Mächtige Anwaltskanzlei macht vor Trump einen Bückling
Brad Karp, Verwaltungsratspräsident der mächtigen Wall-Street-Anwaltskanzlei Paul Weiss – früher Paul, Weiss, Rifkind, Wharton & Garrison –, rechtfertigte die Absprache gegenüber den rund 2000 Anwältinnen, Anwälten und Mitarbeitenden der Kanzlei damit, dass grosse Geschäfte gefährdet seien. Die Kanzlei hatte letztes Jahr Einnahmen von 2,63 Milliarden Dollar, wie die «New York Times» berichtet. Kunden sind Firmen wie der Ölkonzern Exxon Mobile oder das Finanzunternehmen Apollo Global Management.
Karp verpflichtete sich, in der Personalpolitik keine Diversitätskriterien mehr anzuwenden und offerierte dem Weissen Haus eine kostenlose anwaltschaftliche Unterstützung im Wert von 40 Millionen Dollar, beispielsweise bei der Arbeit mit Veteranen und beim Kampf gegen Antisemitismus. Laut «New York Times» sei das nur ein kleiner Teil der Gesamtsumme von 200 Millionen Dollar, welche die Kanzlei pro Jahr als Gratis-Arbeit leiste.
Dass es Trump mit seinen Drohungen gegen ihm nicht genehme Anwaltskanzleien ernst meint, zeigte er Mitte März: Mit einer «Executive Order» hatte er allen Mitarbeitenden der Anwaltskanzlei Perkins Coie den Sicherheitscheck entzogen («security clearances»). Damit haben Angestellte der Kanzlei keinen Zugang mehr zu Regierungsgebäuden – etwa um sich Dokumente zu beschaffen – und zu Beamten, darunter Gerichtsbeamte. Als Folge davon können sie Rechte ihrer Klienten nicht mehr genügend wahrnehmen. Auch gibt es für diese Anwaltskanzleien keine Aufträge des Staates mehr (siehe Infosperber vom 25. März).
Der Gang nach Canossa
Um eine solche «Executive Order» von seiner eigenen Kanzlei abzuwenden, begab sich Brad Karp am 19. März um 8.30 Uhr auf den Gang nach Canossa ins Weisse Haus. Über den Deal informierten das Weisse Haus und Brad S. Karp unterschiedlich.
Karp hat laut der «New York Times» eine E-Mail an die gesamte Kanzlei geschickt, in der er die Entscheidung begründete. Er schrieb, dass er eigentlich nur die Grundsatzerklärung der Kanzlei «bekräftigt» habe, die 1963 von einem der ursprünglichen Partner von Paul Weiss, dem Richter Simon H. Rifkind, verfasst worden war.
Die Kopie der Vereinbarung, die Karp in der Kanzlei verteilte, unterschied sich aber in zwei wichtigen Punkten davon, wie Trump den Deal in einem Beitrag auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social darstellte.
Trump schrieb, die Anwaltskanzlei habe sich ausdrücklich bereit erklärt, bei ihren Anstellungen keine Richtlinien für Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion zu befolgen.
In der Vereinbarung, die Karp verteilte, gibt es laut «New York Times» keinen Hinweis auf diese Richtlinien.
Trump schrieb auch, dass Karp während ihres Treffens «das Fehlverhalten des ehemaligen Paul-Weiss-Partners Mark Pomerantz eingestanden» habe. Pomerantz hatte vor einigen Jahren, als er in der Staatsanwaltschaft von Manhattan arbeitete, versucht, ein Strafverfahren gegen Trump einzuleiten.
Doch in der von Karp in Umlauf gebrachten Kopie der Vereinbarung wurde auch Pomerantz nicht erwähnt. Die «New York Times» berichtet, dass Insider sagten, dass Karp gegenüber dem Präsidenten Pomerantz nicht kritisiert habe.
«Jetzt, da wir das hinter uns haben, können wir uns – wie immer – voll und ganz auf unsere Mandanten, unsere Arbeit, unsere Kollegen und unsere Kanzlei konzentrieren», zitiert die «New York Times» weiter aus Karps Mail.
Nach dem Schwergewicht könnten nun auch andere kapitulieren
Aufgrund von Aussagen anderer Anwälte und Rechtsexperten kommt die «New York Times» zum Schluss: Brad Karp habe andere Kanzleien nun noch anfälliger für Trumps Vergeltungskampagnen gemacht. Es habe sich gezeigt, dass die Einschüchterungstaktik selbst ein Schwergewicht wie Paul Weiss dazu bringe, öffentlich Zugeständnisse zu machen. Weitere Kanzleien stünden nun vor der Wahl, sich Trump zu beugen und ihre Prinzipien und politischen Überzeugungen aufzugeben oder standfest zu bleiben und so finanzielle Katastrophen zu riskieren.
Etliche Kunden der Kanzlei waren über den Deal erleichtert. Einige leitende Anwälte grosser Finanzinstitute waren aber laut der «New York Times» auch bestürzt über den Deal und ziehen nun in Erwägung, der Kanzlei Aufträge zu entziehen.
Viele Juristen hatten gehofft, dass Karp Trump vor Gericht bekämpfen werde. Die Kanzlei Paul Weiss beschäftigt viele prominente Demokraten und ist stolz auf seine lange Geschichte an vorderster Front im Kampf für Bürgerrechte. Die Kanzlei hat lautstark verkündet, dass sie die erste grosse New Yorker Kanzlei war, in der jüdische und nichtjüdische Anwälte Seite an Seite arbeiteten, in der ein schwarzer Mitarbeiter eingestellt wurde und in der eine Partnerin tätig war.
George Conway, ein konservativer Anwalt und regelmässiger Kritiker von Trump, postete in den sozialen Medien: «Diese Kapitulation von Paul Weiss ist die schändlichste Handlung einer grossen Anwaltskanzlei in meinem Leben, so entsetzlich, dass ich es zunächst nicht glauben konnte.»
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
St.Galler Tagblatt Sebastian Moll 20.02.2014, 02.34: «Ein Reporter der «New York Times» ist in einen Zirkel der mächtigsten Bosse der Wall Street eingedrungen. Die Lenker der Hochfinanz machen sich dort über den Rest der Welt lustig.»
Interessante Aussage im Artikel: «Um eine solche «Executive Order» von seiner eigenen Kanzlei abzuwenden, begab sich Brad Karp am 19. März um 8.30 Uhr auf den Gang nach Canossa ins Weisse Haus….» Präsident Trump scheint wohl erkannt zu haben, wie man die grossen mächtigen Anwaltskanzleien, Konzerne, Hochfinanzler, etc., etc. zu folgsamen Schäflein macht, die dem Hirten brav und artig folgen und davor sorgen müssen, dass das gesamte US-Wallstreet-Hochfinanz-System zum willigen und ängstlichen Untertan wird: Dafür zu sorgen, alle Tätigkeiten zu verunmöglichen die gute Geschäfte garantieren und viel Kohle einbringen. Die Frage ist wohl, ob das im Einklang mit dem US-Gesetz Blackmail – 18 U.S.C. § 873 ist.
Gunther Kropp, Basel