Quecksilber-Affäre: 4 Jahre Brutzeit der VS-Medien
Der «Walliser Bote» (WB) und der «Nouvelliste» präsentierten am 24. Februar 2018 ihre «Enthüllungen» und «Recherchen» zum Quecksilber-Skandal der Lonza, unter anderem einen Artikel mit folgendem Inhalt: Der Kanton Wallis hat bereits seit 1975 von der Quecksilber-Belastung des Lonza-Kanals gewusst und trotz dieser Kenntnis ist der vergiftete Lonza-Kanal nicht im kantonalen Altlasten-Kataster aus dem Jahr 2007 aufgeführt.
«Infosperber» (März 2014): Lückenhafter Altlasten-Kataster
Mit Verlaub: Bereits am 7. März 2014 – also vor vier Jahren – schrieb «Infosperber» unter dem Titel «Quecksilber-Skandal: Wie lange schläft die Justiz?»:
Im September 2014 doppelte «Infosperber» (Quecksilber-Skandal: Uni-Professor redet Klartext) mit Verweis auf einen Report der «Roten Anneliese» (RA) nach: Den fehlenden Eintrag in den Altlasten-Kataster kommentierte Walter Wildi, Geologie-Professor an der Universität Genf, gegenüber der RA mit klaren Worten:
«Rote Anneliese» (September 2014): Kanton wusste Bescheid
Im Zentrum des damaligen RA-Reports stand auch die historische Darstellung der Verantwortung des Kantons Wallis in Bezug auf die Quecksilber-Vergiftung des Lonza-Kanals. Minutiös zeigte der RA-Report auf, wie Jean-Pierre Vernet, ehemaliger Professor der wissenschaftlichen Fakultät Genf, Anfang der 1970er Jahre den Ursachen der Quecksilberbelastung des Genfersee nachging und beim Lonza-Kanal landete.
Im September 1974 lagen die Untersuchungsergebnisse von Professor Vernet vor, wie er im Gespräch mit der RA ausführte: Die Lonza in Visp gehörte – neben der damaligen Ciba-Geigy – zu den Hauptverursachern der Quecksilberverschmutzung.
Vernet präsentierte seine Untersuchungsergebnisse vor den Vertretern der Lonza, des damaligen Bundesamts für Umweltschutz (BUS; später Buwal und heute Bafu), des Kantons Wallis und der internationalen Kommission zum Schutz des Genfersees (CIPEL), die den Untersuchungsbericht 1975 veröffentlichte.
Der Kanton Wallis gehörte der CIPEL seit 1962 an und war laut RA-Report «über die Untersuchungsresultate bestens informiert, blieb aber untätig». Die hauptverantwortlichen CVP-Staatsräte über mehrere Dekaden waren Franz Steiner, Bernard Bornet und Jean-Jacques Rey-Bellet.
Auch Berichte im «Landboten», in der «Südostschweiz» und dem «St. Galler Tagblatt» vom 17. März 2014 verwiesen auf Vernets Untersuchungen in den Siebzigerjahren.
Einen Hinweis auf diese Artikel mit vierjähriger Brutzeit sucht man in den Berichten der beiden Walliser Zeitungen vergeblich. Dabei hätte ein Blick in die Schweizer Mediendatenbank (SMD) genügt, um die entsprechenden Artikel aufzufinden.
2015: PUK Quecksilber wurde abserviert
Die Recherchen der RA und von «Infosperber» stiessen vor vier Jahren bei den Walliser Medien, der Walliser Justiz und den meisten Parteien auf taube Ohren. Einzig die Linksallianz und die SVP verlangten Ende 2014 eine «PUK Quecksilber». In ihrer Resolution hielt die Linksallianz fest, was «Infosperber» und die RA zuvor veröffentlicht hatten:
Mitte März 2015 lehnte der Walliser Grosse Rat die Vorstösse der Linksallianz und der SVP für eine PUK mit 88 Nein zu 35 Ja klar ab.
2018: PUK kommt erneut aufs Tapet
Jetzt geben sich alle Parteien mehr oder weniger empört. Deshalb darf man auf die März-Session gespannt sein, denn bereits hat der Oberwalliser SP-Grossrat Gilbert Truffer in einem WB-Leserbrief einen weiteren PUK-Vorstoss angekündigt.
Siehe auch: So werden die Walliser Wasserzins-Helden gefeiert
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Kurt Marti ist der Autor des Buches «Tal des Schweigens: Walliser Geschichten über Parteifilz, Kirche, Medien und Justiz»