Wie sich Deutschland auf einen Krieg vorbereitet
Ein von Militärs, Ministerialbeamten und Geheimdienstlern erstelltes Grünbuch ZMZ 4.0 (Zivil-Militärische Zusammenarbeit) skizziert, wie in Deutschland Zivilpersonen im Krisen- und Kriegsfall in die militärische Logistik eingebunden werden sollen. Zu den Aufgaben der Zivilisten zählt etwa die Versorgung verbündeter und eigener Streitkräfte, die durch Deutschland nach Osten ziehen. Im Gesundheitsbereich wird die zivile Infrastruktur primär zur Behandlung verwundeter Soldaten genutzt. Das Grünbuch rechnet mit bis zu 1000 Verletzten pro Tag. Die vorhandenen Kapazitäten würden im Kriegsfall nicht ausreichen, um auch die Zivilbevölkerung im bisherigen – oft schon unzureichenden – Umfang medizinisch zu versorgen, so die Analyse der Grünbuch-Autoren. Zivilisten würden deshalb nur noch «nachrangig» behandelt.
Das Szenario
Das Grünbuch ZMZ 4.0 geht von einem Szenario aus, in dem die Spannungen zwischen Russland und der NATO im Frühjahr 2030 eskalieren. Mehrere grosse NATO-Staaten, darunter Deutschland, Frankreich und die USA, verlegen mindestens 70`000 Soldaten über deutsches Territorium nach Osten, wo sie russischen Truppen gegenüberstehen. Dabei fungiert Deutschland als «Drehscheibe» für den Transport von Truppen und Material.
«Eine gesamtstaatliche Aufgabe»
Schon bei der Verlegung der Truppen fallen zahlreiche Aufgaben an, die laut ZMZ 4.0 von Zivilpersonen erledigt werden müssen. Unter anderem müsste Deutschland als «Transit- und Gastnation» für durchziehende Truppen Verpflegung, Treibstoffe und «Übernachtungs- und Abstellkapazitäten» bereitstellen. Zu den Aufgaben, zu denen auch Zivilisten eingespannt werden, zählt etwa die Einrichtung sogenannter Convoy Support Center (CSC) – eine Art «Rast- und Sammelplätze für die mit Kraftfahrzeugen marschierenden Truppen», die versorgt werden müssen. Da die regulären Einheiten der Bundeswehr für etwaige Kämpfe im Osten benötigt würden, sei dies «eine gesamtstaatliche Aufgabe», heisst es im ZMZ 4.0. Für den Betrieb der CSC seien ausser «Blaulichtorganisationen» und zivilen Stellen auch «Vertragspartner aus der [privaten] Wirtschaft» heranzuziehen. Dies müsse man schon jetzt «der eigenen Bevölkerung vermitteln».
Medizinische Versorgung: Militär hat Vorrang
Auch im Gesundheitswesen werde man «zwingend auf zivile Versorgungsstrukturen» angewiesen sein, heisst es im ZMZ 4.0. Prinzipiell würden zur Behandlung verletzter Soldaten sämtliche «Akteure des Gesundheitswesens» benötigt – nicht nur Rettungsdienste, Spitäler und Rehabilitationseinrichtungen, sondern auch ambulante Versorgungseinrichtungen, Arztpraxen und Apotheken. Bereits während des Aufmarschs der Truppen in Richtung Osten müsse gemäss Grünbuch-Szenario für «60.000 Soldatinnen und Soldaten … eine (hausärztliche) medizinische Versorgung sichergestellt werden».
Die vorhandenen Kapazitäten im Gesundheitsbereich, die schon jetzt unter Überlastung litten, würden im Kriegsfall nicht ausreichen, um die Zivilbevölkerung im bisherigen Umfang medizinisch zu versorgen, stellen die Autoren des Grünbuchs fest. Das bedeutet auch: Zuerst würden kranke und verletzte Soldaten behandelt, Zivilisten kämen erst an zweiter Stelle.
Die Zivilbevölkerung sei auf die «Reduzierung des Versorgungsniveaus» nicht ausreichend vorbereitet, kritisieren die Grünbuch-Autoren. Sie dringen darauf, organisatorische Vorbereitungen schon jetzt zu treffen und nach Möglichkeit auch Kapazitäten zu schaffen.
Repressionen gegen Protest und Widerstand
Wie es im Grünbuch ZMZ 4.0 heisst, müsse im Krisen- und Kriegsfall zunächst der Transport von NATO-Truppen über die «Drehscheibe Deutschland» in Richtung Osten gesichert werden. Das Grünbuch-Szenario geht davon aus, dass die Kriegsvorbereitungen auf Widerstand im eigenen Land stossen. Die Autoren warnen vor Sabotageakten, aber auch vor Protesten, die etwa eine Blockade von Bahngleisen beinhalten könnten. Ähnliches gelte für Häfen und Flughäfen.
Um Sabotage und «allgemeine Unruhe» zu verhindern, sieht das Grünbuch umfassende Massnahmen der Repression vor. Eskalieren etwa die Spannungen mit Russland, wie es das dem Grünbuch ZMZ 4.0 zugrunde liegende Szenario beschreibt, dann müssten nicht nur Schritte zum Schutz der Verkehrswege und der kritischen Infrastruktur eingeleitet werden, heisst es in dem Dokument. Man müsse auch Vorsorge treffen, dass die mit Sicherheit zu erwartenden Einschränkungen und Belastungen für die Zivilgesellschaft nicht zu «Unruhe» oder gar «politischer Destabilisierung» führten. Dazu seien umfangreiche Aktivitäten der Geheimdienste und deren engere Kooperation mit Polizei und Bundeswehr erforderlich. Der Schutz kritischer Infrastruktur gegen Angriffe «von Extremisten, Terroristen» und «verdeckt operierenden militärischen Spezialeinheiten» erfordere eine «enge Kooperation zwischen Nachrichtendiensten und der Privatwirtschaft».
Militärs verlangen «Mentalitätswechsel»
Zudem gelte es schon jetzt, die «Resilienz» der Bevölkerung zu stärken – ihre Bereitschaft, die Zumutungen von Krisen und Kriegen zu ertragen. Die unumgängliche zivil-militärische Zusammenarbeit (ZMZ) sei schon «in Schulen zu vermitteln». Einen entsprechenden «Mentalitätswechsel» in der Bevölkerung hat bereits vor einem Jahr der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, gefordert. Aus seiner Sicht muss die Bundeswehr «in fünf Jahren kriegstüchtig sein». Dabei gehe es «neben der personellen und materiellen Einsatzbereitschaft» auch um einen «nötigen Mentalitätswechsel, dem wir uns unterziehen müssen». Eine «Gedankenwende» sei erforderlich, und zwar nicht nur in der Bundeswehr, sondern auch «in der Gesellschaft».
Um das erstrebte «Mindset» zu erreichen – die Bereitschaft, einen Krieg aktiv mitzutragen oder doch zumindest passiv hinzunehmen –, gehen seit geraumer Zeit einige Kommandeure der Landeskommandos der Bundeswehr medial in die Offensive, um eine breitere Öffentlichkeit auf die zu erwartenden Einschränkungen und Belastungen vorzubereiten. Dazu trägt aktuell auch die Veröffentlichung des Grünbuchs ZMZ 4.0 bei.
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Online-Plattform german-foreign-policy.com. Diese «Informationen zur Deutschen Aussenpolitik» werden von einer Gruppe unabhängiger Publizisten und Wissenschaftlern zusammengestellt, die das Wiedererstarken deutscher Grossmachtbestrebungen auf wirtschaftlichem, politischem und militärischem Gebiet kontinuierlich beobachten.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
So viel Text und nicht einmal das Wort Atombomben. NATO will also Krieg gegen Russland, und rechnet mit verletzten Soldaten? Und in welchem Szenario würde Russland einfach netterweise auf seine Atombomben verzichten?
Man kann nur hoffen, dass dieses Buch nun Altpapier wird, wenn die USA tatsächlich aus der NATO austreten und solche Kriegsspiele obsolet werden lässt.
Einfach nur als krank und pervers zu bezeichnen, was mittlerweile in diesem Täterland vor sich geht, dass vor gerade 80 Jahren 30-50 Millionen Tote zu verantworten hatte. Das ist nicht mehr mein Deutschland, das ist blanker Nazi-Revisionismus und die stille Wiedergeburt von Hitlers «Generalplan Ost». Seit den Corona-Repressalien, die über Nacht Menschenrechte und Demokratie kassierten, kann ich mir für die Zukunft alle Schrecken vorstellen. Mütter und Väter! Versteckt Eure Söhne! Wir im Osten wurden anders aufgewachsen und erzogen: die UdSSR war niemals unser Feind. Wir lernten über die Schrecken der Nazis und die wenigen Aufrechten, die oft genug mit dem Leben bezahlen mussten. Herr Gorbatschow hat gutgläubig den sowjetischen cordon sanitaire, erkauft mit 25 Millionen Toten, für ein Linsengericht geopfert. Jetzt haben wir genau den Salat, den eine angeblich übertriebene Ost-Propaganda uns immer einhämmerte.
Das Grünbuch rechnet mit bis zu 1000 Verletzten pro Tag. […] Mehrere grosse NATO-Staaten, darunter Deutschland, Frankreich und die USA, verlegen mindestens 70`000 Soldaten über deutsches Territorium nach Osten, wo sie russischen Truppen gegenüberstehen.
Bei 1’000 Verletzten pro Tag wären wir dann also spätestens in zwei Monaten durch mit dem Krieg an der neuen Ostfront.
1. Von wem werden Deutschland und die EU bedroht? Ich sehe keinen Feind, höchstens ein manipulatives Feindbild.
Weshalb soll sich Russland ein inflationäres, rohstoffarmes und politisch gespaltenes Europa antun? Die haben genug eigene Probleme.
2. Warum versuchen verantwortungslose «Experten», Militärs und Politiker, 800 Milliarden € zu verbrennen, statt für Frieden und Abrüstung zu sorgen? Damit sind sie wohl emotional und intellektuell überfordert.
3. Warum kommen die «Qualitätsmedien» ihrer Aufgabe als «Vierte Gewalt» nicht nach und vertreten ausschließlich die Interessen der regierenden Kriegstreiber («Wiederaufrüstung») , nicht die des Volkes? In wessen Auftrag handeln die Politiker?
4. Weshalb wird der militärisch-industrielle Komplex schon so konkret («Grünbuch»), zu Lasten des Sozialstaates?
5. Warum steht «das Volk» nicht auf für Frieden und Verhandlungen? Ist es mittlerweile so ungebildet und manipulationsanfällig?
Fragen über Fragen, keine Antworten, keine Logik
Das sollte uns Schweizer nicht kaltlassen. Die Vorbereitung 3WK (manche sagen, er laufe längst) insbesondere in Deutschland finde ich suizidal. Wenn nicht jetzt (verspätet) dagegen einen Volksaufstand (das bundesdeutsche Wahlergebnis scheint leider dagegen zu sprechen), wann dann? Hat die «heutige Generation» erneut «alles vergessen» (so war es doch stets in der Menschheitsgeschichte)? Frühere Politiker wussten noch: «Friede geht nur mit Russland», und dass CIA-Friedman erklärte, Ziel der USA sei seit über 150 Jahren das Gegenteil, ist bekannt. Die gesamte US-Historie schreit einem die Wahrheit doch ins Gesicht, finde ich.
Es ist meine Überzeugung, dass «der Westen» es jetzt zum Dritten (Napoleon nicht mitgerechnet) und letzten Mal versucht. Die noch nie dagewesenen Entwicklungen seitens USA sind für mich nur eine zusätzliche (redundante) Bestätigung.
Ein Hauptergebnis des berühmten Experiments (1972): «Universum ’25» (Timing passt) war:
«Vor den Individuen selbst stirbt deren Geist.»
>» … gehen von einem Szenario aus, in dem die Spannungen zwischen Russland und der NATO im Frühjahr 2030 eskalieren.»
Ja kuuhl, endlich wird das Ziel des DeepStates unserer Freunde USA in Europa ernst genommen.
Eines ist sicher, durch Deutschland werden sich im Falle eines Kriegs mit Russland, der auch noch die NATO oder die EU als Verursacher hätte, keine Natotruppen bewegen. Die Russen würden nicht abwarten, bis diese feindlichen Truppen an ihrer Grenze ankommen. Deutschland als zentrales Durchmarschgebiet für die Natotruppen würde als erstes zerstört werden von russischen Raketen, sehr viele braucht es nicht. Das ist logisch. Russland will keinen Krieg mit der NATO, das ist auch logisch, denn ein Krieg mit Russland würde ein Atomkrieg werden. Nur der Westen ( zur Zeit die EU! ) ist ständig auf Provokationen und Eskalation aus. Eine absurde und aggressive EU-Politk hat den jetzigen Krieg verursacht. Eine neutrale natofreie Ukraine ist unabdingbar für Russlands Sicherheit. Der Westen ist kein ehrlicher Verhandlungspartner. Osterweiterung der NATO, Minsker Abkommen, die Bombardierung Libyens oder die seit 2008 angestrebte Eingliederung der Ukraine und Georgiens in die NATO beweisen das.