festgestellt. Beispiele sind die Zuteilung von Redezeit an nur eine Konfliktpartei, die intransparente Kennzeichnung von Drittquellen, die Auslassung von Kontext, tendenziöse Formulierungen, unbelegte Behauptungen und Suggestionen, manipulative Bearbeitungen von Filmmaterial sowie Falschübersetzungen."
Studie:
https://swprs.org/srf-propaganda-analyse/
PS: Diese Studie macht auf mich einen sehr seriösen Eindruck.
@Tom Streit: Wir kennen natürlich die Studien von Swiss Propaganda Research. Oft sind sie sehr interessant. Solange diese Quelle aber absolut anonym ist und auf ihrer Website kein einziger Name einer existierenden Person genannt wird, wird Infosperber auf diese Website nicht verlinken. Auch eine direkte Nachfrage bei dieser Research-Website hatte keinen Erfolg. Wo niemand mit seinem vollen Namen die Verantwortung übernimmt, ist aus unserer Sicht die nötige Transparenz nicht gegeben. Schade! (Bei Infosperber werden alle Verantwortlichen namentlich genannt, das erfordert unsere eigene Vorstellung von Transparenz im Medienbereich.) – Christian Müller, Mitglied der Redaktionsleitung Infosperber
Fr. 451.10 bezahlen für etwas was man möglicherweise selten oder gar nie benutzt sind einfach zu viel. Eine so hohe Anzahl staatlicher Radio- und Fernsehsender braucht es nicht, früher gab es pro Sprache je 1 Fernsehsender und es ging auch. Auch Sponsoren & Werbung sollten die Frage aufwerfen, ob diese Anstalten wirklich noch neutral und so unabhängig berichten, wie es dargestellt wird.
@Edgar Huber: absolut einverstanden. Das Parlament ist gut beraten, einen Kompromissvorschlag mit CHF 200 oder CHF 250 zu erarbeiten, dies ist für die «Service Public» Funktion absolut ausreichend, alles andere ist Zugabe, die nicht zu befriedigen vermag. Lehnt das Parlament sowohl «No Billag» als auch eine Kompromissvariante ab, so ist das Debakel voraussehbar. Der Souverän lässt sich diese Abzockerei nicht mehr länger bieten.
Es braucht den «Service Public». Dafür bezahle ich gerne Gebühren. Aber ich will nicht zweimal für die gleiche Leistung bezahlen. Ich will nicht noch zusätzlich mit meiner Lebenszeit für die Werbung bezahlen. Also entweder Gebühren oder Werbung, aber nicht beides!
Nun macht sich also auch Economiesuisse an die Demontage der SRG. Die Expertise für eine solche Übung ist dort allerdings vorhanden: Präsident Heinz Karrer hat nämlich auf früheren hochbezahlten Chefsesseln schon das Reiseunternehmen Kuoni und die Axpo an die Wand gefahren. Darum verstehe ich nicht, dass infosperber Ex-Handballer Karrer mit seinem völlig unkritisch-oberflächlichen Wikipedia-Eintrag verlinkt und nicht zum Beispiel mit dem Artikel von Rudolf Strahm im Tages Anzeiger vom 27.12.16.
Die SRG wird den Mut brauchen, sich selber zu reformieren, oder sie riskiert, den nötigen Rückhalt in der Bevölkerung zu verlieren. Es braucht sicher keine Sendungen wie ‹top gear› und ähnliches auf SRF, sondern Qualitätsjournalismus.
Leider ist die Verbandelung mit der Wirtschaft schon so ausgeprägt (cf. Infosperber-Artikel zu ‹SRF Börse›) oder tendenziös (‹Arena›, Stichwort Ganser, Lobbyisten als angebliche Experten, NATO-Propaganda, etc. ), dass es fraglich ist, ob das Schweizer Fernsehen zu Reformen überhaupt bereit ist oder schlicht im «grossen Business» mitmischen möchte. Daran könnte das SRF schlussendlich scheitern.
@Thierry Blanc: Nomen est omen, sie haben mit ihrem Kommentar ins Schwarze, resp. aufgrund Ihres Namens ins Weisse getroffen. Ich schliesse mich Ihrer Meinung voll und ganz an!
Ich gehe sofort auf die Strasse, um gegen die Vernichtung von Volkserrungenschaften wie SRF zu protestieren. Ich denke, dass man als Bürger und Konsument auch alle Geschäfte und Betriebe boykottieren sollte, die dem Schweizerischen Gewerbeverband und Economiesuisse angehören.
@Heinz Ernst Daester, ich war soeben auf der Strasse, habe Sie aber nicht gesehen….??