Das Al-Ahli-Spital in Gaza-Stadt nach dem Raketenangriff am Palmsonntag

Das Al-Ahli-Spital in Gaza-Stadt nach dem Raketenangriff am Palmsonntag © Al-Jazeera

Palmsonntag: Empörung über Russland, weniger über Israel

Urs P. Gasche /  Über die beiden schändlichen Raketenangriffe haben Medien unterschiedlich berichtet. Wahrscheinliche Kriegsverbrechen waren beide.

Am Morgen des Palmsonntag, 13. April, haben israelische Streitkräfte das Al-Ahli-Spital in Gaza-Stadt mit Raketen angegriffen. Das Spital wurde von der anglikanischen Episkopalkirche von Jerusalem und dem Nahen Osten geführt. Es war das letzte noch funktionierende Spital im Norden des Gazastreifens. Der anglikanische Bischof von Jerusalem, Hosam Naoum, verurteilte den Angriff aufs Schärfste.

Israel behauptete, im Spital habe sich eine Kommandozentrale der Hamas befunden. Beweise oder auch nur Indizien dafür lieferte Israel nicht. 

Der katarische Sender «Al-Jazeera» berichtete vor Ort und befragte Zeugen. Der Bericht ist erschütternd. Unzählige Kranke und Verletzte, darunter viele Frauen und Kinder, bekommen in Gaza schon länger keine medizinische Hilfe mehr, oft mit tödlichen Folgen.


Mögliche Kriegsverbrechen

Selbst falls in dem von der Kirche geführten Al-Ahli-Spital irgendwo Hamas-Leute agiert haben sollten, stellt sich die Frage nach der Verhältnismässigkeit. Spitäler gehören neben Schulen und anderen zivilen Gebäuden im Kriegsrecht zu den am meisten geschützten Orten. Es muss von einem dieser Orte schon eine massive und unmittelbare Bedrohung ausgehen, um sie anzugreifen zu dürfen.

Das Gleiche gilt beim Raketenangriff Russlands auf eine zivile Menschenmenge ebenfalls am Palmsonntag in der ostukrainischen Stadt Sumy. Russland machte geltend, der Angriff hätte ukrainischen Militärs gegolten. Tatsächlich fand an diesem Sonntag in Sumy eine Versammlung von Militärs statt, an der unter anderem Medaillen verliehen wurden. Einige der Raketen könnten das Ziel leicht verfehlt haben.

Im Fall dieses russischen Angriffs zitierte Fernsehen SRF Andreas Müller, Professor für Völkerrecht an der Universität Basel: Um zu beurteilen, ob es sich um ein Kriegsverbrechen handelte, müsse man die Verhältnismässigkeit abklären: Wiegt der zu erwartende militärische Vorteil die zu erwartenden Opfer in der Zivilbevölkerung auf?

Wohl kaum – weder in Sumy noch in Gaza City.

Die Raketenangriffe sowohl Russlands wie auch Israels haben das humanitäre Kriegsrecht höchstwahrscheinlich schwer verletzt.

Entsprechend informierten grosse Medien über die Folgen des russischen Raketenschlags. Beispielsweise SRF mit vielen erschütternden Bildern:

«Russischer Angriff auf Sumy: Ist so etwas ein Kriegsverbrechen? An Perfidie ist es nicht zu überbieten: Westliche Länder verurteilen Russlands Angriff auf Sumy als Kriegsverbrechen.
Am Palmsonntag ist die Stadt belebt, Menschen strömen in die Kirchen. Ein Mädchen mit blutverschmiertem Gesicht weint in den Armen einer Frau, ein älterer Mann sitzt auf einer Bank und schreit seine ohnmächtige Wut heraus…»

Zum israelischen Raketenangriff auf das Spital in Gaza-Stadt hat fast nur «Al-Jazeera» über die Folgen vor Ort berichtet. Westliche Medien haben die Bilder und Zeugenaussagen nicht verbreitet.

Der aktuelle Bericht von «Al-Jazeera»:


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6 Meinungen

  • am 15.04.2025 um 12:55 Uhr
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    Frieden gibt es nur, wenn man beide Seiten versteht! Meine Einstellung: Null ist keine Lösung! / Beide haben Recht und Unrecht! / Gut gibt es Infosperber, der immer wieder darauf hinweist!

  • am 15.04.2025 um 18:33 Uhr
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    Danke für die Berichterstattung und Danke dass Sie den Mut haben, das für die Öffentlichkeit zu gewichten. Es wird selten gleich bewertet wenn mehrere das gleiche Tun. Die Taten selber sind alle verabscheuungswürdig und auf jeden Fall nicht entschuldbar!
    Das anschliessende oder allgemeine Verhalten der Kriegstreiber.
    Behauptungen oder «Gerüchte» willkürlich einzuwenden um sich keiner Moralischer oder Religionstechnischer Schuld – oder mangelnde Aufmerksamkeit zuweisen zu lassen, entspricht in meinen Augen keiner kultivierten humanen Weltanschauung – sondern sehe ich als Auszug aus dem Lexikon der Kriegstreiber Strategen zur ethnischen Säuberung.
    Wer frei von Schuld, werfe den ersten Stein, dieser sollte aber niemals Unschuldige Treffen….

  • am 15.04.2025 um 20:52 Uhr
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    Die westlichen Staaten und Medien sind zum grossen Teil Komplizen und Unterstützer des israelischen Völkermords. Warum sollten die Täter über die Folgen ihres Handelns berichten und sich damit selbst anklagen?

  • am 15.04.2025 um 22:40 Uhr
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    In den meisten Medien wird mit zweierlei Mass gemessen: Russland ist das Böse schlechthin, was immer es tut oder lässt. Und Israel ist das Gute, was auch immer es gegen die einheimische palästinensische Bevölkerung tut. Mir war das Missverhältnis in der Berichterstattung auch aufgefallen.

  • am 16.04.2025 um 12:37 Uhr
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    Krieg ist grausam. Offensichtlich gehört Krieg zur menschlichen DNA, denn er wird nicht ausgerottet, sondern über die Jahrhunderte immer wieder neu entfacht. Er ist eine sich ständig weiterentwickelnde Seuche. Inzwischen ist die Menschheit so geisteskrank, dass sie für die Kriegsführung Regeln festgelegt hat, wie beim «Mensch ärger dich nicht». Zusammengefasst unter Kriegs- und Völkerrecht. Es gibt sogar wohlfeile Schiedsrichter in Den Haag, die die Geschehnisse nachträglich beurteilen (ohne Effekt). Dass «die Raketenangriffe…das humanitäre Kriegsrecht verletzt haben», passt in diese schändliche Ideologie. Das «humanitäre Kriegsrecht» ist eine contradictio in adiecto, also ein Widerspruch in sich. Was ist an einem Krieg «humanitär»? Recht und Unrecht werden im Krieg stets der jeweiligen Propaganda zum Fraß vorgeworfen. Verantwortlich ist immer der Gegner. Im Krieg gelten keine Regeln, da hilft alles Lamentieren nichts.

  • am 16.04.2025 um 15:09 Uhr
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    Wie der Artikel richtig anmerkt, hat Israel keinerlei Belege oder Indizien für eine militärische Präsenz im Spital vorgelegt (in früheren Fällen übrigens auch nicht). Ein klares Kriegsverbrechen also.

    Anders in Sumy. Wie der Artikel ebenfalls richtig anmerkt, hat die ukrainische Seite selbst eingeräumt, dass hochrangige Militärs vor Ort waren und ausgezeichnet wurden. Zudem war es kein Spital, sondern ein Konferenzzentrum. Es bestand also kein besonderer Schutzstatus.

    Mit der militärischen Nutzung solcher Zivileinrichtungen verstösst die Ukraine bereits gegen das Kriegsrecht. Der russische Angriff war hingegen grundsätzlich legitim. Nur falls der russische Angriff fahrlässig ungenau war, trifft Russland eine sekundäre Schuld. Das wurde aber bisher nicht belegt.

    Der Gouverneur von Sumy wurde inzwischen entlassen. Selbst in der Ukraine geben viele ihm die Schuld, weil er eine solche Veranstaltung mitten in der Stadt durchführte und sogar noch Kinder dazu einlud.

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