Legionellen – die Gefahr im Duschkopf
Der Zürcher Kantonschemiker Martin Brunner hat schon mal eine Warnung abgesetzt: Da durch die Corona-Krise viele Schulen, Sportanlagen, Restaurants und Hotels länger geschlossen sind, können sich Legionellen einnisten. Leitungen sollten deshalb alle drei Tage für mindestens 30 Sekunden durchgespült werden, sowohl mit heissem als auch mit kaltem Wasser, sagte er gegenüber dem «Landboten»..
Weit verbreitet – nicht grundsätzlich gefährlich
Legionellen sind Umweltbakterien, die weit verbreitet sind und in geringer Konzentration auch im Grundwasser vorkommen. Eigentlich sind sie überhaupt nicht gefährlich: Mit Legionellen belastetes Trinkwasser kann ohne Gesundheitsrisiko getrunken werden. Treffen Legionellen aber auf geeignete Lebensbedingungen, können sie sich zu hohen Konzentrationen vermehren. Gefährlich sind sie aber erst als Aerosole, also zerstäubtes oder vernebeltes Wasser, so wie es beispielsweise beim Duschen entsteht. Erst dann können sie eingeatmet werden und zu Infektionen führen. Die Krankheit äussert sich vor allem als Lungenentzündung unterschiedlichen Schweregrades.
Die Krankheit hat ihren Namen, weil sie in den 1970er Jahren erstmals nach einem Treffen von US-Kriegsveteranen der American Legion untersucht wurde: 181 vor allem ältere Personen erkrankten schwer an einer unbekannten Art der Lungenentzündung. Die Untersuchung des Vorfalls ergab, dass das vernachlässigte Kühlwassersystem des Hotels der Grund war. Die Bakterien erhielten daraufhin den Namen Legionella pneumophila.
Sie haben es gerne lauwarm
Die Vermehrung der Bakterien erfolgt in stehendem Wasser und bei Wassertemperaturen von 25 bis 50 Grad Celsius. Die beste Präventivmassnahme, um bei sanitären Installationen eine Legionella-Vermehrung zu verhindern, besteht darin, eine Heisswassertemperatur von 60 Grad Celsius am Boilerausgang beziehungsweise 55 Grad Celsius im Leitungssystem sicher zu stellen. Weiter sollte die Kaltwassertemperatur unter 25 Grad bleiben. Für öffentliche und halböffentliche Gebäude wie Altersheime, Spitäler, Pflegeeinrichtungen, Schulen, Schwimmbäder oder Hotels besteht eine rechtliche Pflicht, einwandfreie Wasserqualität zu gewährleisten. Aber auch Betreiber von Kühltürmen in grossen Gebäuden, Klimaanlagen und Befeuchtungsanlagen müssen das Legionellenrisiko für ihre Anlage einschätzen können.
Die Legionärskrankheit ist selten, trotzdem ist sie in der Schweiz meldepflichtig. Oft tritt sie sporadisch, also als isolierte Fälle auf, oft aber auch als Häufung, wenn öffentliche Anlagen betroffen sind. Im Allgemeinen steigt die Zahl der Erkrankungen in und nach der warmen Jahreszeit. In der Schweiz werden dem Bundesamt für Gesundheit jährlich rund 400 Fälle gemeldet.
Zunahme der Krankheitsfälle – Ursache unklar
In den letzten Jahren haben die Zahlen der Erkrankten zugenommen und es ist nicht klar, warum das so ist. Deshalb hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) das Projekt «Legionellen-Bekämpfung in Gebäuden» (LeCo) in Auftrag gegeben.
«In der Literatur werden verschiedene Gründe für die Zunahme diskutiert», erklärt die Mikrobiologin Franziska Rölli von der Hochschule Luzern, die ein Mitglied des Expertenteams ist. Ursache könnten unter anderem der Bau von komplexeren und grösseren Anlagen sein, ein verändertes Nutzerverhalten von Wasserentnahmestellen, Wasser- und Energiesparmassnahmen, ein vermehrtes Testen und veränderte klimatische Bedingungen. «Für die aufgeführten Gründe gibt es Hinweise aus Studien, eine Reduktion auf einen Faktor ist aber zurzeit nicht möglich und es ist naheliegend, dass eine Kombination mehrerer Faktoren zu diesem Trend beiträgt», so Rölli.
Die Expertengruppe hat vier Jahre Zeit, den Gründen nachzugehen. Neben den Forschungsaspekten stehen aber auch die Sensibilisierung und der verstärkte Austausch zwischen verschiedenen betroffenen Akteuren im Fokus. Des Weiteren soll die nationale und internationale Zusammenarbeit in diesem Themenfeld gestärkt werden.
Tipp für Ferienwohnungs- und Ferienhausbesitzer
Wer seine Ferienwohnung des Corona-Lockdowns wegen längere Zeit nicht mehr nutzen konnte: Vor dem Gebrauch des Wassers den Boiler auf über 60 Grad aufheizen und alle Wasserhahnen gut durchspülen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
Hallo,
Wir haben seit einiger Zeit eine Wärmepumpe für den Boiler. Früher mit der voll elektrischen Boilerheizung haben wir den Boiler jeweils auf ca. 70°C aufgeheizt. Nachdem der Boiler defekt ging, haben wir ihn mit einem grösseren Boiler ersetzt und heizen das Wasser nun nur noch auf 50°C mit der Wärmepumpe.
Wir hatten bislang keine Probleme mit der Legionärskrankheit. Aber ich denke es sind viele Haushalte, die auf diese Art umgestellt haben in den letzten 10 Jahren! Könnte wohl ein Grund sein für das häufigere Auftreten dieser Krankheit ?
@Arnold: Ja, davon bin ich überzeugt. In der Regel ist es aber so – und sollte auch so sein- das der Boiler einmal wöchentlich mit dem eingebauten Elektroregister elektrisch auf 60°C aufgeheizt wird. Schauen Sie nach, wenn es nicht so ist, schalten Sie diese sogenannte Legionelleschaltung ein. In der abgegebenen Betriebsanleitung oder beim Fabrikaten im Internet sollten Sie Angaben dazu finden
Wir hatten noch keine Probleme.
Aber wir haben schon bald 20 Jahre einen grossen Boiler, dessen volle Kapazität wir aber nur dann, wenn wir Besuch haben, ausnützen. Er kann auf «1/3» geschaltet werden – unsere ökologischere Normalstellung.
Solche Boiler haben wohl eine Zone, wo es Legionellen wohl wäre….
Seit ca. 5 Jahren bin ich gewarnt davor, weshalb ich ihn alle 3 Monate einige Tage auf voll heize.
ALLE Infos im Artikel und in den Leserkommentaren deuten darauf hin, dass nicht die Boiler Duschen die Hauptursache für die Ausbreitung der Legionellen sind, sondern die KLIMAANLAGEN. Diese sind Bakterienschleudern par excellence, weil, die Röhren in Gebäuden mit zentraler Klimaanlage oft gar nicht gereinigt werden können. Hier wirken Aerosole, weil die Luft befeuchtet wird.
Zwei Belege für diese Theorie: Das Bellevue-Stratford-Hotel in Philadelphia, in dem 1976 das Treffen der Kriegsveteranen stattfand, ist vollklimatisiert, frische Luft wurde ausschliesslich via Klimaanlage eingebracht.
Die Legionärskrankheit würde vor allem in und nach der warmen Jahreszeit ansteigen, heisst es im Artikel. Das ist genau die Periode, in der auch die Klimaanlagen vermehrt und verstärkt in Betrieb sind.
Die Empfehlungen von hohen Boilertemperaturen und das Durchspülen von Leitungen mit heissem Wasser in privaten Haushalten sind ein vermutlich unnötiger Energieverlust.
Ich warte auf eine Untersuchung, die angibt, wie viele der in der Schweiz Erkrankten privat oder am Arbeitsplatz Klimaanlagen ausgesetzt sind. Auch Hallenbäder mit temperiertem Wasser haben klimatisierte Luft.